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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
der gerichtlichen Entscheidung einge-
leitet werden. Führt das Statusverfahren
nicht mehr rechtzeitig vor der Wahl zu
einer verbindlichen Klärung, kann es
sinnvoll sein, durch Vereinbarung – so-
weit erforderlich unter Einbindung der
Gewerkschaft – eine Lösung zu suchen.
Die zwischen den Tarif- oder (nachran-
gig) Betriebsparteien vereinbarte Struk-
tur ist nämlich spätestens für die nächste
Betriebsratswahl maßgeblich (§ 3 Abs. 4
BetrVG). Absprachen mit dem aktuellen
Betriebsrat über die Wahl sind dagegen
weniger sicher, weil der Wahlvorstand
daran nicht gebunden ist.
Berichtigung von Fehlern während
des Wahlverfahrens
Zulässig sind aber in aller Regel berich-
tigende Eingriffe in das Wahlverfahren,
mit denen korrigierbare Fehler besei-
tigt werden. Denkbare Korrekturmaß-
nahmen sind zum Beispiel die Aufnah-
me eines Arbeitnehmers in oder seine
Streichung aus der Wählerliste, eine
abweichende Festlegung der Betriebs-
ratsgröße und/oder die Zulassung oder
Zurückweisung eines Wahlvorschlags.
Ein solcher korrigierender Eingriff
ist als milderes Mittel insbesondere
im Verhältnis zum Abbruch der Wahl
zwar stets vorrangig, aber leider nicht
immer möglich. Ist zum Beispiel ein
Wahlvorstand für einen vermeintlichen
Gemeinschaftsbetrieb gebildet worden,
der in Wahrheit aus mehreren Betrieben
besteht, ist kein berichtigender Eingriff
denkbar. Das Gleiche gilt für die Strei-
chung eines Kandidaten von den Stimm-
zetteln, wenn die Arbeitnehmer bereits
mit der Stimmabgabe begonnen haben.
In derartigen Fällen kommt an sich
nur noch der Wahlabbruch in Betracht.
Er ist nach der neuesten Rechtsprechung
des BAG aber nur noch extrem selten,
nämlich bei besonders schweren, vo-
raussichtlich zur Nichtigkeit der Wahl
führenden Fehlern möglich. In seinem
Beschluss vom 27.7.2011 (Az. 7 ABR
61/10) geht das BAG insoweit nämlich
davon aus, dass nur einem in nichtiger
Wenn Fehler bei Betriebsratswahlen auf dem gerichtlichen Prüfstand stehen, wird
zwischen den Fällen „Anfechtbarkeit“ und „Nichtigkeit“ unterschieden.
Anders als die erfolgreiche Wahlanfechtung, die nur Auswirkungen für die Zukunft hat,
wirkt die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl zurück: Ein nichtig gewählter Betriebsrat
hat rechtlich nie bestanden. Seine Handlungen sind alle unwirksam und seine Mitglie-
der genießen keinen Sonderkündigungsschutz (§§ 15 KSchG, 103 BetrVG) als Betriebs-
ratsmitglieder (allenfalls einen vorübergehenden, nachwirkenden als Wahlbewerber).
Die Nichtigkeit der Wahl kann von jedermann jederzeit geltend gemacht werden,
sofern daran ein berechtigtes Interesse besteht. Fristen müssen nicht gewahrt werden.
Erforderlich ist aber ein Nichtigkeitsgrund, an den das BAG wesentlich höhere Anforde-
rungen stellt als an einen Anfechtungsgrund. Die Nichtigkeit setzt voraus, dass gegen
allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen
worden ist, dass nicht einmal mehr der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden
Wahl besteht. Die Betriebsratswahl muss quasi „den Stempel der Nichtigkeit auf der
Stirn tragen“. Nur in diesem Ausnahmefall, in dem für jeden ganz klar ist, dass ein wirk-
sam gewählter Betriebsrat nicht besteht, ist die Wahl von Anfang an nichtig.
Angesichts dieser hohen Anforderungen des BAG überrascht nicht, dass sie nur ganz
selten erfüllt sind. Denkbar ist das zum Beispiel, wenn während der Amtszeit eines
ordnungsgemäß gewählten Betriebsrats für denselben Betrieb oder Betriebsteil ohne
begründeten Anlass ein weiterer Betriebsrat mit dem Ziel gewählt wird, den amtieren-
den Betriebsrat abzuwählen, wenn ein Betriebsrat spontan in einer Betriebsversamm-
lung durch Zuruf gebildet wird oder eine bindende gerichtliche Entscheidung nach § 18
Abs. 2 BetrVG ignoriert oder die Betriebsratswahl ohne Wahlvorstand durchgeführt wird.
Ein dicker Fehler führt zur Nichtigkeit
Praxisbeispiel
Hintergrund
Bundesarbeitsgericht: Manchmal
endet erst hier der Wahlstreit.
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