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Management
_Teilzeitmodelle
personalmagazin 07 / 14
D
ie Arbeitswelt verändert sich
rapide. Technologische Neue
rungen, die Notwendigkeit,
neue Bewerberzielgruppen zu
erschließen und eine insgesamt stärkere
Gewichtung von Balancethemen führen
dazu, dass auch das Führen in Teilzeit
an Bedeutung gewinnt. Dabei sind die
Teilzeitmodelle der Führungskräfte
vollkommen unterschiedlich: Vier-Tage-
Woche, Sechs-Stunden-Tage, rollierende
Wochen, geblockte Freiwochen (zum
Beispiel während der Schulferien), Dop
pelspitzen, Top-Sharing oder Tandem
führung et cetera – für die verschiedenen
Führungskontexte deutscher Manager
gibt es kein Standardmodell.
5,8 Prozent der Führungskräfte in
Deutschland arbeiten in Teilzeit
Die meisten Publikationen zum The
ma Führen in Teilzeit berufen sich auf
Daten des Statistischen Bundesamtes
oder von Eurostat (Mikrozensus, La
bour Force Survey). Demnach variiert
der Anteil der Teilzeitführungskräfte im
europäischen Kontext zwischen ein und
zwei Prozent (Türkei, Tschechien, Grie
chenland, Polen) und teilweise deut
lich über zehn Prozent (Niederlande,
England, Schweiz, Irland). Der europäi
sche Durchschnitt liegt bei 6,8 Prozent.
Deutschland lässt sich mit einer Teilzeit-
führungsquote von 5,8 Prozent in etwa
im Mittelfeld einordnen.
Interessant ist, dass der Anteil der
Führungskräfte in Teilzeit mit dem An
teil der Teilzeitkräfte generell korreliert.
Von
Boris Kaehler
und
Anja Karlshaus
In Ländern, in denen Teilzeit ohnehin
weit verbreitet ist, wie zum Beispiel in
den Niederlanden mit fast 50 Prozent,
sowie der Schweiz, England oder Irland,
finden sich auch die höchsten Quoten von
Teilzeitführungskräften. Eine Ausnah
me von dieser Regel betrifft allerdings
Deutschland mit einer vergleichsweise
hohen allgemeinen Teilzeitquote von cir
ca 25 Prozent und einer im EU-Vergleich
leicht unterdurchschnittlichen Teilzeit-
führungsquote, was unter anderem an
der stark gestiegenen geringfügigen
Beschäftigung in Deutschland liegen
könnte.
Schaut man sich die Verteilung der
Teilzeitführungskräfte nach Geschlecht
an, stellt man fest, dass es sich 2012
immer noch um ein frauenspezifisches
Phänomen handelt: 14,4 Prozent der
weiblichen Führungskräfte – im Ver
gleich zu 2,4 Prozent der männlichen
Führungskräfte – arbeiten in Teilzeit. Ei
ne Teilzeitführungstätigkeit hängt dabei
eindeutig mit der Familiengründungs
phase zusammen und korreliert infol
gedessen auch positiv mit der Anzahl
der Kinder. Auch in der branchenspezi
fischen Verteilung von Teilzeitführungs
kräften setzt sich das beschriebene
Geschlechterphänomen fort. In eher
weiblich dominierten Berufen in den
Bereichen Bildung, Gesundheit und öf
fentliche Verwaltung ist ein Anteil von
fast zehn Prozent an Teilzeitführungs
kräften auszumachen. Dagegen reduzie
ren beispielsweise im verarbeitenden
Gewerbe, einem eher männlich domi
nierten Sektor, weniger als zwei Prozent
der Führungskräfte ihre Arbeitszeit. In
den Bereichen Finanzdienstleistung,
Handel und Verkehr sind ebenfalls le
diglich geringe Teilzeitführungsquoten
vorzufinden.
Oft vollzeitnahe Teilzeitmodelle
Betrachtet man schließlich die Teilzeit
quote von deutschen Führungskräften
seit 1995, die damals laut Eurostat bei
4,9 Prozent lag, so hat sich diese im Zeit
verlauf leicht erhöht. Jedoch sagt diese
Zahl nichts über die zeitliche und or
ganisatorische Ausgestaltung der Füh
rungsmodelle aus, die oftmals als sehr
vollzeitnah beschrieben wird und in der
Regel bei 70 bis 80 Prozent einzuordnen
ist. Deutschland ist immer noch durch
eine starke Präsenzkultur geprägt: Eine
weibliche Vollzeitführungskraft arbeitet
im Schnitt 45 Stunden pro Woche, eine
männliche sogar 47 Stunden pro Woche.
Dabei geben laut dem statistischen Bun
desamt 35,8 Prozent der Führungskräf
te an, mehr als 48 Stunden zu arbeiten,
jede fünfte Führungskraft sogar mehr
60 Stunden.
Praktische Probleme lösen
TIPPS.
Auch Führungsaufgaben lassen sich in Teilzeit ausüben. Doch damit gehen
besondere organisatorische und kommunikative Herausforderungen einher.
Deutschland ist immer
noch stark von einer
Präsenzkultur geprägt.
Teilzeitführungskräfte
beklagen häufig Benach
teiligung und mangeln
de Akzeptanz.