Seite 24 - personalmagazin_2014_01

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Titel
_HR-Wissen
personalmagazin 01 / 14
G
rob geschätzt werden jedes
Jahr alleine an Hochschulen
mehrere Zehntausend For-
schungsergebnisse zu perso-
nalwirtschaftlichen Themen produziert
und verbreitet. Selbst wenn nur ein
Bruchteil davon praxisrelevant ist, han-
delt es sich dabei immer noch um einen
reichen Fundus verwertbarer Erkennt-
nisse. Aber nur die wenigsten davon er-
reichen Personalpraktiker.
Gerade zu übergreifenden personal-
strategischen Trendthemen wie „Ge-
schlechterdiversität“ oder „Generation Y“
kann die Forschung heute einen wesent-
lichen Beitrag zur Versachlichung leisten,
bevor diese Themen zu wenig nachhal-
tigen Managementmoden werden. Un-
ter Schlagworten wie „Evidence-based
(HR-)Management“ oder „Forschungs-
Praxis-Gap“ versuchen aktuell neben
Hochschulvertretern auch Praktiker, die
Kluft zwischen Forschung und Praxis zu
überwinden, um dadurch Forschungs-
ergebnisse für das eigene Unternehmen
Von
Heiko Weckmüller
nutzbar zu machen. Wie aber kann ein
Praktiker gezielt Forschungsergebnisse
einsetzen? Im Folgenden sind fünf um-
setzbare Praxistipps dargestellt, damit die
Auseinandersetzung mit der Forschung
fruchtbar und nicht frustrierend wird.
Hinter die Schlagzeile schauen
Zumindest in Kurzform erreichen uns
Neuigkeiten aus der Hochschulwelt
in HR-Newslettern oder Rubriken wie
„News des Monats“ des Personalma-
gazins. Dort wird über neue Studien
berichtet und das Ergebnis in wenigen
Worten oder Sätzen zusammengefasst.
Dies kann ein Anstoß, sollte aber nicht
der Endpunkt sein. Wenn Sie die Stu-
dieninhalte für Ihre Arbeit verwenden
wollen, sollten Sie die Studien im Ori-
ginal beschaffen und folgende Aspekte
selbst beurteilen: Forschungsfrage, Er-
gebnisse und Methodik.
Immer auch die Methodik bewerten
Jedes Ergebnis ist immer nur so gut wie
die Methode, mit deren Hilfe es ermit-
telt wurde. In der Praxis dominieren
Befragungen. In der Personalforschung
haben sich die Methoden ausdifferen-
ziert. So werden in Feldstudien die
Konsequenzen personalwirtschaftlicher
Maßnahmen unter realen Bedingungen
geprüft. In der experimentellen Wirt-
schaftsforschung werden Handlungen
unter Laborbedingungen getestet. Jede
Methode hat – abhängig vom Untersu-
chungsfeld – Vor- und Nachteile. Wis-
senschaftliche Studien zeichnen sich
allerdings dadurch aus, dass der Ange-
messenheit der Methodik stärkere Be-
achtung geschenkt wird, selbst wenn
dies mit Zusatzaufwand verbunden ist.
Auf Fakten konzentrieren,
­Beurteilungsfehler vermeiden
Personalmanager kennen psychologi-
sche Wahrnehmungs- und Bewertungs-
fehler aus der Personalauswahl und
-bewertung. Durch strukturierte Inter-
views versucht man, deren negative
Auswirkungen zu reduzieren. Ähnliche
Bewertungsfehler treten auch bei der
vorschnellen Beurteilung von Studien-
ergebnissen auf. Die wichtigsten drei,
die Sie vermeiden sollten sind:
„Confirmation Bias“ /Bestätigungsfeh-
ler: Überbewertung von Fakten und
Studien, die dem eigenen (Vor-)Urteil
entsprechen.
Kausalitätsillusion: Bei Ereignissen,
die zusammen auftreten, wird eine Ur-
sache-Wirkungs-Beziehung unterstellt.
Affektheuristik: Die Bewertungska-
tegorien „wahr/falsch“ werden durch
„mag ich/mag ich nicht“ oder „gut/
schlecht“ ersetzt; statt Richtigkeit wird
Zuneigung bewertet.
Von der Wissenschaft profitieren
Praxistipps.
Personalmanager können mit wenig Aufwand wichtige Ergebnisse der
HR-Forschung für ihre Arbeit nutzen. Einige grundlegende Vorüberlegungen helfen.
Praxisbeispiel
Buchtipp
Die aktuelle Personalforschung stellt wertvolle Informationen auch für
praktische Problemstellungen bereit. Aber wie kann der Praktiker diese
anwenden? Das Buch liefert einen Forschungsüberblick zu aktuellen HR-
Themen, der oft gängigen Meinungen widerspricht, und zeigt, wie Praktiker
eigenständig Forschungsergebnisse in ihre Arbeit integrieren können.
Heiko Weckmüller: Exzellenz im Personalmanagement. Neue Ergebnisse
der Personalforschung für Unternehmen nutzbar machen. Haufe-Lexware
2013, 59,00 Euro.