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personalmagazin 12 / 14
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RECHT
_URTEILSDIENST
Arbeitgeber kann Telearbeit nicht einseitig beenden
Arbeitet ein Mitarbeiter nicht aus-
nahmslos zuhause, sondern teilt seine
Arbeitsleistung zwischen heimischem
Arbeitszimmer und Betrieb auf, so han-
delt es sich um sogenannte alternieren-
es sich um eine Versetzung, zu der der
Betriebsrat zustimmen müsse, urteilten
die Richter. Im konkreten Fall war zu-
dem die vertragliche Vereinbarung der
alternierenden Telearbeit unwirksam.
de Telearbeit. Ein Zurück zu 100 Pro-
zent Anwesenheit im Betrieb ist für den
Arbeitgeber nicht so einfach, entschied
nun das LAG Düsseldorf. Einseitig kann
dies nicht gelingen. Vielmehr handle
URTEIL DES MONATS
Im konkreten Fall war ein Mitarbeiter zu mindestens 40 Prozent an
der häuslichen Arbeitsstätte tätig, 60 Prozent der Arbeitszeit ver-
brachte er im Büro. Der Firmenkundenbetreuer einer Bank hatte mit
seinem Arbeitgeber abgemacht, dass beide Seiten die Telearbeit
beenden können – jeweils mit einer Ankündigungsfrist von vier Wo-
chen. Ein Rechtsanspruch auf einen alternierenden Telearbeitsplatz
sollte die Vereinbarung gerade nicht begründen. Dennoch stehe es
dem Arbeitgeber nicht frei, die Vereinbarung zur Telearbeit einseitig
zu kündigen, urteilten die Richter. Die Abrede in den allgemeinen
Arbeitsvertragsbedingungen ermögliche voraussetzungslos ein Ende
der vereinbarten alternierenden Telearbeit. Aus der Vertragsklau-
sel ließe sich nicht erkennen, dass dabei auch die Interessen des
Arbeitnehmers berücksichtigt sind, so die Argumente. Daher sei
die Abrede unwirksam. Sie weiche vom gesetzlichen Leitbild ab,
wonach gemäß § 106 Satz 1 Gewerbeordnung der Arbeitgeber den
Arbeitsort lediglich nach billigem Ermessen bestimmen kann.
Zudem stellte die Kammer fest, dass der Arbeitgeber auch mangels
Zustimmung des Betriebsrats die Telearbeit nicht rechtmäßig be-
endet hatte. Ohne die Telearbeit ändere sich grundsätzlich das Bild
der Tätigkeit, sodass regelmäßig von einer Versetzung auszugehen
sei. Der Arbeitnehmer werde in den Betriebsablauf eingebunden,
RÜCKWIRKENDE RÜGE
ZUSAMMENFASSUNG
Beanstandet ein Betriebsrentner die Anpas-
sung seiner Altersversorgung, muss die Rüge fristgerecht dem
Arbeitgeber selbst zugehen. Eine rechtzeitige Klage bei Gericht
einzureichen, genügt nicht, da § 167 ZPO nicht anzuwenden ist.
RELEVANZ
Der 3. Senat trägt mit diesem Urteil wohl nicht zur
Rechtssicherheit bei. Auch der BGH wendet §167 ZPO an, wenn
durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, bei der eine au-
ßergerichtliche Geltendmachung genügen würde. Vor allem hat sich
aber der 8. Senat des BAG im Juni 2014 den BGH quasi zum Vorbild
genommen und seine Rechtsprechung entsprechend geändert. Da
nun der 3. Senat keine Rückwirkung zulässt, bleibt – so kein Ausnah-
mefall vorliegt – offen, wie sich beide Senate künftig einigen.
MEHR URLAUB FÜR ÄLTERE
ZUSAMMENFASSUNG
Sind zwei Tage mehr Jahresurlaub für Mitarbei-
ter über 58 Jahren diskriminierend? Das BAG hatte nichts dagegen
einzuwenden, dass jüngere und ältere Arbeitnehmer unterschiedlich
behandelt werden. Dem Arbeitgeber stehe ein Gestaltungsspiel-
raum zum Schutz älterer Beschäftigter zu.
RELEVANZ
Bereits im Jahr 2012 hatte das BAG die altersabhängige
Urlaubsstaffelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von
Bund und Kommunen gekippt. Das hatte auch Auswirkungen auf die
Privatwirtschaft, schließlich passten daraufhin auch einige Tarifver-
tragsparteien entsprechende kollektive Regeln an, die eine altersab-
hängige Staffelung des Urlaubs enthielten. Nun relativiert das BAG
seine damalige Rechtsprechung, wie Sie auch ab Seite 72 lesen.
urteilte das Gericht. Auch die Aufgabenerfüllung verändere sich
gravierend mit dem Ende der (teilweisen) Telearbeit aufgrund von
deren Besonderheiten. Der Beschäftigte kann also auch künftig von
zuhause weiterarbeiten. Eine kleine Tür, die Revision zum BAG, ließ
das LAG für den Arbeitgeber allerdings offen.
Telearbeit: Das Ende können Arbeitgeber nicht einseitig anordnen.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil v. 10.9.2014, Az. 12 Sa 505/14
Quelle
BAG, Urteil v. 21.10.2014, Az. 9 AZR 956/12
Quelle
BAG, Urteil v. 21.10.2014, Az. 3 AZR 690/12