21
07 / 14 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
aus dem Gründerteam rund 40 Leute
wurden. Jedes Team schreibt einen Busi
nessplan und setzt ihn um. Für den Ge
schäftsführer Marc Stoffel ist „die Wahl
der Führungskräfte die logische Konse
quenz aus der Reise unserer Demokrati
sierung. Wir haben über Geschäftsmo
delle abgestimmt, über unseren Gang
zur Haufe Gruppe, also stimmen wir
auch über die Chefs ab.“ Er kandidierte
schon zweimal erfolgreich als CEO.
Aber das Abstimmen über Personen
steht nicht im Zentrum. Die Schlagwör
ter lauten Agilität und Beschleunigungs
falle, Heterogenität und Kreativität,
Komplexität und Sensibilität – jene vor
allem denjenigen gegenüber, die nicht
gewählt wurden, jedoch bei Haufe-Um
antis blieben und in ihren neuen Rollen,
so Stoffel, „eine riesige Lernkurve ha
ben“. Eine HR-Abteilung im klassischen
Sinne ist bei diesem Modell obsolet. Der
Geschäftsführer auf Zeit: „Wir brauchen
Sensoren für den Wandel, denn den kön
nen wir nur mit allen meistern.“
Partake: HR-Abteilung abgeschafft
Doch wenn die große Freiheit lockt,
fängt die harte Arbeit an – an der eige
nen Persönlichkeit und den eigenen Fä
higkeiten, aber auch daran, sich damit
bei den Kollegen anzupreisen. Beim Ber
liner Beratungsunternehmen Partake
AG bewerben sich die rund 60 festen
und 25 freien Mitarbeiter um die Plätze
in den Teams oder sie präsentieren eine
Projektidee und suchen Unterstützer zu
Themen wie Weißweinexport nach Chi
na oder Schule im Aufbruch. „180 Tage
im Jahr müssen die Leute auf Projekten
sein“, schildert Partake-Vorstand Jürgen
Erbeldinger. Davon müssen 120 Tage auf
dem Markt abrechenbar sein, der Rest
kann für persönliche Weiterbildung und
interne Initiativen genutzt werden.
Erbeldinger, ehemals Gründer einer
Lean-Management-Beratung, war es ge
wohnt, dass seine Chefideen umgesetzt
wurden. Jetzt lernt auch er, „dass nicht
jeder meiner Gedanken der Beste ist“.
Bei regelmäßigen Pitches kann einer
sich drei Minuten vorstellen und kassiert
drei Minuten Feedback. Danach wird so
manches Projekt nicht realisiert, weil es
niemanden überzeugt. „Auf Augenhöhe
diskutieren und führen wollen, das wi
derspricht sich“, sagt der 48-Jährige, der
seit dem Kulturwandel in seinem Unter
nehmen 2013 rund 80 Prozent neue Mit
arbeiter um sich schart. Darunter nicht
einen einzigen Personaler, denn dessen
Aufgaben erledigen die Teams selbst: Sie
stellen ein und entlassen, verteilen Auf
gaben, jeder entwickelt sich selbst, weil
„es kein anderer tut“, so Erbeldinger. Die
Gehaltsabrechnung ist ausgegliedert,
die Personalabteilung abgeschafft.
Elbdudler: Führung im Team
Die Elbdudler GmbH in Hamburg arbei
tet ähnlich. Vor fast fünf Jahren starte
ten zwei Kommilitonen eine Social-Me
dia-Agentur mit einem Einheitsgehalt
von 2.500 Euro. Heute arbeiten 35 Leute
bei dem kreativen Kommunikationsspe
zialisten, die Gehälter werden unterei
nander ausgehandelt. Julian Vester ist
formal Geschäftsführer, überlässt aber
Führungsaufgaben den Teams. „Man
kommt erschöpft aus so manchem Mee
ting, denn die wirtschaftliche Verantwor
tung für sein Handeln zu tragen, das ist
anstrengend.“ Wirtschaftszahlen liegen
offen. Der Maßstab für Erfolg ist, so Ve
ster, „das liebe Geld“. Der Austausch
zwischen den Teams ist total – ob Mai
linglisten bestückt oder Kundenprojekte
persönlich vorgestellt werden. Am Mon
tagnachmittag wird jeweils über Strate
gien und Geld debattiert, freitags kurz
vor Feierabend werden Ärger und Lob
formuliert. „Danach kann man frei ins
Wochenende“, sagt Vester voll Überzeu
gung. Die Kommunikation bei Elbdudler
hält er schlicht für erwachsen.
Ruth Lemmer
ist freie Journalistin und
Fachautorin in Düsseldorf.
„Die Wahl der Führungskräfte ist die
logische Konsequenz aus der Reise un
serer Demokratisierung.“
Marc Stoffel, CEO Haufe-Umantis AG
„Auf Augenhöhe diskutieren und führen
wollen, das widerspricht sich.“
Jürgen Erbeldinger, Vorstand Partake AG
„Man kommt erschöpft aus Meetings. Die
wirtschaftliche Verantwortung für sein
Handeln zu tragen, ist anstrengend.“
Julian Vester, Geschäftsführer Elbdudler GmbH