Seite 30 - personalmagazin_2013_05

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Management
_Führung
personalmagazin 05 / 13
I
mmer häufiger ist von einer neuen
Art von Führung die Rede. Unter
dem Stichwort „Führung 2.0“ wird
diskutiert, wie sich diese künftig
ändern muss. Dabei steht „2.0“ für eine
neue Entwicklungsstufe der Führung,
genau wie Web 2.0 für eine neue Evoluti-
onsstufe des Internets steht. Gleichzeitig
wird durch die Parallelität im 2.0-Zusatz
auch die Verbindung zu Social Media als
zentralem Element des Web 2.0 heraus-
gestellt. Doch es gibt auch noch weitere
Treiber für eine Veränderung der Füh-
rung. Dies sind im Wesentlichen folgen-
de drei Einflussfaktoren:
• Wissensgesellschaft: Wissensarbeiter
sind ihrem Vorgesetzten fachlich in ih-
rem Spezialgebiet häufig überlegen. Da-
rum müssen sie in konzeptionelle und
strategische Fragen einbezogen werden.
• Generation Y: Die derzeit in die Un-
ternehmen eintretende Generation ist es
gewohnt, Informationen und Feedback
offen und schnell zu geben sowie zu be-
kommen. Diese Art der Kommunikation
erwartet sie auch vom Unternehmen.
• Social und Mobile Media: Neue Tech-
nologien erlauben eine ständige, multi-
laterale Kommunikation. Dies verändert
auch die Kommunikation in Firmen.
Um zu ermitteln, was hinter dem
Schlagwort „Führung 2.0“ steckt, wel-
che konkreten Erwartungen sich aus
den zuvor dargestellten Einflussfaktoren
auf eine Führungskraft 2.0 ergeben und
inwieweit die Vorgesetzten diese Erwar-
tungen heute bereits erfüllen, wurden
235 Führungskräfte und Personaler
Von
Thorsten Petry
deutschsprachiger Unternehmen in ei-
ner Online-Studie befragt.
Erwartungen an eine Führungskraft 2.0
Hinsichtlich der Erwartungen an eine
Führungskraft im Social-Media-Zeitalter
liegt der Fokus ganz klar auf Offenheit
(siehe Grafik auf Seite 31). Eine Füh-
rungskraft 2.0 muss offen kommunizie-
ren (63 Prozent), offenes Feedback geben
(57 Prozent) und auch selbst für Kritik
offen sein (37 Prozent). Führung 2.0 ist
somit vor allem eine offene Führung,
man spricht auch von „Open Leadership“.
Vor dem Hintergrund der dargestell-
ten Anforderungen der Wissensgesell-
schaft überrascht es auch nicht, dass das
Zulassen und Fördern von Selbststeue-
rung und -organisation ganz weit oben in
der Liste der Erwartungen steht (35 Pro-
zent). Die Komplexität ist heute viel zu
hoch, als dass Führungskräfte alles für
ihre Mitarbeiter fremdregeln könnten.
Führung 2.0 bedeutet, (einen Teil der)
Steuerungskontrolle aufzugeben. Dies
heißt aber nicht, dass Mitarbeiter künf-
tig agieren können, wie sie wollen. Hier
gilt es, zwischen der Kontrolle der Ar-
beit und der Ziele zu unterscheiden. Die
Kontrolle der Zielerreichung gehört na-
türlich nach wie vor zu den Aufgaben ei-
ner Führungskraft 2.0, der Weg dorthin
bleibt den Mitarbeitern künftig jedoch
mehr und mehr selbst überlassen. Es
gilt der Grundsatz: Kontrolle aufgeben
– Führung behalten.
Dass die Anforderungen „Sicherer
Umgang mit sozialen Medien“ (25 Pro-
zent) und „IT-Expertise“ (drei Prozent)
keine Spitzenplätze einnehmen, zeigt
deutlich, dass Führung 2.0 kein IT-, son-
dern ein Führungsstilthema ist. Social-
Media-Instrumente sind nur Hilfsmittel,
die dahinterliegende Kommunikations-
kultur ist wesentlich prägender.
Existenz von Führungskräften 2.0
Vor dem Hintergrund dieser Anforde-
rungen stellt sich natürlich die Frage,
inwieweit diese heute schon erfüllt
werden. Hierbei zeigt sich eine relativ
große Lücke zwischen Ist- und Sollsitua-
tion. Lediglich 17 Prozent der Befragten
geben an, dass viele der Führungskräfte
im jeweiligen Unternehmen diese Er-
wartungen erfüllen. Elf Prozent sehen
keine einzige solche Führungskraft in
ihrem Unternehmen.
Bezogen auf den eigenen direkten
Vorgesetzten halten immerhin 48 Pro-
zent der Befragten diesen für eine Füh-
rungskraft 2.0. Sogar 76 Prozent der
befragten Manager halten sich selbst für
eine Führungskraft 2.0. Diese beiden
Ergebnisse sind aber sicherlich etwas
zu relativieren. Zum einen nehmen an
Chef 2.0 gesucht
STUDIE.
Welche Erwartungen an Führungskräfte im Social-Media-Zeitalter gestellt
werden und inwiefern sie diese Anforderungen erfüllen, zeigt eine Umfrage.
Von einer Führungs-
kraft 2.0 erwarten sich
die Befragten vor allem
Offenheit – in der Kom-
munikation, beim Feed-
backgeben und in der
Annahme von Kritik.