Seite 20 - personalmagazin_2014_07

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Titel
_Macht
personalmagazin 07 / 14
G
emeinschaftsämter, autonome
Projektteams und Kundenkom­
munikatoren – bei der Agentur
für Innovationsentwicklung
Darkhorse GmbH & Co. KG in Berlin
wird Selbstorganisation groß geschrie­
ben. Jeder bringt ein, was er investieren
möchte. Dafür bekommt jeder ein einheit­
liches Grundgehalt, das individuell nach
Aufwand in der Projektarbeit aufgestockt
wird. Entscheidungen treffen die rund
30 Beteiligten beim wöchentlichen Jour
fixe, beim „Commitment Day“ alle drei
Monate und bei der jährlichen mehrtägi­
gen Strategieklausur. „Man muss schon
hartnäckig seine Art zu arbeiten gegen
alle Vorurteile der Managementliteratur
durchsetzen“, sagt Jasper Grothe, Kom­
munikationswirt und Texter bei Darkhor­
se. „Wir probieren Dinge aus und lassen
die Realität entscheiden.“ Einen Perso­
nalmanager kann es bei so viel Demokra­
tie nicht geben.
DM: Zentralfunktion als Dienstleister
So weit wie die jungen Leute bei Dark­
horse geht die Drogeriemarktkette DM
nicht. Doch die mehr als 1.500 DM-Märk­
te in Deutschland haben ein starkes Ei­
genleben. Der Filialist hat lediglich drei
Hierarchieebenen: Filialleitung, Gebiets­
leitung und Geschäftsführung. Die Märk­
te entscheiden über Personaleinsatz,
Marketingaktionen und Verkaufsraum.
Daniela Hübner, rund um den Boden­
see für 23 DM-Märkte verantwortlich,
versteht sich als Beraterin, Moderatorin
und Mediatorin. „Meine Aufgabe ist es zu
Von
Ruth Lemmer
unterstützen“, erklärt sie. „Wenn ich die
Märkte besuche, sprechen die Filialleite­
rinnen und -leiter mit mir über geplante
Umbauten oder Konflikte zwischen Mit­
arbeitern.“ Hübner hat ein Gespür dafür
entwickelt, wo Menschen sich dadurch
überfordert fühlen, dass sie wie Miniun­
ternehmer arbeiten sollen – und sucht
mit dem Team nach Lösungen. Die Zen­
tralfunktion Mitarbeiter agiert dabei als
Dienstleister, mit administrativem Know-
how und mit einem umfangreichen Wei­
terbildungsangebot.
Gore: Personaler als Partner
Zu den Pionieren in Sachen eigenständi­
ge Teamarbeit gehört die US-Firma W.L.­
Gore & Associates. Das Unternehmen
setzt bei 10.000 Mitarbeitern weltweit
auf überschaubare Teams. Kreativität
wird durch das Minimieren von Kontrolle
und das Maximieren von Selbstverpflich­
tung gefördert. Die Mitarbeiter heißen
Associates, alle haben einen Sponsor für
die berufliche und persönliche Entwick­
lung. Zum Start erhält jeder Neuling eine
Liste mit nützlichen Kontakten.
Personaler spielen bei Gore jene Rolle,
um die sie in anderen Unternehmen oft
vergeblich buhlen: die des Partners bei
Mitarbeiterfragen. „Wir sind willkom­
men in Teamprozessen“, so erlebt es
Karsta Goetze, HR Business Partnerin
für europäische Teams bei den Medi­
zinprodukten. „Denn wir sind nicht die
Polizei, sondern unterstützen tatsäch­
lich gemeinsam mit den Leadern die
proaktive Gestaltung der Teamarbeit.“
Personalprofession ist gefragt, wenn
Teams sich zusammentun. Kosten und
Wert von HR sind hoch, aber unbestrit­
ten notwendig im Gore-System. Die
HR-Fachleute bieten Werkzeuge fürs
Leadership. „Wer ein Team leitet, muss
Diskussionen moderieren können“, er­
klärt Goetze. „Scheindiskussionen wer­
den schnell durchschaut.“ Das Feedback
für die Leader kann zum Verlust der Fol­
lower, also der Teammitglieder, führen.
Haufe-Umantis: Demokratie ohne HR
Marktwirtschaft und Demokratie, das
geht nicht für jeden zusammen. In den
meisten Firmen gilt, dass schließlich ei­
ner verantwortlich ist und die Entschei­
dungen fällt. Die Softwareschmiede
Haufe-Umantis AG in St. Gallen erhielt
sich das Mitgestalten aller – auch als
Mal mit, mal ohne HR
PRAXIS.
Etliche Beratungs-, Industrie- und Handelsunter­nehmen setzen auf innere
Demokratie – und sehen die Rolle der Personaler dabei sehr unterschiedlich.
„Wir sind nicht die Polizei, sondern un­
terstützen gemeinsam mit den Leadern
die Gestaltung der Teamarbeit.“
Karsta Goetze, HR Business Partner bei Gore & Associates