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personalmagazin 11 / 14
PERSÖNLICH
_QUERDENKEN
D
er Absatzmarkt hat sich für
die meisten Unternehmen ge-
dreht: Die Käufer haben die
Macht. Heute entscheiden vor
allem die bestehenden Kunden darüber,
ob neue Kunden kommen und kaufen.
Ähnlich ist das auf dem Arbeitsmarkt:
Die eigenen Mitarbeiter entscheiden
maßgeblich mit, wer die besten Talente
gewinnt. Passende interne Rahmenbe-
dingungen und eine auf diesen Wandel
ausgerichtete Führungskultur sind un-
ausweichlich, um imWettbewerb um die
Talente zu bestehen.
Denn nicht die Firmenwebsite und de-
ren Karriereteil, sondern das Eingabe-
Von
Anne M. Schüller
feld der Suchmaschinen ist zunehmend
der Startpunkt für eine potenzielle Mit-
arbeiterbeziehung – und oftmals gleich-
zeitig das Ende. Google nennt solche
Interaktionspunkte die „Zero Moments
of Truth“ (ZMOT). Diese „Momente der
Wahrheit“ vor dem ersten direkten Kon-
takt offenbaren schonungslos, was die
Versprechen eines Anbieters/Arbeitge-
bers tatsächlich taugen.
Verflochtene Phänomene
Viele Themen, mit denen es die Perso-
naler im Zuge dieses paradigmatischen
Wandels zu tun bekommen, beschäf-
tigen Sales und Marketing schon seit
Jahren: der Wandel vom Anbieter- zum
Käufermarkt, die Markenbildung, Be-
wertungsportale, die schwindende Kun-
dentreue, der Kunde als Botschafter,
Empfehlungsprogramme, das Touch-
point Management et cetera. Passende
Mittel, Wege und Lösungen wurden dort
längst gesucht und gefunden. Diese las-
sen sich oft nahezu eins zu eins auf den
HR-Bereich übertragen.
Viele Phänomene sind außerdem eng
miteinander verwoben, zum Beispiel die
Mitarbeiter- und Kundenloyalität und
das interne und externe Empfehlungs-
marketing. Wo die Mitarbeiter laufend
wechseln, wird auch die Kundentreue
schwinden, denn Loyalität entsteht zwi-
schen Menschen. So gelingt es vielen
Verkäufern, ihre Kunden mitzunehmen,
wenn sie das Unternehmen wechseln. Da
wäre es doch gut, vom Vertrieb zu erfah-
ren, wie Kundenloyalität dort gefördert
wird.
Mitarbeiter als Fans
Neben Engagement, Produktivität und
Loyalität sind aktive Empfehlungen
wohl das Wertvollste, was ein Unter-
nehmen von seinen Mitarbeitern be-
kommen kann. Wenn es sie bekommt.
So äußern sich in Deutschland, wie eine
Untersuchung der Yougov Psychono-
mics AG ergab, derzeit lediglich 49 Pro-
zent der Arbeitnehmer zustimmend zu
folgender Aussage: „Freunden und Be-
kannten berichte ich viel Positives über
meinen Arbeitgeber“. Bei Top-Arbeitge-
bern stimmen dieser Aussage mehr als
90 Prozent der Beschäftigten zu. Das
zeigt: Empfehlungen werden erst dann
ausgesprochen, wenn man sich seiner
Sache absolut sicher ist. Denn mit jeder
Beim Marketing abschauen
PRAXIS.
Der Kunde ist König, der Bewerber auch. Sales und Marketing kennen dieses
Phänomen schon seit Langem. Personaler können von ihren Kollegen einiges lernen.
Die Zeiten haben sich geändert: Althergebrachte Abläufe beim Recruiting sollten
­infrage gestellt werden, damit sich mehr Bewerber dem Unternehmen zuwenden.