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RECHT
_MINDESTLOHN
personalmagazin 11 / 14
D
as Mindestlohngesetz (Mi-
LoG) hat es in sich, denn es
bedeutet für die Unternehmen
wesentlich mehr, als nur die
schlichte Aufforderung, die neue Lohn-
untergrenze von 8,50 Euro einzuhalten.
Vielmehr schreibt es auch detailliert vor,
auf welche Art undWeise sicherzustellen
ist, dass bei einer behördlichen Nachprü-
fung erkennbar ist, dass die Zahlung des
Mindestlohns in der täglichen Praxis
auch durchgehend eingehalten wurde.
Insoweit müssen die Unternehmen
ab dem 1. Januar 2015 neue Form-
vorschriften, Nachweis- und Doku-
mentationspflichten einhalten, deren
Nichtbeachtung handfeste finanzielle
Konsequenzen und sogar Bußgeldzah-
lungen nach sich tragen können. Der
Grund: Zum ersten Mal in der Geschich-
te des deutschen Arbeitsrechts wird
die Einhaltung eines arbeitsrechtlichen
Lohnanspruchs von Amts wegen ge-
prüft, gegebenenfalls gerügt und Ver-
stöße unter Umständen mit Bußgeldern
bis zu 30.000 Euro geahndet.
Der Blick auf die Lohnabrechnung
genügt für Mindestlohngrenze nicht
Das trifft uns ja nicht, werden sich jetzt
vielleicht viele Personalverantwortliche
sagen. Schließlich, so der häufige Hin-
weis, sähen ja die im eigenen Unter-
nehmen bestehenden Arbeitsverträge
– auch die der untersten Entgeltgruppe
– Löhne vor, die oberhalb der Mindest-
lohngrenze von 8,50 Euro liegen. Zumal
ja auch ein Blick in die jeweilige Lohn-
abrechnung ergeben würde, dass sich
das Unternehmen tatsächlich an die mit
den Arbeitnehmern vereinbarten (Min-
dest-)Stundenlöhne hält.
So einfach macht es der Gesetzge-
ber den Unternehmen allerdings nicht.
Vielmehr hat er Vorkehrungen getrof-
fen, dass die mit der Prüfung des Min-
destlohns beauftragte Behörde sicher
beurteilen kann, dass der tatsächliche
Beschäftigungsumfang zu keiner Zeit
dazu führt, dass Arbeitsstunden entste-
hen, die bei arithmetischer Betrachtung
unterhalb der magischen 8,50-Euro-
Grenze liegen. Der Gesetzgeber hat da-
bei vor allem die in der Praxis häufig
auftretenden Fälle im Auge, bei denen
einerseits zwar Löhne oberhalb des Min-
destlohns vereinbart sind, andererseits
aber flexible Regelungen bestehen, bei
denen anfallende Überstunden nicht
ausbezahlt werden. Vielmehr soll sie
der Mitarbeiter im Rahmen einer fle-
xiblen Arbeitszeitregelung „abfeiern“.
Typischerweise werden derartige Rege-
lungen gerade im Zusammenhang mit
Teilzeitarbeitsverhältnissen vereinbart.
Deutlich wird dies anhand eines Bei-
spiels: Eine Mitarbeiterin im Versand
arbeitet in Teilzeit auf der Basis von mo-
natlich 80 Stunden und bekommt dafür
ein Gehalt von 760 Euro. Nicht selten
kommt es vor, dass die Mitarbeiterin
einige Stunden mehr als vereinbart ar-
beitet. Dies geschieht im jeweiligen Ein-
vernehmen und unter der Maßgabe, dass
die Mehrstunden nicht ausbezahlt, son-
dern bei Gelegenheit abgefeiert werden.
Beispiel Überstunden: Früher
unverfänglich, heute problematisch
Nach bisheriger Rechtslage bereitet die
Lösung wenig Schwierigkeiten: Das Vor-
gehen ist arbeitsrechtlich unverfänglich
und kann von den Beteiligten völlig un-
bürokratisch abgewickelt werden. Eine
Vorgabe, dass derartige Stundensaldie-
rungen schriftlich vereinbart werden
müssen, gibt es nicht, es sei denn die
Schwelle zur Pflicht, ein sogenanntes
Wertguthaben einzurichten (§ 7b SGB
IV), wäre überschritten.
Anders wird dies ab dem 1. Januar
2015: Dann sind derartige Vertragsge-
staltungen nach § 2 MiLoG nur noch
möglich, wenn dies in einem schriftlich
vereinbarten Arbeitszeitkonto dokumen-
tiert wird und nachweislich innerhalb
von zwölf Monaten nach der monatlich
vorzunehmenden Erfassung durch Frei-
zeit oder Auszahlung ausgeglichen wird.
Damit aber nicht genug: Gleichzeitig fin-
det eine Beschränkung der maximal auf
diesem Arbeitszeitkonto befindlichen
Arbeitsstunden statt. Hier dürfen sich
maximal 50 Prozent der monatlichen
vertraglichen Arbeitszeit, in oben ge-
nanntem Beispiel also maximal 40 Stun-
den, befinden.
Von
Thomas Muschiol
Neue Mindestlohn-Bürokratie
AUSBLICK.
Mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sind neue Form- und
Dokumentationspflichten verbunden, deren Einhaltung behördlich überprüft wird.
Tabelle
Auswirkung des Mindestlohns auf
das Unternehmensergebnis (HI6810128)
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