Seite 67 - personalmagazin_2013_07

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Recht
_Kolumne
67
Liebe Personalexperten,
wenn in Ihrem
Betrieb ein Unfall passiert, dann müs-
sen Sie sich quasi von Amts wegen da-
rum kümmern und zur Aufklärung der
Frage beitragen, ob es sich um einen
Arbeitsunfall gehandelt hat oder ob das
Malheur bei einer unversicherten „ei-
genwirtschaftlichen Tätigkeit“ eingetre-
ten ist. Denken Sie aber daran: Mit der
Abgrenzung zwischen eigenwirtschaft-
licher (unversicherter) und betrieblicher
(versicherter) Tätigkeit ist das so eine
Sache. Manch ein Arbeitnehmer ist da
schon in Versuchung geraten, die unfal-
lauslösenden Umstände in eine betrieb-
liche Form zu frisieren. Selbstredend
sollten Sie sich aus solchen Kungeleien
heraushalten.
Was Sie dagegen wissen und Ihren
Mitarbeitern als legitimen Tipp mitteilen
sollten, ist das Phänonem, dass auch bei
scheinbar klaren eigenwirtschaftlichen
Tätigkeiten im konkreten Fall gleichwohl
ein Arbeitsunfall angenommen werden
kann. Dass es sich lohnen kann, darüber
zu streiten, zeigt eine Vielzahl von ge-
richtlichen Verfahren, bei denen es um
die, für die Betroffenen enorm wichtige,
Anerkennung von Arbeitsunfällen ging.
So ist eine Tätigkeit oftmals nicht eindeu-
tig dem einen oder anderen Bereich zu-
zuordnen und nach der Rechtsprechung
des BSG können durchaus auch soge-
nannte „gemischte Tätigkeiten“ einen
Unfallversicherungsschutz begründen.
Und es kann sogar ausreichen, dass eine
bestimmte Tätigkeit zwar dem Grunde
nach privater Natur ist, zumindest aber
auch einen betrieblichen Bezug hat. Das
Gesetz hilft hier nicht weiter, sondern
es muss die Rechtsprechung in all ih-
ren Facetten bekannt sein, um derartige
Abgrenzungen rechtssicher treffen zu
können. Das zeigt auch ein Blick auf
den – tatsächlich vorgefallenen – „Fri-
KOLUMNE.
Auch scheinbar private Tätigkeiten können bei
genauer Betrachtung einen Arbeitsunfall begründen.
Frikadellen sind
betrieblich verzehrbar
kadellen-Verschluck-Fall“. Der Unfall
bei einer eigentlich unversicherten Nah-
rungsaufnahme bekam durch ein auf-
gedrängtes Gespräch mit betrieblichem
Hintergrund einen betrieblichen Bezug.
Das führte letztlich zur Anerkennung
des Vorfalls als Arbeitsunfall.
Mein erwähnter Tipp hat im Übrigen
auch noch eine handfeste weitere und
Vielen nicht bekannte Seite. Nach der
Vorschrift des § 43 SGB kann man von
den Unfallversicherungsträgern eine
Art vorläufige Behandlung auf der Ba-
sis eines Arbeitsunfalls beanspruchen,
auch wenn diese ihre Leistungspflicht
mit demArgument, es habe kein Arbeits-
unfall vorgelegen, ablehnen. Vorläufige
Leistung bedeutet unter anderem, dass
nach einem Unfall berufsgenossen-
schaftliche Spezialkliniken in Anspruch
genommen werden können. § 43 SGB I
lautet: „Ist zwischen mehreren Leis-
tungsträgern streitig, wer zur Leistung
verpflichtet ist, kann der unter ihnen
zuerst angegangene Leistungsträger vor-
läufig Leistungen erbringen, deren Um-
fang er nach pflichtgemäßem Ermessen
bestimmt. Er hat Leistungen zu erbrin-
gen, wenn der Berechtigte es beantragt.“
Alles Gute und bis zum nächsten Mal.
Thomas Muschiol
ist
Leiter des Ressorts Recht im
Personalmagazin.
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Nach § 43 SGB I
kann in strittigen
Fällen der zuerst
angegangene Leistungs-
träger vorläufig in
Anspruch genommen
werden.