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Was es bedeutet, wenn ein Mitarbeiter Prokura hat und was Arbeitgeber bei der
Erteilung dieser umfassenden Vollmacht beachten müssen.
Ein mit Prokura ausgestatteter Mitarbeiter ist zu allen Arten von gerichtlichen und
außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt. Er darf also unter
anderem Käufe und Verkäufe tätigen, Einstellungen und Entlassungen vornehmen,
Zahlungsgeschäfte abwickeln und Darlehen aufnehmen.
Die Prokura-Erteilung muss ausdrücklich erfolgen, das heißt, es müssen die Worte „Pro-
kura“ oder „Vollmacht im Sinne des § 48 HGB“ verwendet werden. Formbedürftig ist
eine solche Erteilung zwar nicht, es empfiehlt sich jedoch die Schriftform. Zudem ist die
Prokura im Handelsregister einzutragen.
Der Umfang der Prokura kann im Innenverhältnis beschränkt werden, zum Beispiel
durch folgenden Wortlaut: „Herr/Frau X, geboren am __.__.____, wird Prokura erteilt.
Im Innenverhältnis bedürfen folgende Rechtshandlungen der vorherigen Zustimmung
der Geschäftsführung:
Abschluss von Verträgen, durch die das Unternehmen über einen längeren Zeitraum
als vier Jahre verpflichtet wird;
Abschluss von Verträgen, durch die das Unternehmen zu Leistungen über 250.000
Euro verpflichtet wird;
Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern, deren Bruttojahresgehalt 80.000 Euro
übersteigt.“
Achtung: Solche Beschränkungen berühren nicht das Außenverhältnis! Setzt sich der
Prokurist gleichwohl über den Umfang der erteilten Prokura hinweg, kann dies Scha-
densersatzansprüche gegen ihn und unter Umständen ein Grund für eine – gegebenen-
falls fristlose – Kündigung sein.
(tm)
Die Tücken der Prokura
Praxisbeispiel
Hintergrund
sind, obgleich die Qualität und die Lauf-
zeit im Vergleich zu billigeren Varianten
naturgemäß besser ist. Zudem erscheint
eine „Vorratsbestellung“ überflüssig,
gleichwohl der Ersatz-Kopierer (zumin-
dest irgendwann einmal) Verwendung
finden wird. Vor diesem Hintergrund
wäre der Schaden grundsätzlich zu
quoteln, wobei das Mitverschulden des
Geschäftsführers – keine Begrenzung
der Bestellung von Büromaterial (weder
nach Art noch in der Summe) – zusätz-
lich noch zu berücksichtigten wäre.
Haftungsbeschränkung beachten
Das BAG lehnt eine absolute summen-
mäßige Begrenzung der Haftung ab. Un-
ter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls sei eine Haftungsbeschrän-
kung aber auch nicht vollkommen aus-
geschlossen. In der Rechtsprechung der
Instanzgerichte besteht eine Tendenz
Matthes Schröder
ist
Rechtsanwalt bei Hogan
Lovells in Hamburg.
Tobias Stieler
ist Rechts-
anwalt bei Hogan Lovells in
Hamburg.
zur Begrenzung des Haftungsanteils
des Arbeitnehmers bei besonders hohen
Schäden – die Haftung des Arbeitneh-
mers übersteigt dessen Bruttomonats-
gehalt deutlich – nach der Faustformel:
• bei mittlerer Fahrlässigkeit auf ein
Bruttomonatsgehalt,
• bei grober Fahrlässigkeit auf maximal
drei Brutto-Monatsgehälter.
Bei vorsätzlichem Handeln scheidet
eine Haftungsbeschränkung hingegen
aus. Dazu kommt: Der Arbeitgeber kann
jedoch nicht einfach einen Monatslohn
des Mitarbeiters einbehalten. Vielmehr
muss er insbesondere die Pfändungs-
freigrenzen beachten (§ 850c ZPO), die
dem Mitarbeiter ein Existenzminimum
gewähren, sodass gegebenenfalls über
mehrere Monate der Schadensersatz
vom Lohn einzubehalten ist.
Zurück zum Kopierer-Fall: Auch bei
einer grundsätzlichen Haftung des Ar-
beitnehmers muss davon ausgegangen
werden, dass ein Schadensersatzan-
spruch des Arbeitgebers auf maximal
ein Bruttomonatsgehalt beschränkt ist.
Dazu kommt: Der Arbeitgeber muss die
Pfändungsfreigrenzen beachten (§ 850c
ZPO), sodass gegebenenfalls über meh-
rere Monate der Schadensersatz vom
Lohn einzubehalten ist.
Vermeidungsstrategien
Wie aber können Arbeitgeber derartige
Probleme, wie in unserem Kopierer-Fall
geschehen, vermeiden? Grundsätzlich
sollten dazu folgende Grundregeln be-
folgt werden:
• Es ist nicht ratsam, generell alle Mit-
arbeiter zur Vertretung des Unterneh-
mens zu ermächtigen (Achtung: Eine
entsprechende Vollmacht kann – wie
in unserem Kopierer-Fall – auch durch
Duldung entstehen!).
• Es sollte nur ausgewählten Personen
entweder Prokura oder Vollmacht erteilt
werden.
• Vollmacht oder Prokura sollten im In-
nenverhältnis begrenzt werden.
Das Vermeiden von unerwünschten
Rechtsgeschäften sollte aber auch durch
offene Kommunikation im Unterneh-
men möglich sein. Auf ungeschriebene
Regeln sollte man sich dabei nicht ver-
lassen, sondern stattdessen Abteilungs-
leiter zu entsprechenden Geschäften be-
vollmächtigen. Eine solche Vollmacht ist
wiederum in ihrem Umfang präzise zu
erteilen. Falls eine andere Praxis im Un-
ternehmen bereits entstanden ist, kann
sie durch allgemeine Bekanntmachung
beendet werden.