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Management
_Konfliktmanagement
personalmagazin 06 / 13
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Nicole Musäus-Rausch
ist Seniorberaterin bei der
Internal Relations GmbH und
Wirtschaftsmediatorin.
dem die interne Kommunikations- und
Feedbackkultur thematisiert wird und
der die Notwendigkeit der Neugestal-
tung der Konfliktkultur deutlich werden
lässt, kann ebenso zur Einführung eines
Konfliktmanagementsystems führen.
In einem mittelständischen Unter-
nehmen mit etwa 6.000 Mitarbeitern
hat beispielsweise ein Mitarbeiter der
Rechtsabteilung, der eine Weiterbil-
dung zum Mediator absolviert hat, das
Thema entwickelt und so weit vorange-
trieben, dass er inzwischen als zentrale
Konfliktanlaufstelle agiert. Bei dem Per-
sonaldienstleister Hofmann Personal in
Nürnberg war das Thema zunächst bei
der Geschäftsleitung und den Führungs-
kräften platziert. Mit zunehmender Größe
des Unternehmens und dem wachsenden
Anspruch an eine Professionalisierung
wurde ein entsprechend ausgebildeter
Ombudsmann installiert. Aufgrund ihrer
Funktion und Verantwortlichkeiten sind
es auch oft die Leiter der Personalabtei-
lung, die die Initiative ergreifen. Im aller-
besten Fall laufen hier sogar Rechts- und
Personalwesen zusammen, wie es bei
Grundig praktiziert wird.
Anfang und Aufbau entscheiden über
Akzeptanz und Erfolg des Systems
Wie lässt sich ein Konfliktmanagement-
system aufbauen und welche Aufgaben
erfüllt es bestenfalls, hat man sich ein-
mal dafür entschieden? Je nach Unter-
nehmensgröße und -struktur kann der
Aufbau von einfach und pragmatisch bis
zu hin zu sehr komplex angelegt sein;
die Bandbreite ist sehr groß.
Alle Systeme haben jedoch folgende Auf-
gabengebietemehr oderweniger gemein:
• Etablierung von Konfliktanlaufstellen
• Interne Kommunikation und Verände-
rung des Konfliktverständnisses
• Identifizieren und Differenzieren von
Konflikten
• Konfliktanalyse und Entscheidung
über die Konfliktlösungsmethodik
• Herbeiführen von konkreten Lösun-
gen, im besten Fall Setzen von allge-
meinen Verfahrensstandards
• Analyse der Konfliktstrukturen und
Eskalationsgrade bis hin zu einem
Frühwarnsystem beispielsweise in
Veränderungsprozessen
• Ableitung von Maßnahmen zur Prä-
vention
• Qualitätssicherung der Konfliktbear-
beitung
Handeln, Lösen, Lernen als Bausteine
des Konfliktmanagements
Aufgebaut werden kann das System
nach der Devise „Handeln, Lösen und
Lernen“. Der erste Baustein „Handeln“
bestimmt Konfliktanlaufstellen für den
Erstkontakt. Hier wird der Konflikt auf-
genommen, beraten und entschieden,
welches Verfahren eingesetzt werden
soll. Eine solche Anlaufstelle kann bei-
spielsweise ein Ombudsmann sein, der
relativ autark agiert und das Vertrau-
en der Mitarbeiter genießt. Alternativ
kann auch ein Mitarbeiter der Personal-
abteilung diese Funktion übernehmen.
Ganz wichtig ist hier die interne Kom-
munikation, die die Zugangshürden
möglichst gering hält; Intranet und Mit-
arbeiterzeitung sind bei Weitem nicht
ausreichend. „Als Ombudsmann werde
ich in jedem Arbeitsvertrag genannt.
Zudem erhält jeder Mitarbeiter unsere
Wertekarte in Scheckkartenformat, auf
der meine Telefonnummer vermerkt
ist. So bin ich für jeden direkt erreich-
bar“, erläutert aus der Praxis Michael
Bayerlein, Ombudsmann bei Hofmann
Personal.
Der Baustein „Lösen“ beinhaltet die ei-
gentliche Konfliktbearbeitung durch Klä-
bausteine eines Konfliktmanagementsystems
Die drei Elemente eines Konfliktmanagementsystems werden von unterschiedlichen
Stellen im Unternehmen wahrgenommen. Auch Externe können hilfreich sein.
Handeln
Lösen
Lernen
Kommunikation
Anlaufstellen
Verfahrensauswahl
Kompetenzaufbau
Konfliktbearbeitung
Richtlinien
Dokumentation
Controlling
Impulse
Evaluierung
rungsgespräche, Teamentwicklung bis
hin zur Mediation durch einen externen
Mediator sowie den Aufbau von Konflikt-
lösungskompetenz etwa durch moderier-
te Workshops und Seminare.
Der letzte Baustein „Lernen“ ist sicher-
lich eine der größten Herausforderungen
des Konfliktmanagements. Denn um die
Akzeptanz der Mitarbeiter in der Fläche
zu erreichen, muss erst eine kritische
Masse von positiven Erfahrungen über-
wunden werden. Oberstes Gebot ist daher
von Anfang an Vertraulichkeit, sowohl
was den einzelnen Mitarbeiter wie auch
was die jeweilige Führungskraft betrifft.
So können Impulse für die Organisations-
entwicklung gesetzt werden.
Konfikte vom Wertevernichter in
Wertetreiber umwandeln
Bei der Einführung eines Konfliktma-
nagementsystems sind je nach Unter-
nehmen einige Hürden und Widerstän-
de zu überwinden. Um nicht gleich zu
Beginn ausgebremst zu werden, ist es
ratsam, im Vorfeld eine sorgfältige Ana-
lyse vorzunehmen und entsprechend
zu planen. Sind diese Hürden erst ein-
mal genommen, wird deutlich, welches
Potenzial hinter einem Konfliktmanage-
mentsystem steckt. Professionell gema-
nagt werden Konflikte vom Wertever-
nichter zum Wertetreiber.