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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
der die 150 größten Unternehmen eines
Landes misst. Rund 7.000 Arbeitende
und Arbeitssuchende im Alter zwischen
18 und 65 Jahren werden online befragt,
jedoch keine Personalentscheider, Mit-
arbeiter der jeweiligen Unternehmen
oder Experten. Zehn Kriterien – von der
finanziellen Lage des Unternehmens
über Arbeitsplatzsicherheit und Karri-
erechancen bis zur Umweltfreundlich-
keit – werden betrachtet. Einen ganz
anderen Award vergibt das Personal-
marketingnetzwerk Queb, das 2013 eine
„Excellence Employer Branding Kam-
pagne“ auszeichnet. Kriterien für die
Bewerbung sind konzeptionelle Stärke,
Innovationsgrad, Aufmerksamkeitshö-
he, Effizienz und Nachhaltigkeit. Eine
Expertenjury führt hierbei die Bewer-
tung durch.
Awards sind zu unterschiedlich, um
sie wirklich einordnen zu können – hier
zählt letztlich der Imageeffekt, zum Teil
aber auch nur das Lob für den Personal-
verantwortlichen, der sich die Urkunde
ins Büro hängen darf.
Fünftens: Bewertung von
Einzelaspekten
Des Weiteren gibt es zahlreiche Arbeit-
geberbewertungen, die sich mit Ein-
zelaspekten von Personalentwicklung
bis Recruiting befassen. Sie werden
unterschiedlich professionell und um-
fangreich durchgeführt. So betrachtet
Potential Park in seinen jährlichen
Studien die Qualität der Online Talent
Communication, das heißt der Karriere-
Website, Online-Bewerbung, Social-Me-
dia- und mobilen Kommunikation. Mehr
als 25.000 Studenten, Absolventen und
Berufseinsteiger werden gefragt, mehr
als 100 Unternehmen pro Land anhand
von 242 Kriterien zu bewerten.
Ein anderes Beispiel ist die Recrui-
ting-Studie „Careers’s Best Recruiters“
des österreichischen Karriereratge-
bers „Career“, bei der die Qualität der
Recruiting-Maßnahmen und -Prozesse
der insgesamt 1.000 Top-Arbeitgeber in
Deutschland und Österreich analysiert
werden. Neben Online-Recruiting-Prä-
senz und Online-Stellenanzeigen wer-
den der Umgang mit Bewerbern durch
Initiativbewerbungen überprüft und
die Eindrücke der Bewerber gesammelt.
Die Jobbörse Absolventa zeichnet Unter-
nehmen für karrierefördernde und faire
Trainee-Programme aus, da der Begriff
„Trainee-Programm“ nicht geschützt ist
und unterschiedlich interpretiert wird.
Unternehmen werden überprüft und
können bei Erfüllung der erforderlichen
Qualitätsmerkmale die Auszeichnung
bekommen, die für das Unternehmen
kostenlos ist.
Vorteil dieser Studien: Wenn die
Untersuchungen sorgfältig durchge-
führt werden, liefern sie Unternehmen
wertvolle Informationen in Form eines
„Benchmarking“. Auch hier sorgt ei-
ne gute Bewertung für einen positiven
Imageeffekt, eine negative Bewertung
kann den gegenteiligen Effekt haben.
Doch oft werden ausschließlich die bes­
ten Unternehmen veröffentlicht.
Kein gesicherter Nutzen
Zusammenfassend lässt sich positiv
vermerken, dass die Vielzahl von Ar-
beitgeberbewertungen zu einer deutlich
höheren Medienpräsenz der Personal-
arbeit geführt hat und damit auch die
Aufmerksamkeit des Top-Managements
auf Themen wie Employer Branding ge-
richtet wurde. Gerade für kleinere und
mittlere Unternehmen bieten sie eine
gute Möglichkeit, nicht nur die eigenen
HR-Prozesse überprüfen zu lassen, son-
dern auch bekannter zu werden.
Dennoch bleiben viele Fragezeichen
und grundsätzliche Kritik bestehen.
Die inflationäre Zahl der Bewertungen
macht es Bewerbern nicht wirklich
leicht, sich ein Bild von einem Unterneh-
men zu machen. Die Verfahren sind oft
intransparent, auch auf den Webseiten
der Anbieter sind selten detaillierte In-
formationen zu finden. Zudem stellt sich
manchmal die Frage, ob Unternehmen
nicht für die hohen Kosten ein Siegel
oder Zertifikat „erwarten können“ und
wie es mit der Professionalität der Ver-
fahren aussieht.
Das schönste Zertifikat, die beste
Bewertung nützt am Ende aber nichts,
wenn nicht das innen gelebt wird, was
damit nach außen kommuniziert wird.
Letztendlich ist entscheidend, dass die
„richtigen“ Kandidaten mit dem rich-
tigen „cultural fit“ das Unternehmen gut
finden, sich bewerben und beim Unter-
nehmen anfangen – und nicht die breite
Masse. Inwiefern die Arbeitgeberbewer-
tungen dazu beitragen, ist offen. Und
es gibt auch keine gesicherten Erkennt-
nisse, ob Bewerber diese Bewertungen
überhaupt kennen und wahrnehmen,
ob sie sie hinterfragen und ob sie einen
Einfluss auf die Arbeitgeberwahl haben.
Denn zwei Studien kommen zu ganz
unterschiedlichen Ergebnissen: In den
„Recruiting Trends“ des Centre of Hu-
man Resources Information Systems
2013 sagen nur 5,6 Prozent der Be-
fragten, sie würden auf Kununu nach Ar-
beitgeberinformationen suchen. Anders
die Ergebnisse des Branchenverbands
Bitkom vom Mai 2013: Hier gibt jeder
vierte Internetnutzer (26 Prozent) an,
sich im Netz schon einmal über Arbeit-
geberbewertungen informiert zu haben.
70 Prozent von denen, die tatsächlich die
Absicht hatten, den Job zu wechseln, lie-
ßen sich durch diese Bewertung in ihrer
Entscheidung beeinflussen.
In Zukunft wird die Sichtbarkeit
von Unternehmen im Internet sicher-
lich an Bedeutung gewinnen. Gerade
die Generation Y, die jetzt auf den Ar-
beitsmarkt kommt, nutzt das Internet
als wichtigste Informationsquelle. Die
Generation Y verfügt aber auch über
eine hohe Medienkompetenz und hat
gelernt, Werbeversprechen zu miss-
trauen. Sie wird nicht vorschnell jede
Bewertung glauben.
Susanne Böhlich
ist
Professorin für International
Management an der Hoch-
schule Bad Honnef – Bonn.