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Um sich den typischen Praxispro­
blemen der Teilzeitführung zu nähern,
wurde von den Autoren eine explora­
tive Befragung von 75 Führungskräf­
ten mittlerer und großer Unternehmen
durchgeführt, die über Erfahrungen mit
Teilzeitführung verfügen und von denen
39 selbst in Teilzeit arbeiten. Ergänzend
wurde die spärliche Literatur zumThema
ausgewertet. Die genannten Probleme
lassen sich in fünf Kategorien einteilen.
Problem eins: Arbeitspensum
Ein oft genanntes Problem liegt im Ar­
beitspensum, das offenbar häufig nicht
der vertraglich reduzierten Arbeitszeit
angepasst wird. „Ich muss genauso
viel schaffen wie eine Vollzeitkraft“,
so lautet eine typische Aussage von
Teilzeitführungskräften. Damit aber ist
die Überforderung der Stelleninhaber
vorprogrammiert, auch wenn oft betont
wird, Teilzeitkräfte betrieben ein ef­
fektiveres Zeitmanagement. Ein Grund
dürfte darin liegen, dass der Zuschnitt
von Leitungsstellen in der Praxis häufig
nicht klar definiert wird, sondern sich
implizit aus den situativen Erfordernis­
sen ergibt. Die dafür erforderlichen gro­
ßen Zeitpuffer sind jedoch gerade bei
Teilzeitstellen nicht vorhanden.
Problem zwei: Mangelnde
Selbstständigkeit der Mitarbeiter
Ein zweiter problematischer Bereich
kann die mangelnde Selbstständigkeit
der Mitarbeiter sein. Die Bereitschaft der
Führungskraft, Aufgaben zu delegieren,
sowie der Wille und die Fähigkeit der
Teammitglieder, Aufgaben zu überneh­
men, werden immer wieder als zentraler
Aspekt der Teilzeitführung genannt.
Problem drei: Fehlende
Arbeitszeitflexibilität
Das dritte Problemfeld liegt in der feh­
lenden Arbeitszeitflexibilität, die so­
wohl die formalen als auch die geleb­
ten Arbeitszeitmodelle betreffen kann.
Herkömmliche Reduzierungsmodelle in
Form von zum Beispiel Sechs-Stunden-
Die folgenden Empfehlungen helfen, die organisatorischen, kulturellen und unter-
nehmenspolitischen Herausforderungen der Teilzeitführung zu meistern.
Tipp 1: Führungsaufgaben richtig definieren und abgrenzen
Führen in Teilzeit ist grundsätzlich immer möglich, denn bekanntlich ist jede Stelle das
Ergebnis von Arbeitsteilung und daher ihrerseits auch weiter teilbar. Freilich wird man
sich dazu mit den konkreten Arbeitsinhalten der Führungstätigkeit auseinandersetzen
müssen – wie könnte man etwas sinnvoll teilen, das nicht systematisch festgelegt ist?
Daraus folgt: Wenn Teilzeitführung funktionieren soll, müssen zunächst die Führungs-
aufgaben festgelegt werden. Instrumente hierfür sind zum Beispiel die Stellenanalyse
und Stellenbeschreibung. Wichtig ist hierbei die Unterscheidung von Aufgaben der
Sachgeschäftsführung („Business Management“) und der Personalführung („People Ma-
nagement“). Ferner sollte auch eine adäquate Anzahl von Trainingstagen berücksichtigt
werden, um einer schleichenden Abqualifizierung vorzubeugen.
Tipp 2: Größere Mitarbeiterautonomie erreichen
Das wesentliche Prinzip der Personalführung – Managementpioniere wie Mary Parker
Follett und Peter F. Drucker haben dies von jeher betont – sollte generell die Selbststeu-
erung des Mitarbeiters sein. Der ideale Mitarbeiter kennt seine Aufgaben, organisiert
seine Prozesse selbst, motiviert sich selbst, verschafft sich Ressourcen und Feedback,
regelt Probleme der Zusammenarbeit et cetera – das heißt er führt sich selbst. Die Füh-
rungskraft wird dabei entsprechend entlastet und übernimmt diese Aufgaben dann nur
noch kompensatorisch im konkreten Bedarfsfall (komplementäre Führung).
Fördern lässt sich dies zum einen durch die Rekrutierung beziehungsweise den Einsatz
von im Bereich Selbstmanagement besonders kompetenten Mitarbeitern. Zum anderen
empfiehlt sich ein strategisches Aufgabenmanagement dergestalt, dass die vorhande-
nen Mitarbeiter mittel- bis langfristig an die Selbstführung herangeführt werden, dabei
immer größere Freiräume erhalten und perspektivisch möglichst viele Führungsaufga-
ben zu möglichst großen Teilen selbst wahrnehmen. Dieses Grundprinzip, das sich auch
in Konzepten wie „Empowerment“ oder „Management by Delegation“ wiederfindet,
bietet einen großen Hebel zur Reduktion der Aufgabenlast – nicht nur, aber insbesonde-
re auch für Teilzeitführungskräfte.
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
So gelingt das Führen in Teilzeit
FÜNF PRAXIStipps
Doppelspitze: „Top-Sharing“
ist nur eines von vielen
Modellen der Teilzeitführung.
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