Seite 16 - personalmagazin_2014_04

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Titel
_arbeitsplatzkonzepte
personalmagazin 04 / 14
I
n Deutschland arbeiten gut 17 Mil-
lionen Menschen in Büros – das
sind etwa 40 Prozent der Erwerbs-
bevölkerung. Wie Studien zeigen,
sind die meisten Büros allerdings nicht
so eingerichtet, dass sie die besonderen
Bedürfnisse unterschiedlicher Alters-
gruppen berücksichtigen. Meist bieten
sie darüber hinaus auch keineswegs op-
timale Voraussetzungen für Kommuni-
kation, Kollaboration, Wissenstransfer
und Kreativität. Dass es anders geht,
zeigen unter anderem Google, Apple
und Facebook, die aktuell dabei sind,
ihre Konzernzentralen nach neuen
Maßstäben zu gestalten. Unter dem Be-
griff „Future Workplace & Office“ wer-
den seit einiger Zeit neue Bürowelten
diskutiert, die nicht nur eine optimierte
Flächennutzung erlauben, sondern zu-
gleich Innovationskraft, Engagement
und Wohlbefinden der Beschäftigten
steigern sollen.
Arbeitsorte im Wandel
Bürokonzeptionen haben sich in den
vergangenen 100 Jahren wiederholt ge-
wandelt. Wesentliche Triebkräfte waren
dabei Veränderungen in den sozialen
und wirtschaftlichen Verhältnissen,
aber auch technologische Entwicklun-
gen sowie Trends in Architektur und
Design. Als – spätestens in den 70er-
Jahren – das tayloristische Großraum-
büro als gescheitert galt, setzte sich in
den USA der „Cubicle“ durch. Dabei
handelt es sich um kleine, abgegrenz-
te räumliche Einheiten innerhalb von
Von
Martin Klaffke
Großraumbüros, die akustische Belas-
tung verringern und in Grenzen Privat-
sphäre bieten.
Um die Vorteile sowohl des Großraum-
als auch des Einzelbüros zu nutzen, wur-
de in Skandinavien in den 80er-Jahren
das zonierte Gruppen- beziehungsweise
Kombibüro entwickelt. Dieses verbin-
det Bürozellen mit Gemeinschaftsein-
richtungen wie zentrale Drucker oder
Besprechungsmöglichkeiten und soll
so konzentriertes Arbeiten und pro-
duktiven Austausch gleichermaßen
ermöglichen. Deutsche Unternehmen
übernahmen zwar in Teilen das Konzept
des Großraumbüros, die US-amerika-
nischen Ausmaße wurden indes nicht
erreicht.
Deutsche Zellen-Konfiguration
Weit verbreitet sind in Deutschland hin-
gegen Zellen-Bürokonfigurationen, bei
denen sich geschlossene Büroräume mit
einem oder mehreren Arbeitsplätzen
entlang eines Mittelflurs reihen. Im Fall
der flächenunwirtschaftlichen Ausge-
staltung in Form von Einzelbüros bietet
dieses Konzept zwar Raum für Individu-
alität und Rückzugsmöglichkeiten, führt
jedoch zu langen Wegen und erschwert
aufgrund der räumlichen Abgrenzung
die Kommunikation und Zusammenar-
beit der Beschäftigten.
Die klassischen Bürokonzepte haben
in den vergangenen Jahren durch das
Aufkommen neuer Arbeitsorte eine
Erweiterung erfahren. Der Trend zur
„Informatisierung“ des Arbeitslebens
erlaubt nämlich den Beschäftigten zu-
nehmend die ortsunabhängige und
zeitlich flexible Erledigung von Aufga-
ben. Arbeit findet damit vermehrt auch
in vom Soziologen Ray Oldenbourg so
bezeichneten „Third Places“ statt –
Orte jenseits des eigenen Heims, des
„Ersten Orts“, und auch jenseits des
Arbeitsplatzes, des „Zweiten Orts“. Sol-
che halböffentlichen „Dritten Orte“ mit
Lounge-Charakter sind beispielweise
Cafés, Lounges von Fluggesellschaften
oder auch Hotellobbys, die aus Sicht der
jeweiligen Nutzer den persönlichen Le-
bensraum erweitern.
Trends und Anforderungen
Die zunehmende Nutzung mobiler und
flexibler Arbeitsmöglichkeiten führt
zu zeitweisem oder auch dauerhaftem
Flächenleerstand. Laut dem Workplace-
of-the-Future-Report des Softwareunter-
nehmens Citrix planen Unternehmen
weltweit, bis zum Jahr 2020 ihre Büro-
flächen um rund 14 Prozent zu redu-
zieren. Als Reaktion auf die erwartete
Zunahme mobiler Arbeitsmodelle soll
es demnach in diesem Zuge auch zur
Verringerung der festen Arbeitsplätze
kommen, wobei für Deutschland von 7,9
festen Arbeitsplätzen für je zehn Mitar-
beiter ausgegangen wird.
Wenig zweckmäßig ist es allerdings,
Flächenreduzierung allein aus kurzfris­
tigen Kostengesichtspunkten zu betrei-
ben und damit Bürowelten lediglich als
Aufwandsposten zu betrachten. Um Wis-
sensarbeit optimal zu unterstützen und
zugleich ihre Arbeitgeberattraktivität zu
fördern, insbesondere auch bei der Gene-
ration Y, sollten Unternehmen vielmehr
die in der Liste „Leitlinien für die Büro-
Die Grenzen verschwimmen
ÜBERBLICK.
Moderne Bürokonzepte beziehen betriebliche, private und öffentliche Orte
gleichermaßen mit ein – und wollen so für mehr Motivation und Kreativität sorgen.