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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
tens in dem auf die Beendigung des Ar-
beitsverhältnisses folgenden Kalender-
monat auszugleichen.
Achtung: Bisher gibt es für wertgut-
habenfreie flexible Arbeitszeitverein-
barungen kein Schriftformerfordernis.
Das ändert sich mit Inkrafttreten des Ge-
setzes für den Mindestlohnbereich. Hier
sieht der § 2 Abs. 2 Mindestlohngesetz
zwingend eine schriftliche Vereinba-
rung über ein flexibles Arbeitszeitkonto
vor.
„Der Gesetzgeber definiert den Begriff des
Arbeitszeitkontos nicht, sondern grenzt le-
diglich Wertguthabenvereinbarungen (oder
Wertkonten) zu sonstigen Arbeitszeitkonten
ab. Die Unterscheidung ist sehr bedeutsam.
Denn für Arbeitszeitmodelle, die nicht unter
den Begriff der Wertguthabenvereinbarung
fallen, treten die für Wertguthabenver-
einbarungen angeordneten Rechtsfolgen
und Verpflichtungen nicht ein. Dabei geht
es vor allem um die Insolvenzsicherungs-
pflicht, aber auch um Aufzeichnungs- und
Informationspflichten, eine sogenannte
Wertgarantie und Anlagevorgaben für das
Wertguthaben.
Der Gesetzgeber nimmt die Unterscheidung
zwischen Wertguthabenvereinbarungen
und sonstigen Arbeitszeitkonten anhand
einer schwer nachvollziehbaren Negativ-
abgrenzung in § 7b SGB IV vor, wonach die
Wertguthabenvereinbarung nicht das Ziel
der flexiblen Gestaltung der werktäglichen
oder wöchentlichen Arbeitszeit oder des
Ausgleichs von Produktionsschwankungen
haben darf. Im Ergebnis bedeutet dies,
dass zwei Arten von Arbeitszeitkontenrege-
lungen von den Wertguthabenregelungen
und den daraus folgenden Verpflichtungen
ausgenommen sind: Zum einen Gleitzeit-
konten – diese Vereinbarungen sollen den
Arbeitnehmern die Möglichkeit zur eigen-
verantwortlichen Gestaltung und Einteilung
der Arbeitszeit innerhalb eines festgelegten
Rahmens bieten; die vereinbarte Regel-
arbeitszeit ist dabei im Referenzzeitraum
einzuhalten. Zum anderen betrifft dies
sogenannte Flexikonten, die eine Vertei-
lung der Arbeitszeit entsprechend des am
zyklischen Arbeitsaufkommens orientierten
Arbeitsbedarfs gewährleisten, ohne dass
die Arbeitszeit verlängert oder verkürzt
wird. Beiden Arten ist gemein, dass sie auf
eine flexible Gestaltung der werktäglichen
Arbeitszeit bei gleichzeitiger Verstetigung
des Arbeitsentgelts ausgerichtet sind.
Um etwaige Nachteile zu vermeiden, ist
Unternehmen dringend zu empfehlen, eine
strikte Trennung zwischen Wertguthaben-
vereinbarungen und sonstigen Arbeitszeit-
konten einzuhalten. In der Praxis werden
die unterschiedlichen Arten von Arbeitszeit-
konten häufig vermischt und kombiniert.
Werden die verschiedenen Ziele in jeweils
gesonderten Vereinbarungen geregelt, ist
schon viel gewonnen. Die Betriebspartner
sollten lieber eine Betriebsvereinbarung
mehr abschließen, als große Rechtsunsi-
cherheit durch die Verbindung unterschied-
Bei Arbeitszeitmodellen strikt trennen
expertenrat
In der Praxis sind die unterschiedlichsten Begriffe für Arbeitszeitmodelle zu finden.
Abgrenzungen erfolgen dabei oft zunächst ohne rechtliche Wertung. Wie muss diese
Abgrenzung aber im Ernstfall erfolgen? Arbeitsrechtler Dr. Oliver Ebert klärt auf.
Dr. Oliver Ebert
ist Rechtsanwalt im
Hannoveraner Büro
der Kanzlei Brandi
Rechtsanwälte.
geltenden Rechts unterliegt ein solches
flexibles Arbeitszeitkonto jedoch den im
Folgenden dargestellten Besonderheiten.
Obergrenze der Arbeitszeit und
Saldierungspflicht
So gilt die hälftige Arbeitszeit als Ober-
grenze. Die auf ein flexibles Arbeitszeit-
konto eingestellten Arbeitsstunden dür-
fen also monatlich jeweils 50 Prozent
der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit
nicht übersteigen. Zudem müssen auf
Arbeitszeitkonten eingestellte Arbeits-
stunden aus Mindestlöhnen spätestens
innerhalb von zwölf Kalendermonaten
nach ihrer monatlichen Erfassung durch
bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung
des Mindestlohns ausgeglichen werden.
Monatsfrist bei Beschäftigungsende
und Schriftformerfordernis
Im Fall der Beendigung des Arbeits-
verhältnisses hat der Arbeitgeber nicht
ausgeglichene Arbeitsstunden spätes­
licher Regelungsgegenstände und -inhalte
zu riskieren.
Eine Abgrenzung über die Zeiträume vorzu-
nehmen, die in den Arbeitszeitkonten erfasst
werden, ist zwar nicht rechtssicher. Klar
ist aber, dass im Arbeitszeitkonto erfasste
Zeiträume von mehr als einem Jahr ein
deutliches Indiz für eine Wertguthabenpflicht
sind. Gleitzeitkonten erfassen eher kürzere
Zeiträume von einer Woche, einem Monat
oder einem Quartal. Die auf mittel- und lang-
fristige Arbeitszeitflexibilisierung abzielenden
Flexikonten sind selten auf über ein Jahr
hinausgehende Zeiträume ausgelegt.
Besteht das „Primärziel“ der arbeitsrechtli-
chen Regelung darin, durch die Ansparung
der auf das Konto eingehenden Arbeitsstun-
den eine Freistellung zu erlangen, ist von
Wertguthabenpflicht auszugehen. Kann der
Arbeitnehmer etwa bestimmen, wann eine
Freistellung beginnen soll, wird regelmäßig
eine Wertguthabenvereinbarung vorliegen.
Auch bei ausgewogen im Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerinteresse liegenden Vereinba-
rungen sollte vorsichtigerweise von einer
Wertguthabenpflicht ausgegangen werden.
Liegen die Ziele der Vereinbarung aber vor
allem oder ausschließlich im Arbeitgeberinte-
resse, besteht keine Wertguthabenpflicht.“