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Organisation
_Vergütung
personalmagazin 10 / 13
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Führungsfunktionen mit wenigen Mit-
arbeitern noch relativ groß ist, reduziert
sich der Anteil von Frauen auf den weite-
ren Führungskräftestellen auf zehn Pro-
zent. Dies führt dazu, dass der Wert der
sogenannten Führungsverantwortung
(Stufe eins (ohne Führung) bis sechs
(maximale Führungsverantwortung))
sich bei Frauen bei durchschnittlich
1,2 gegenüber 1,5 bei Männern bewegt.
Unterschiede auf Basis von
Ausbildung und Altersstufen
Direkt nach dem Berufseinstieg von jun-
gen Frauen und Männern zeigt sich in
den meisten Unternehmen keine oder
eine nur sehr geringe Entgeltlücke. Dies
ist fast unabhängig vom letzten Ab-
schluss (Berufsabschluss, Zusatzqualifi-
kation, Bachelor oder Master).
So liegt die Entgeltlücke in der Alters-
gruppe der 20- bis 29-Jährigen bei le-
diglich 3,23 Prozent. Aber bereits in der
Altersgruppe 30 bis 39 Jahre liegt die Ent-
geltlücke bei 10,42 Prozent, um dann in
der Altersgruppe 40 bis 49 Jahre sprung-
haft auf 21 Prozent anzusteigen. Ab dieser
Gruppe bewegt sich die Entgeltlücke dann
zwischen 21 Prozent und fast 27 Prozent
(Über-60-Jährige). Dieser rapide Anstieg
liegt in der Zeitt, in der Männer typischer-
weise Karriere umsetzen können.
Gleichzeitig lässt sich erkennen, dass
die Entgeltlücke bei Frauen mit Masterab-
schluss mit einem Wert von 16,8 Prozent
über alle Altersgruppen sehr hoch ist,
wohingegen die Werte in den darunterlie-
genden Ausbildungsstufen sich um den
Wert zehn Prozent (Berufsausbildung
12,7 Prozent) bewegen. Insbesondere
hoch qualifizierte Frauen verlieren also
sehr schnell den Anschluss an die Kar-
rierewege der Männer. Bedingt ist dies
in der Erwerbsunterbrechung, den unge-
nügenden Angeboten der Unternehmen,
während dieser Zeit das Know-how der
Frauen aktuell zu halten, sowie dem
hohen Anteil von Frauen mit Wieder-
einstieg (oder genereller Tätigkeit) in
Teilzeit (38 Prozent der Frauen versus
sieben Prozent der Männer), was leider
immer noch in vielen Fällen einer Fort-
setzung der Karriere widerspricht.
Für gut ausgebildete Frauen mit Ba-
chelor/Master gibt es sogar oft eine
regelrechte „Negativkarriere“ (von der
Spezialistin zur Sachbearbeiterin oder
Call-Center-Mitarbeiterin). Alarmierend
ist dabei vor allem das ungenutzte Wis-
sens- und Erfahrungspotenzial vieler gut
ausgebildeter Frauen.
Entgeltlücke im tariflichen wie außer-
tariflichen Bereich und bei Leitenden
Im Tarifbereich weisen 90 Prozent aller
Unternehmen eine (wenn auch nur ge-
ringe) Entgeltlücke aus. Diese ist natür-
lich nicht begründet in den Eingruppie-
rungsmerkmalen der Tarife, sondern in
den schlechteren (Fach- und Führungs-)
Karriereentwicklungen von Frauen
auch im Tarifbereich. Das zeigt sich in
dem oft schnelleren Durchschreiten
von Tarifstufen/-gruppen durch Männer
oder dem konsequenten Zuverdienst
der Männer durch Mehrarbeit und Boni
(auch ohne Hierarchieeffekt sind die
Männer stets die Hauptbezieher variab-
ler Einkünfte).
Auch zeigt sich, dass insbesonde-
re Organisationsbereiche mit hohem
Männeranteil (Vertrieb) an Zusatzver-
gütungen partizipieren, in von Frauen
geprägten Sachbearbeitungsbereichen
dies aber nicht so ist. Damit ergibt
sich nicht nur eine Schieflage aus Ver-
gütungssicht, sondern auch vor dem
Hintergrund des bestehenden Perfor-
mance-Managements (Leistung soll
Das Thema Entgeltlücke darf nicht isoliert betrachtet werden. Schritte dagegen müs-
sen strategisch eingebunden werden in ein Bündel weiterer Maßnahmen zu Familien-
freundlichkeit und Chancengleichheit. Dafür bieten sich folgende Ansatzpunkte an:
Reporting: Ohne Reporting keine Betroffenheit und damit keine Maßnahmen. Logib-D
bietet dazu einen ersten konsequenten Ansatz, der sich im betrieblichen HR-Controlling
fortsetzen muss.
Konsequente Maßnahmen zur Betreuung von Frauen in der Erwerbsunterbrechung,
verbesserte Maßnahmen zur potenzialorientierten Wiedereingliederung, keine be-
triebliche Akzeptanz für Negativkarrieren gut ausgebildeter Frauen in Unternehmen
(siehe hierzu auch das vom Bundesfamilienministerium geförderte Aktionsprogramm
„Perspektive Wiedereinstieg“).
Abkehr vom „Vollzeitansatz“ und konsequenter Ausbau von Führung und Projektarbeit
(von insbesondere qualifizierten Frauen) in Teilzeit. Teilzeit ist nach wie vor der „Karrie-
rekiller“ Nummer eins für Frauen. Gerade letztgenannter Aspekt ist für viele mittelstän-
dische Unternehmen aber auch eine große Chance, hochwertiges Know-how in Teilzeit
in die Unternehmen zu transferieren. Insbesondere dann, wenn diese Unternehmen für
diese Fachkompetenzen keine Vollzeitstellen vorhalten können (oder wollen).
Demografie: Wir leben in einer alternden Gesellschaft mit einer dauerhaften Dyna-
misierung der Bezüge und hohen (Lohn-)Kosten der alternden Belegschaft. In diesem
Kontext benötigen wir Flexibilität auf beiden Seiten der Altersachse. Dabei geht es zum
einen um ältere Mitarbeiter, die flexibler als heute und auch über die Altersgrenzen
hinweg zur Verfügung stehen, aber daneben auch um die aktive Nutzung von altersge-
mischten und/oder geschlechtsgemischten Teams bei gleichzeitiger „Work-Life-Balance“
für beide Zielgruppen. Nur auf diesem Wege lässt sich – auch zum Nutzen der Unterneh-
men (durchschnittlich niedrigere Personalkosten) – eine zielgerichtete Personalmisch­
kostenkalkulation insbesondere in den administrativen Bereichen aufbauen.
Maßnahmen gegen die Lohnlücke
Praxisbeispiel
HANDLUNGSFELDER