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RECHT
_BEFRISTUNG
personalmagazin 10 / 14
D
ie Aneinanderreihung vieler
Arbeitsverträge über Jahre
hinweg, insbesondere mit
dem Sachgrund der Vertre-
tung nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 Teilzeit-
und Befristungsgesetz (TzBfG), aber
auch die sachgrundlose Befristung bei
verschiedenen Arbeitgebern hat in der
juristischen Literatur zu häufigen An-
griffen geführt. Sie mündeten in den
Aufruf an den Gesetzgeber, regulierend
einzugreifen. Aus einer kleinen Anfrage
der Linken-Abgeordneten vom 14. April
2014 ist auch ersichtlich, dass die Bun-
desregierung in der laufenden Legisla-
turperiode nicht vorhat, hinsichtlich der
Abschaffung der sachgrundlosen Befris-
tung aktiv zu werden. Somit bleiben für
den Bereich der Kettenbefristungen die
Grundsätze der Rechtsprechung maß-
geblich.
Vertretungsketten sind gerade im
öffentlichen Dienst verbreitet
Die Vielzahl der Fälle der Vertretungs-
befristungen begegnen einem im öf-
fentlichen Dienst, dort insbesondere im
Von
Manfred Becker
Schul- und Justizdienst. Dieser Sach-
grund liegt im Wesentlichen zum einen
vor, wenn der befristet zur Vertretung
eingestellte Mitarbeiter den vorüberge-
hend ausfallenden unmittelbar vertritt
und für diesen die bislang ausgeübte Tä-
tigkeit übernimmt (unmittelbare Vertre-
tung). Der Sachgrund gilt zum anderen,
wenn der befristet Eingestellte andere
Aufgaben für eine andere Stammkraft
erledigt, die dann die Aufgaben des aus-
fallenden Mitarbeiters übernimmt, so-
lange ein ursächlicher Zusammenhang
zwischen Vertretungsbedarf und be-
fristeter Einstellung besteht (mittelbare
Vertretung). Ein ständiger Vertretungs-
bedarf steht dem nicht entgegen, insbe-
sondere hat es das Bundesarbeitsgericht
(BAG) abgelehnt (Urteil vom 25.3.2009,
Az. 7 AZR 34/08), an den Sachgrund der
Vertretung höhere Anforderungen zu
stellen, wenn eine größere Anzahl von
Vertretungsbefristungen vorliegt.
D
ie Ausrichtung des BAG an die
Auffassung des EuGH
Wegen der Problematik des ständigen
Vertretungsbedarfs und dessen Verein-
barkeit mit dem Unionsrecht hat das
BAG (Urteil vom 17.11.2010, Az. 7 AZR
443/09) beim EuGH angefragt, ob dies
mit dem Unionsrecht vereinbar sei,
oder ob der ständige Vertretungsbedarf
durch unbefristete Einstellungen ge-
deckt werden müsse.
Der EuGH (Urteil vom 26.1.2012,
Az. C-586/10 „Kücük“) hat die Frage
dahingehend beantwortet, dass das
Unionsrecht vom Arbeitgeber nicht
verlange, einen ständigen Vertretungs-
bedarf durch eine Personalreserve
aus unbefristet beschäftigten Arbeit-
nehmern auszugleichen. Allerdings sei
notwendig, dass die zuständigen Stel-
len auch bei Vorliegen eines sachlichen
Grunds, alle mit der Verlängerung dieser
Arbeitsverträge verbundenen Umstände
berücksichtigen, da diese Hinweise auf
einen Missbrauch geben könnten. Nach
Auffassung des EuGH dürfe die Verlän-
gerung oder Wiederholung aufeinander-
folgender befristeter Arbeitsverhältnisse
zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs
nicht dazu missbraucht werden, einen
tatsächlich „ständigen und dauernden
Bedarf“ zu decken.
Dem ist das BAG mit zwei grundlegen-
den Entscheidungen vom 18. Juli 2012
Kettentest bleibt Richterrecht
ÜBERBLICK.
Für Kettenbefristungen fehlt eine gesetzliche Lösung. Daher sind aktuell
allein die Maßstäbe der Rechtsprechung zu beachten.