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TITEL
_VIDEOS
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Byers:
Zunächst ist § 22 KUG zu entneh-
men, dass man Bildnisse nur mit Einwil-
ligung des Betroffenen verbreiten und
zur Schau stellen darf. Sie wäre entbehr-
lich, wenn etwa das Bild der Person nur
ein Beiwerk ist. Beispiele dafür bei Per-
sonalmarketing-Videos wären vielleicht
Bilder von einer großen Menschengrup-
pe, etwa bei einem Kameraschwenk über
das Betriebsgelände. Wichtiger, auch
für den Ausgangsfall, sind zwei andere
Folgen: Die Einwilligung nach dem KUG
kann – im Gegensatz zum Grundsatz des
BDSG – formfrei abgegeben werden, also
gerade nicht schriftlich, sondern münd-
lich oder durch konkludentes Handeln.
personalmagazin:
Und die andere Folge?
Byers:
Die Einwilligung im Arbeitsverhält-
nis nach dem BDSG ist jederzeit wider-
rufbar. Nach KUG sieht das anders aus.
So entfällt die Einwilligung nach KUG
etwa nicht automatisch mit Beendigung
des Arbeitsverhältnisses, wie das LAG
Rheinland-Pfalz in der bereits erwähnten
Entscheidung feststellte. Die Richter ver-
traten die Ansicht, dass der Arbeitgeber
bei Ausscheiden des Arbeitnehmers aus
dem Unternehmen das Video weiter ver-
breiten darf, da der Ex-Mitarbeiter nicht
aktiv seinen Widerruf erklärt hatte.
personalmagazin:
Aber der Widerruf ist
letztlich keine Hürde für den Mitarbeiter?
Byers:
Zumindest ohne Weiteres kann der
betroffene Arbeitnehmer die Einwilli-
gung nach KUG nicht widerrufen. Er be-
nötigt vielmehr dafür nach vorherrschen-
der Meinung einen wichtigen Grund.
In letzter Konsequenz läuft es darauf
„Widerruf nicht ohne Weiteres“
INTERVIEW.
Mitarbeiter als Protagonisten in Personalmarketing-Videos einzusetzen,
ist mittlerweile üblich. Wie Sie arbeitsrechtliche Fragen klären, sagt Philipp Byers.
personalmagazin:
Arbeitgeber setzen ihre
Mitarbeiter gern in Personalmarketing-
Videos ein. Was jedoch, wenn der Kollege
kurz nach der aufwendigen Produktion
kündigt und verlangt, das nun uner-
wünschte Video nicht mehr zu verbreiten?
Hat der Arbeitgeber dann Pech gehabt?
Philipp Byers:
Mit der Auswahl des Prota-
gonisten offensichtlich. Rechtlich hängt
es jedoch von vielen Faktoren ab, ob
es der Arbeitgeber künftig unterlassen
muss, das Video weiterhin zu nutzen –
zunächst etwa davon, ob und inwieweit
der Arbeitnehmer wirksam eingewilligt
hat, bei dem Video mitzuwirken.
personalmagazin:
Ist es nicht offensichtlich,
dass der Mitarbeiter den Dreh billigt,
wenn er sich freiwillig abfilmen lässt?
Byers:
Es stellt sich in dem geschilderten
Fall dennoch die Frage, unter welchen
Voraussetzungen sich der Arbeitnehmer
von seiner Einwilligung wieder lossagen
kann. Und dafür sind die Bedingungen
entscheidend, unter denen der Arbeit-
nehmer zugesagt hat. Wichtig ist auch:
Muss gerade im Arbeitsverhältnis eine
wirksame Einwilligung in schriftlicher
Form erfolgen, wie es beispielsweise das
BDSG, also das Bundesdatenschutzge-
setz, regelmäßig verlangt? Dann läge bei
einer mündlichen Absprache keine wirk-
same Einwilligung vor.
personalmagazin:
Ist denn in diesem Zu-
sammenhang das BDSG anwendbar?
Byers:
Grundsätzlich existiert zu diesem
Fragenkomplex keine gefestigte Recht-
sprechung. In einer der wenigen Ge-
richtsentscheidungen wendet jedoch das
LAG Rheinland-Pfalz das KUG, also das
Kunsturhebergesetz, an. Auch ich mei-
ne: Sobald ein Unternehmen ein Video
veröffentlicht, verbreitet oder öffentlich
zur Schau stellt, was ja etwa durch das
Einstellen auf der Webseite des Unter-
nehmens oder auf Youtube der Fall ist, ist
grundsätzlich das KUG anwendbar. Das
Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG
gilt dann vorrangig zu den Vorschriften
des BDSG, das lediglich eingreift, soweit
keine vorrangige Regelung existiert.
Trotz der besonderen Situation im Ar-
beitsverhältnis ist meiner Meinung nach
davon auch keine Ausnahme zu machen.
personalmagazin:
Was bedeutet die Anwen-
dung des KUG bei der Einwilligung?
DR. PHILIPP BYERS
ist Fachanwalt für
Arbeitsrecht und Partner bei der Lutz Abel
Rechtsanwalts GmbH.