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B
ekanntlich verbietet das deut-
sche Allgemeine Gleichbe-
handlungsgesetz (AGG), einen
Arbeitsplatz diskriminierend
auszuschreiben. Das bedeutet, in einer
Stellenausschreibung darf grundsätz-
lich nicht nach einem der durch das
AGG geschützten acht Kriterien Rasse,
ethnische Herkunft, Geschlecht, Religi-
on, Weltanschauung, Behinderung, Al-
ter oder sexuelle Identität differenziert
werden. Das gilt auch für ausländische
Unternehmen, die in Deutschland Stel-
lenanzeigen schalten, jedenfalls wenn es
um eine Tätigkeit in Deutschland geht.
Oder allgemeiner ausgedrückt: Das AGG
ist anwendbar in allen Fällen, in denen
das zugrunde liegende Arbeitsverhält-
nis deutschem Recht unterliegt. Das gilt
Von
Peter H. M. Rambach
dann auch schon im Anbahnungs- und
Bewerbungsstadium. Ist ein Arbeitneh-
mer in Deutschland für einen Arbeitge-
ber mit Sitz im Ausland tätig, sind alle
deutschen Rechts- oder Verwaltungs-
vorschriften über die Gleichbehandlung
von Männern und Frauen sowie andere
Nichtdiskriminierungsbestimmungen
anwendbar; das ist ausdrücklich im Ar-
beitnehmerentsendegesetz geregelt (§ 2
Nummer 7 AEntG). Etwas anderes ist
es aber, wenn ein ausländisches Unter-
nehmen in Deutschland Arbeitnehmer
für eine Tätigkeit im Ausland sucht.
Die Geltung von Gesetzen ist nämlich
grundsätzlich auf das Staatsgebiet be-
schränkt. Das heißt: Deutsche Gesetze
gelten in Deutschland und Schweizer
Gesetze gelten in der Schweiz. Gegen
eine in Deutschland geschaltete dis-
kriminierende Stellenanzeige eines
ausländischen Unternehmens für eine
Tätigkeit im Ausland kann ein Bewer-
ber oder eine Bewerberin deshalb im
Inland arbeitsrechtlich nicht mit Er-
folg vorgehen. Ein Verbandsklagerecht
gibt es nicht; ebenso wenig besteht ein
Recht, fremdes Recht im eigenen Namen
geltend zu machen; damit haben auch
„Abmahnvereine“ kein Betätigungsfeld.
Die Bewerbungsermunterung sollte
auch bei uns zulässig sein
Unabhängig von der fehlenden Klage-
möglichkeit halte ich die Züricher „Quer-
einsteigerinnen-Kampagne“ aber auch
nach deutschem Recht für zulässig. Eine
Ausschreibung ist geschlechtsneutral
formuliert, wenn sie sich in ihrer gesam-
ten Ausdrucksweise sowohl an Frauen
als auch an Männer richtet. Es ist aber
nicht untersagt, Angehörige eines Ge-
schlechts besonders zu einer Bewerbung
zu ermuntern; im öffentlichen Dienst ist
das bei uns in Frauenförderungsgeset-
zen sogar vorgegeben. Die Blickfang-
ausschreibung setzt dies in originellerer
Weise um. Aber selbst wenn man dies
als Tatsache ansähe, die eine Benachtei-
ligung wegen des Geschlechts vermuten
lässt, wäre diese Vermutung widerleg-
lich, zum Beispiel durch die vollständige
Ausschreibung auf der Homepage des
Unternehmens oder durch die Einstel-
lung von männlichen Bewerbern.
Sympathie für die Schweizer
Meinung.
Wie ist die Blickfangkampagne der Verkehrsbetriebe Zürich aus deutscher
„AGG-Sicht“ zu beurteilen? Ein Arbeitsrechtsexperte kommentiert.
Dr. Peter H.M. Rambach
ist Fachanwalt für Arbeits-
recht bei der Kanzlei Fettweis
und Sozien, Freiburg.
Recruiting-Kampagne der VBZ: Besonders Frauen werden ermuntert, sich zu bewerben.
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