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RECHT
_ALTERSTEILZEIT
T
eilrente ab 60 oder bessere Hin-
zuverdienstmöglichkeiten? In
der aktuellen Diskussion um
einen flexibleren Übergang in
die Rente spielt die Altersteilzeit keine
hervorgehobene Rolle. Dennoch mag die
Debatte ein Beleg dafür sein, dass für Ar-
beitgeber wie Arbeitnehmer Modelle für
einen gleitenden Übergang in die Rente
von Bedeutung sind. Daher besteht in
vielen Branchen weiterhin Interesse an
Vereinbarungen zur Altersteilzeit – auch
wenn für Altersteilzeitarbeitsverhältnis-
se, die seit Januar 2010 abgeschlossen
werden, durch die Bundesagentur für
Arbeit keine Erstattungsleistungen
mehr erfolgen. Vielfach wurden seit de-
ren Wegfall tarifliche Regeln geschaffen,
so etwa in der Metall- und Elektroindust-
rie, welche die geänderte Rechtslage und
das anhaltende Bedürfnis nach Alters-
teilzeitregelungen berücksichtigen.
Kein gesetzlicher Anspruch
Bei der Gestaltung von Altersteilzeitar-
beitsverhältnissen sehen sich Arbeit-
geber regelmäßig mit vielen, teilweise
unübersichtlichen rechtlichen Fragen
und Fehlerquellen konfrontiert. Dies
betrifft sowohl sozialversicherungs- als
auch arbeitsrechtliche Fragestellungen.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen
der Altersteilzeit sind in erster Linie
im Altersteilzeitgesetz geregelt. Dabei
sieht das Gesetz keine Ansprüche von
Arbeitnehmern auf Altersteilzeit vor.
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers,
Altersteilzeit durchzuführen, kann sich
Von
Cathrin Epple
jedoch aus für das Arbeitsverhältnis gel-
tenden tariflichen Regelungen oder Be-
triebsvereinbarungen ergeben. In allen
anderen Fällen kann ein Altersteilzeit-
arbeitsverhältnis nur einvernehmlich
und freiwillig zwischen den Arbeitsver-
tragsparteien zustande kommen.
Unabhängig davon, ob ein Anspruch
besteht, müssen in jedem Altersteil-
zeitarbeitsverhältnis die gesetzlichen
Mindestvorgaben beachtet werden. Dies­
betrifft die Frage, ob überhaupt ein Al-
tersteilzeitarbeitsverhältnis geschlossen
und, wenn ja, wie dieses ausgestaltet
werden kann. Der Hintergrund hierfür
ist die Steuer- und Beitragsfreiheit der
Aufstockungsleistung (um mindestens
20 Prozent des Regelarbeitsentgelts)
und zusätzlichen Rentenversicherungs-
beiträge (mindestens 80 Prozent aus
dem Regelarbeitsentgelt), die der Ar-
beitgeber leistet. Die Steuer- und Be-
tragsfreiheit knüpft der Gesetzgeber an
Bedingungen. Sind diese nicht erfüllt,
liegt für die gesamte geplante Gesamt-
dauer keine wirksame Altersteilzeit vor.
Die Folge: Zu keinem Zeitpunkt greift die
Steuer- und Beitragsfreiheit.
Der Hälftigkeitsgrundsatz
Wesentliches Merkmal und eine der
gesetzlichen Mindestbedingungen der
Altersteilzeit ist die Halbierung der
bisherigen Arbeitszeit. Die Verteilung
der halbierten Arbeitszeit kann auf un-
terschiedliche Weise erfolgen. Am häu-
figsten in der Praxis verbreitet ist die
Aufteilung der Altersteilzeit in eine Ar-
beitsphase und in eine darauffolgende
gleich lang andauernde Freistellungs-
phase, da dieses sogenannte Blockmo-
dell in tatsächlicher Hinsicht das viel-
fach gewünschte frühere Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben ermöglicht.
Auch andere Modelle sind jedoch
möglich: in der Altersteilzeit kann die
halbierte Arbeitszeit auch ungleichmä-
ßig, beispielsweise stufenweise, verteilt
werden. Ebenso ist eine kontinuierliche
Verteilung der halbierten Arbeitszeit auf
die Gesamtdauer der Altersteilzeit mög-
lich. Die letztgenannte Variante ist dabei
das einzige Altersteilzeitmodell, bei der
kein Wertguthaben gebildet wird. Viel-
mehr zahlt der Arbeitgeber das erdiente
Arbeitsentgelt sofort aus, da es nicht für
spätere Zeiten der Freistellung benötigt
wird. Allen Altersteilzeitmodellen ist ge-
meinsam, dass auf die Gesamtdauer der
vereinbarten Altersteilzeit betrachtet die
Arbeitszeit halbiert werden muss.
Die Tipps zum Hälftigkeitsgrundsatz
Mehrarbeit während der Altersteilzeit,
also Arbeitszeit, die über die verein-
barte halbierte Arbeitszeit hinausgeht,
ist sozialversicherungsrechtlich riskant
und kann die Wirksamkeit der Alters-
teilzeit gefährden. Während der Arbeits-
phase ist Mehrarbeit in einem Umfang
unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze
(§ 8 SGB IV, derzeit 450 Euro) in der
Volle Kraft in halber Zeit
GRUNDLAGE.
Die Altersteilzeit ist auch ohne Förderung ein gefragtes Instrument in
Betrieben. Neben typischen Fehlern drohen nun neue Fallen durch die Rente ab 63.
RECHNER
In der App finden Sie einen Rechner,
der das Altersteilzeitgehalt mit allen
gesetzlichen Abzügen ermittelt.