Seite 42 - personalmagazin_2014_10

Basic HTML-Version

42
MANAGEMENT
_EXECUTIVE EDUCATION
personalmagazin 10 / 14
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
I
m Juni verkündete Audi-Beschaf-
fungsvorstand Bernd Martens:
„Als attraktiver Geschäftsbereich
ermöglichen wir unseren Mitarbei-
tern in der Beschaffung eine Premium-
Weiterbildung“, als er einen Vertrag mit
der Technischen Hochschule Ingolstadt
(THI) zum neuen „MBA Beschaffungs-
management“ unterzeichnete. Erstmals
könnten Mitarbeiter der Beschaffung des
Volkswagen-Konzerns berufsbegleitend
ein MBA-Studium absolvieren, das in-
haltlich ideal auf die Herausforderungen
im Berufsalltag zugeschnitten ist. Audi
hat die Hochschule bei der Konzeption
des Studiengangs beratend unterstützt,
übernimmt auch die Studiengebühren
(18.900 Euro) für seine Mitarbeiter und
stellt sie für die 36 Präsenztage frei. Im
Juli starteten neun Mitarbeiter des VW-
Konzerns mit dem MBA-Studium, vier
davon arbeiten bei Audi.
Doch beim Blick auf die Studieninhalte
regen sich Zweifel, ob derMBA überhaupt
ein „echter MBA-Studiengang“ ist – also
eine General-Management-Ausbildung
für Nicht-Ökonomen mit Berufserfah-
rung, die sich für Managementaufgaben
fit machen wollen. Zum Inhalt sollten
daher alle funktionalen Management-
bereiche gehören wie die Fächer Rech-
nungswesen, Finanzierung, Marketing,
Strategie sowie IT- und Personalmanage-
ment. Der Ingolstädter MBA hat zwar Mo-
dule zum internationalen Supply Chain
Management, mathematischen und sta-
tistischen Methoden der Beschaffung
sowie Wirtschaftsethik, Compliance und
Von
Bärbel Schwertfeger
Recht. MBA-Kernthemen wie Marketing,
Finanz- und Investitionsrechnung oder
Personalmanagement findet man jedoch
nicht.
Die Studieninhalte entsprächen
durchaus den Ansätzen eines MBA-Pro-
gramms, argumentiert die Hochschule.
Möglicherweise erweckten die Modul-
überschriften eine zu einseitige Ausrich-
tung auf Beschaffung. Doch auch beim
Blick ins Modul-Handbuch sucht man
Themen wie Rechnungswesen oder HR-
Management vergebens – zumindest
sind sie sehr gut versteckt.
Spezial-MBAs dominieren
Mit ihrem Spezial-MBA ist die THI kei-
ne Ausnahme. In Deutschland domi-
nieren MBA-Programme, die sich auf
Spezialkenntnisse, sei es im IT- oder
Immobilienmanagement oder im Rech-
nungswesen fokussieren und oftmals
nur wenig mit dem klassischen MBA
gemeinsam haben. So gehören etwa
beim „MBA Bildungsmanagement und
Wissenschaftsmanagement“ an der Uni-
versität Oldenburg Bildungsmarketing,
Bildungspolitik und Bildungsrecht zu
den Pflichtmodulen. Besonders kreativ
zeigte sich die Leuphana Universität
Lüneburg. So hieß ihr „MBA Perfor-
mance Management“ im Juni plötzlich
„Master Wirtschaftspsychologie“. Der
Begriff „Performance Management“ sei
vielen nicht geläufig und mit dem Aus-
druck „Wirtschaftspsychologie“ finde
man eine erste Annäherung, argumen-
tierte Sabrina-Ariane Perzl, zuständig
für die Koordination des Studiengangs.
Zudem sei der Begriff gut für die Such-
maschinenoptimierung. Schließlich ist
Wirtschaftspsychologie derzeit ein ge-
fragtes Studienfach. Inzwischen ist zwar
der „Master Wirtschaftspsychologie“
verschwunden, dafür wird der MBA als
„Masterstudium mit wirtschaftspsycho-
logischem Schwerpunkt“ beworben.
Für Professor Jens Wüstemann, Präsi-
dent der Mannheim Business School, gibt
es in Deutschland drei Gruppen vonMBA-
Anbietern: erstens eine kleine Zahl von
MBA-Programmen, die das Potenzial ha-
ben, sich in der europäischen Spitze und
auf weltweitem Top-Niveau zu etablieren;
zweitens eine Gruppe von Programmen,
die zwar auf absehbare Zeit keine Chan-
ce haben, über die Landesgrenzen hinaus
wahrgenommen zuwerden, aber Studien-
gänge mit ordentlicher Qualität anbieten.
Zur dritten und leider größten Gruppe
zählen jedochMBA-Programme, die nicht
den international anerkannten Standards
entsprechen, da es sich eher um auf ei-
ne Branche oder einen Funktionsbereich
spezialisierte Master-Studiengänge und
nicht um eine General-Management-Aus-
Fehlender Durchblick
EINBLICK.
Die meisten deutschen MBA-Programme sind eher spezialisierte Master-­
Studiengänge, die mit dem internationalen MBA-Konzept nur wenig zu tun haben.
Als Grundregel gilt: ­
Bei einem „echten MBA“
müssen mindestens
50 Prozent der Studien-
inhalte Kenntnisse in
General Management
vermitteln.