Seite 70 - personalmagazin_2013_06

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Recht
_vollmacht
personalmagazin 06 / 13
Ist die Vollmacht von vornherein nur be-
fristet oder bedingt erteilt, erlischt sie
schon durch Ablauf der Frist oder den
Eintritt der Bedingungen. Die Vollmacht
kann aber auch jederzeit widerrufen
werden. Der Widerruf wirkt „ex nunc“,
das heißt, die Wirksamkeit bis dahin
abgeschlossener Vertretergeschäfte für
und gegen den Vertretenen bleibt unbe-
rührt.
Zurück zumKopierer-Fall: In unserem
Fall kann daher der Geschäftsführer den
Vertrag nicht einseitig beseitigen. Er
muss also den Vertrag erfüllen. Gleich-
wohl sollte er für die Zukunft
• die bisherige Ersetzungspraxis für
Material und Geräte durch allgemeine
Bekanntmachung (zum Beispiel im In-
tranet oder per E-Mail an die Mitarbei-
ter) beenden,
• keine selbstständige Ersetzungspra-
xis durch die Mitarbeiter (mehr) dulden
sowie
• einzelnen Personen eine (im Innen-
verhältnis begrenzte) Vollmacht ertei-
len, damit sie für Ersatz von Büromate-
rial sorgen können.
Wann haftet der Arbeitnehmer?
Was aber ist, wenn dem Arbeitgeber im
Rahmen eines durch den Arbeitnehmer
durchgeführten Geschäftsabschlusses
ein Schaden entsteht? Diese Frage ist
unter Berücksichtigung der allgemei-
nen Grundsätze zur arbeitsrechtlichen
Arbeitnehmerhaftung, also zu den Haf-
tungsfolgen bei Pflichtverletzungen
des Arbeitnehmers bei betrieblicher
Tätigkeit zu beantworten. Zu denken ist
hier insbesondere an Schädigungen des
Arbeitgebers in Form eines Sach-, Per-
sonen- oder Vermögensschadens, aber
auch an Schädigungen von Arbeitskolle-
gen oder anderen Dritten.
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber
vom Arbeitnehmer Schadensersatz ver-
langen, wenn dieser seine Pflichten aus
dem Arbeitsvertrag verletzt hat, der Ar-
beitnehmer die Vertragsverletzung zu
vertreten hat, dem Arbeitgeber hieraus
ein Schaden erwächst und zwischen
Vertragsverletzung und Schaden ein
Kausalzusammenhang besteht. Etwaige
Ansprüche über Erstattung eines Scha-
dens zwischen den Arbeitsvertrags-
parteien sind nach den zivilrechtlichen
Normen des BGB zu beurteilen. Danach
müsste der Arbeitnehmer bereits bei
einer (leicht) fahrlässigen Pflichtverlet-
zung die daraus resultierenden finanzi-
ellen Schäden vollumfänglich ersetzen.
Dies kann – je nach Schadenssumme –
dazu führen, dass der Arbeitnehmer in
seiner Existenz gefährdet ist.
Betriebliche Veranlassung und
der Grad der Fahrlässigkeit
Vor diesem Hintergrund schränkt die
höchstrichterliche Rechtsprechung in
bestimmten Fällen die Arbeitnehmer-
haftung ein, obwohl schuldhaft ein Scha-
den verursacht worden ist. Bezugspunkt
für die Haftungsminimierung ist die so-
genannte „betriebliche Veranlassung“.
Hierunter sind solche Tätigkeiten des
Arbeitnehmers zu verstehen, die ihm
arbeitsvertraglich übertragen worden
sind oder die er im Interesse des Arbeit-
gebers für den Betrieb ausführt. In Ab-
hängigkeit von dem Verschuldensgrad
des Arbeitnehmers wird die Haftung
zwischen Arbeitgeber und Arbeitneh-
mer folglich aufgeteilt (sogenannter „in-
nerbetrieblicher Schadensausgleich“).
Für diese Haftungsverteilung sind
stets sämtliche Umstände des Einzelfalls
zu berücksichtigen. Gleichwohl haben
sich drei Haftungsstufen herausgebildet:
• Leichte Fahrlässigkeit: Der Arbeitneh-
mer haftet nicht bei geringfügigen oder
leicht entschuldbaren Nachlässigkeiten,
die jedemMitarbeiter passieren können.
• Mittlere Fahrlässigkeit: Normale oder
mittlere Fahrlässigkeit ist bei Fehlern
gegeben, die nicht nur ein geringfügi-
ges, aber auch noch kein grobes Fehl-
verhalten darstellen. Der entstandene
Schaden ist unter Berücksichtigung der
Gesamtumstände von Schadensanlass
und Schadensfolgen zwischen Arbeit-
nehmer und Arbeitgeber aufzuteilen.
Dabei sind unter anderem die Gefahrge-
neigtheit der Tätigkeit, die Schadenshö-
he, die Stellung des Arbeitnehmers und
sein bisheriges Verhalten im Betrieb so-
wie die Versicherbarkeit des Risikos zu
berücksichtigen.
• Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz: Der
Arbeitnehmer handelt grob fahrlässig,
wenn er die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt in besonders schwerem Maße
verletzt und Verhaltensregeln miss-
achtet, die im konkreten Fall jedem
einleuchten müssen. Vorsatz ist dann
gegeben, wenn der Arbeitnehmer den
Schaden wissentlich und absichtlich
herbeiführt. Grundsätzlich haftet der
Arbeitnehmer in beiden Fällen für den
gesamten Schaden.
Zurück zum Kopierer-Fall: Vor dem
Hintergrund der Fahrlässigkeitsstufen
könnte in unserem Fall bei einer strei-
tigen Auseinandersetzung eine Ein-
stufung als „mittlere Fahrlässigkeit“
wahrscheinlich sein. Dem Mitarbeiter
dürfte klar gewesen sein, dass Luxus-Ko-
piergeräte nicht zwingend erforderlich
Auch in Einkaufsfällen
gelten die Besonderheiten
der Arbeitnehmerhaftung.
Bezugspunkt ist die soge-
nannte „betriebliche Veran-
lassung“, die zu einer Mini-
mierung der Haftung führt.
Muster
Prokura vereinbaren, beim Handels-
register anzeigen oder löschen (HI100304)
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Personal Office (HPO). Internetzugriff:
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