Seite 28 - personalmagazin_2013_05

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Management
_Zukunftsfragen
Die Arbeitswelt von morgen
ESSAY.
Die Arbeitswelt wird sich grundlegend ändern. Thomas Sattelberger, ehemaliger
Telekom-Personalvorstand, zeigt seine spitzen Thesen für HR-Zukunft und -Zunft auf.
In Zukunft werden sie ergebniswirk-
sam entscheiden. Echte, demokratische
Willenbildungs- und Entscheidungspro-
zesse werden sich auch bei wichtigen
Geschäftsthemen etablieren.
Führung: Anliegen jenseits der Öko-
nomie sind kultureller Klebstoff.
Das Eintreten für gemeinsame Anlie-
gen, auch und gerade jenseits von rein
wirtschaftlichen Zielen, wird künftig
entscheidend sein, um Mitarbeiter zu
binden. Aus Belegschaften werden Frei-
willigenkonföderationen, die den Geist
von Non-Profit-Organisationen atmen.
Unternehmen werden damit auch zu Fi-
nanziers von und Wegbereitern für Lei-
denschaften von Betriebsmitgliedern.
Führung: Netzwerkstrukturen lösen
steile Hierarchien ab.
Netzwerkstrukturen
haben
stei-
le, pyramidenhafte Hierarchien und
Machtstrukturen zunehmend abgelöst.
Alte Arbeitszeitregimes werden obsolet.
Neue Karrierepfade beispielsweise für
Projektvarietät, Beratung oder Lebens-
stilintegration entstehen. Und: Füh-
rungskräfte müssen täglich mit Vielfalt
umgehen, denn die Diversität der Ge-
sellschaft spiegelt sich im Betrieb.
Gesundheit: Der Individualisierungs-
irrtum wird überwunden.
Unternehmensleitungen werden künf-
tig gefordert sein, Rahmen und Vorga-
ben für eine gesunde Unternehmens-
kultur zu setzen. Wir implementieren
heute jede Menge auf das Individuum
bezogener Präventions- und Repara-
turprogramme wie Training, Coaching,
oder Auszeiten. Dies ist der große Indi-
vidualisierungsirrtum im Gesundheits-
management. Wir sourcen das Thema
an den Einzelnen aus – und vernachläs-
sigen die Verantwortung von Führung
Von
Thomas Sattelberger
D
ie Arbeitswelt ist im Umbruch:
Fachkräftemangel, Führungs-
versagen, Social Media, Burn-
out, Wertewandel und Diversity
sind nur einige Schlagworte. Sowohl Wis-
senschaftler als auch Politiker und
Wirtschaftsvertreter sind sich einig: Die
Status-quo-Sicherung ist schädlich; neue,
andere Konzepte sind gefordert.
Doch wo wird die Entwicklung hinge-
hen? Die folgenden zwölf Thesen spie-
geln meine Sicht auf die Arbeitswelt im
Jahr 2023 wider. Sie orientieren sich an
vier zentralen HR-Handlungsfeldern, in
denen die Initiative Neue Qualität der
Arbeit aktiv ist: Personalführung, Ge-
sundheit, Wissen und Kompetenz sowie
Diversity. Ziel der Initiative ist eine Ver-
besserung der Qualität von Arbeit, von
der Unternehmen und Beschäftigte pro-
fitieren. Sie wurde 2002 von Bund, Län-
dern, Verbänden und Institutionen der
Wirtschaft, Gewerkschaften, Unterneh-
men, Sozialversicherungsträgern und
Stiftungen ins Leben gerufen als über-
parteiliches Netzwerk und Kompetenz-
zentrum für die Arbeitswelt von morgen.
Führung: Mitarbeiter sind „Unterneh-
mensbürger“ und wählen die Chefs.
Mitarbeiter werden 2023 „Unterneh-
mensbürger“ sein, die über die Quali-
tät von Führung abstimmen, also Füh-
rungskräfte wählen oder abwählen.
Schon heute bewerten Mitarbeiter und
Kunden in Befragungen die Güte von
Führung. Nur hat ihre Stimme keinerlei
Konsequenz für die Positionsinhaber.
Thomas Sattelberger
wirft einen Blick in
die Zukunft. Er sieht
zwölf Entwicklungen
auf HR zukommen.
© Studio LOSKE