Seite 68 - personalmagazin_2014_07

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Recht
_tarifeinheit
personalmagazin 07 / 14
D
urch eine Reihe öffentlichkeits-
wirksamer Arbeitskämpfe gibt
es wieder mehr Forderungen
nach einer Rückkehr zu dem
sogenannten Grundsatz der Tarifeinheit
(siehe Kasten auf der nächsten Seite).
In der Sache geht es um den Wunsch,
in jedem Betrieb lediglich einen Tarif-
vertrag anwenden und Tarifvertragsver-
handlungen nur mit einer Gewerkschaft
führen zu müssen. Die Große Koalition
hat eine gesetzliche Regelung angekün-
digt, das Thema aber zunächst zurückge-
stellt. Laut Koalitionsvertrag will sie den
Von
Andrea Bonanni
und
Björn Otto
„Grundsatz der Tarifeinheit nach dem
betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip
unter Einbindung der Spitzenorganisati-
onen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber
gesetzlich festschreiben“, um den „Koali-
tions- und Tarifpluralismus in geordnete
Bahnen zu lenken.“ Durch „flankieren-
de Verfahrensregelungen“ soll den „ver-
fassungsrechtlich gebotenen Belangen
Rechnung“ getragen werden.
Diese relativ unbestimmten Vorgaben
werfen nicht nur Fragen nach der prak-
tischen Umsetzbarkeit, insbesondere
nach den Verfahren zur Ermittlung der
Repräsentativität einer Gewerkschaft,
auf, sondern offenbaren auch das we-
sentliche Problem: die Gewährleistung
der Verfassungskonformität eines Ta-
rifeinheitsgesetzes. Im Folgenden sollen
die rechtspolitischen Ansätze vor dem
Hintergrund der im Jahr 2010 erfolgten
Änderung der Rechtsprechung des Bun-
desarbeitsgerichts (BAG) zur Tarifein-
heit beziehungsweise Tarifpluralität
sowie die sich daraus möglicherweise
ergebenden Handlungserfordernisse für
die Praxis dargestellt werden.
Diskussionsstand bei BDA und DGB
Da das BAG in den vergangenen Jahren
zugleich die Grenzen des Streikrechts
zugunsten der Gewerkschaften ausge-
Tarifrecht am Scheideweg
hintergrund.
Die Abkehr des Bundesarbeitsgerichts vom Grundsatz der Tarif­einheit
macht ein neues tarifrechtliches Denken in den Unternehmen notwendig.
© Imago / Ralph Peters
Arbeitskampf einer Spartengewerkschaft: Ein Gesetz zur Tarifeinheit erscheint unwahrscheinlich, daher müssen Unternehmen umdenken.