Seite 66 - personalmagazin_2013_06

Basic HTML-Version

personalmagazin 06 / 13
66
Recht
_Urteilsdienst
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Unfall auf dem Weg zur Raucherpause ist nicht versichert
Das Sozialgericht Berlin hat entschieden,
dass eine auf dem Weg vom Arbeitsplatz
zur Raucherpause oder auf dem Weg zurück
erlittene Verletzung nicht als Arbeitsunfall
zu entschädigen ist. Der Grund: Es mangelt
ist, dass bei erlaubten Pausen und einem
damit verbundenen ebenfalls erlaubten
Ortswechsel zu unterscheiden ist, welcher
privaten Tätigkeit in der Pause im jeweiligen
Fall nachgegangen wird.
dem Geschehen an einer Qualifizierung als
versicherter Wegeunfall. Die Berliner Rau-
cherentscheidung ist nach Meinung von
Fachleuten kritisch zu hinterfragen, weil
damit die wertende Feststellung verbunden
Urteil des monats
Die Entscheidung des Sozialgerichts hat in den Medien durch Schlag-
zeilen wie etwa „Raucherpause ist nicht versichert“ für Verwirrung
gesorgt. Dies bedarf zunächst der Klarstellung: Auch nach der
bisherigen einheitlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
sind Arbeitnehmer während der Arbeitspausen bis auf wenige
Ausnahmen, bei denen ein konkreter Bezug der Pause zur Tätig-
keit vorliegt, stets ohne Versicherungsschutz. Dies gilt sowohl für
allgemeine Erholungspausen als auch insbesondere für die Pausen,
in denen der Arbeitnehmer Mahlzeiten einnimmt. Wenn schon die
Nahrungsaufnahme, so der sozialversicherungsrechtliche Termini-
nus, durchweg zur „eigenwirtschaftlichen Tätigkeit“ gehört, dürfte
dies selbstredend auch für das Rauchen gelten.
Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung der jeweilige Weg
zum Pausenort, sei es der Aufenthaltsraum, die Betriebskantine
oder auch der Toilettengang, unfallrechtlich privilegiert. Erst beim
Durchschreiten der Pausenraum-, Kantinen- oder Toilettentür begibt
sich der Arbeitnehmer nach einhelliger Auffassung in den unversi-
cherten „privaten Bereich“.
Die Berliner Sozialrichter heben diese Trennung zwischen versicher-
tem Wegeunfall und unversicherter Privattätigkeit im Falle der Rau-
cherpause auf. Damit sind die Grenzen zu den bisher unstreitigen
Mitbewerberauskunft
Zusammenfassung
Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen
den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen
anderen Bewerber eingestellt hat.
relevanz
Das Urteil konnte vom Bundesarbeitsgericht nicht auf
direktem Wege entschieden werden. Vorab war der Europäische
Gerichtshof (EuGH) mit der Frage angerufen worden, ob sich ein
Auskunftsanspruch generell aus den Diskriminierungsrichtlinien des
Gemeinschaftsrechts ergibt. Der EuGH hatte eine solche generelle
Diskriminierung nicht gesehen, sondern darauf hingewiesen, dass
sich eine solche im Einzelfall aus der konkreten Indizienlage erge-
ben könnte. Auf dieser Grundlage hat das BAG jetzt die Entschädi-
gungsklage endgültig abgewiesen.
Prozesskosten
Zusammenfassung
Eine Partei verstößt gegen ihre Kostenmin-
derungspflicht, wenn sie ihrer Gewerkschaft das Mandat entzieht
und es dem auch als Anwalt zugelassenen Rechtsschutzsekretär
überträgt. Die entstandenen Rechtsanwaltskosten sind in diesem
Fall nicht erstattungsfähig.
relevanz
Das Urteil zeigt, dass die in arbeitsrechtlichen Berufungs-
verfahren bestehende Erstattungspflicht für die Rechtsanwaltskosten
der obsiegenden Parteien dem Grundsatz von Treue und Glau-
ben unterliegt. Eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung machte es nicht erforderlich, der Gewerkschaft
das Mandat zu entziehen und einen Rechtsanwalt mit der weiteren
Vertretung zu beauftragen.
Wegeunfällen mit Pausenbezug nicht mehr praxisgerecht zu ziehen.
Im Zuge der Ermittlungen bei einem betrieblichen Unfall müsste
explizit abgefragt werden, ob das Aufsuchen eines Pausenbereichs
raucherbezogen oder aus sonstigen Gründen erfolgt.
Mal kurz eine rauchen – dieser Gang bekommt einen Sonderstatus.
Quelle
SG Berlin, Urteil vom 23.1.2013, S 68 U 577/12
Quelle
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.1.2013, 17 Ta 6118/12
Quelle
BAG, Urteil vom 25.4.2013, 8 AZR 287/08