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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
ten muss, sollte selbstverständlich sein
und wird von meinen Interviewpartnern
bestätigt. Ich habe in meiner Beratungs­
praxis aber auch andere Führungskräf­
te erlebt, denen die Auseinandersetzung
mit dem Thema Selbstführung erst die
Augen für die persönliche Belastungs­
situation geöffnet hat. Die vorbildliche
Beschäftigung mit schonungsloser
Selbstanalyse, konsequenter Selbstver­
antwortung und wirksamer Selbststeu­
erung zeigt eben auch den Stress und
die Sandwichposition auf, denen sich
HR-Führungskräfte ausgesetzt fühlen.
Angesichts der wachsenden Anforde­
rungen an Personalchefs werden sich
diese häufig selbst an der Grenze zum
Ausbrennen sehen.
Überprüfen Sie sich selbst
Nach der alten Formel „take it, change it
or leave it“ schlage ich Führungskräften
vor, sich selbst und die eigene Tätigkeit
zu überprüfen:
• Take it: Ich kann meine gegenwärtige
Situation schätzen, zumindest ertragen.
Ich kann darin wachsen und meinen
Beitrag zum Unternehmen liefern.
• Change it: Die Situation erfordert eine
Veränderung – meine eigene oder die
des Unternehmens. Ich kann meine Ar­
beitsumstände aktiv beeinflussen und
ändern. Ich habe eine Wirkung auf das
Unternehmen, daran kann ich wachsen.
Es lohnt sich, Einfluss zu nehmen.
• Leave it: Ich habe keine Chance auf
gelingende Veränderungen und nehme
persönlich Schaden. Meine Situation
ist in der Summe „toxisch“. Ich schütze
mich und richte meine Energie auf das
Verlassen der Organisation.
Nach meiner Erfahrung bürden wir
den Leistungsträgern in den Unter­
nehmen derzeit Rollen und Aufgaben
– auch im Personalbereich – auf, die
mindestens auf mittlere Sicht gerade
die Engagierten, die Ungewöhnlichen,
die Veränderer aussaugen. Das ist nicht
sehr wertschätzend. Angesichts der
Rollen- und Aufgabenvielfalt tun solche
Führungskräfte gut daran, sich radikal
immer wieder zu überprüfen und sich
die Frage zu stellen, ob und wie sie den
aktuellen Herausforderungen gewach­
sen sein können. Selbstführung kann in
diesem Zusammenhang helfen, sich zu
schützen und Grenzen zu ziehen.
Die Verantwortung der Personalchefs
Die Führung der eigenen Person ist eine
Grundkompetenz für Führungskräfte
auf allen Ebenen. Dem Personalbereich
kommt es zu, für das Unternehmen ge­
zielte Lernangebote für dieses Feld zu
schaffen, in denen diese Fähigkeiten
ausgebaut werden können. Die Perso­
nalchefs selbst prägen die Kultur des ei­
genen Bereichs und nehmen insgesamt
Einfluss auf die Unternehmenskultur.
Sie stehen vor der besonderen Heraus­
forderung, sich in vorbildlicher Weise
selbst zu führen. Dies gelingt durch
achtsame Haltung, durch geeignete Me­
thoden und Instrumente der Selbstrefle­
xion und durch die Fokussierung auf die
Hauptaufgaben. Die Selbstführung kann
die Basis schaffen, um andere erfolg­
reich zu führen, wenn sich im Resultat
persönliche Glaubwürdigkeit, authenti­
sches Auftreten und echte Vertrauens­
würdigkeit einstellen.
bereichs reflektieren und innerhalb des
Unternehmens „anfassbar“ machen,
sich demDialog stellen. Reflexion ist also
das zentrale Stichwort.
Förderung der Selbstführung
Die befragten Personalchefs berichte­
ten übereinstimmend, dass das Thema
Selbstführung eine zentrale Rolle bei
der Auswahl und der Weiterentwick­
lung speziell von Führungskräften
einnimmt. Und den Interviewten ist
bewusst, dass sie immer auch selbst als
Vorbild agieren müssen, denn die Mitar­
beiter prüfen kritisch, ob das Geforderte
mit dem Vorgelebten übereinstimmt.
Was geschieht konkret in den Un­
ternehmen? In den internen Weiterbil­
dungsprogrammen für Führungskräfte
der dm-Drogeriemärkte wird ein Wei­
terbildungsmodul angeboten, das sich
explizit mit dem Thema Selbstführung
befasst. Auch Alexandra Krone kann ein
seit 2008 durchgeführtes Nachwuchs­
programm aufweisen, bei dem eines der
ersten Module das Thema fokussiert.
Zentrale Aspekte sind die Förderung der
Selbstreflexionsfähigkeit und die Steige­
rung der Eigensteuerung. Es gibt weitere
Beispiele, die aufzeigen, dass die grund­
legende Fähigkeit der Selbstführung
in das Curriculum der Weiterbildung
aufgenommen werden muss. Bei Ede­
ka etwa durchlaufen sowohl angestellte
Führungskräfte als auch selbstständige
Unternehmer sogenannte Kompetenz­
programme, die systematisch Methoden
und Instrumente der Selbstorganisation
vermitteln. Hierzu liegen mittlerweile
praxistaugliche Konzepte vor. Ich selbst
nutze in Coachings mein Modell der
„Sieben Felder der Selbstführung“, um
die wesentlichen Stärken und Schwä­
chen schnell und präzise zu ermitteln
und Entwicklungsziele zu vereinbaren.
Augen auf für die eigene Belastung
Selbstreflexionsfähigkeit wird als Ein­
stellungsvoraussetzung für alle Füh­
rungskräfte gefordert. Dass dies auch
für die Position eines Personalchefs gel­
Dr. Burkhard Bensmann
ist Berater,
Buchautor und Honorarprofessor für Kom-
munikation und Organisationsentwicklung.
Als Ergebnis seines Forschungsprojekts
entwickelte Burkhard Bensmann ein
Modell, das die sieben relevanten Fel-
der der Selbstführung erfasst.
Quelle: Burkhard Bensmann
7-Felder-Modell
Vision und Mission
1
Körper, Seele, Geist
2
Fähigkeiten und Selbstentwicklung
3
Partner, Mitarbeiter und Netzwerk
4
Prozesse und Strukturen
5
Projekte und Produkte
6
Mehrwert
7