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Marco Ferme
arbeitet als
Fachanwalt für Arbeitsrecht
bei Beiten Burkhardt am
Standort München.
Dr. Thomas Drosdeck
arbeitet als Rechtsanwalt bei
Beiten Burkhardt am Standort
München.
ternehmenseinheitlichen Betriebsrats
sämtliche Betriebe und Betriebsteile
des Unternehmens insgesamt umfasst.
Wichtig ist hierbei der notwendige Ver-
gleich zwischen dem Zustand vor und
nach der Implementierung eines unter-
nehmenseinheitlichen Betriebsrats. Der
Arbeitgeber muss darlegen, dass der neu
gebildete Betriebsrat eine sachgerechte-
re Wahrnehmung der Aufgaben der Be-
triebsräte gewährleistet.
Für Regelungen, die mehrere oder
alle Betriebe eines Unternehmens be-
treffen, ist der Gesamtbetriebsrat zu-
ständig. Er kann auch Regelungen für
Unternehmensteile treffen, in denen es
keinen Betriebsrat gibt. Für unterneh-
mensübergreifende Regelungen ist der
Konzernbetriebsrat zuständig, wobei
geprüft werden muss, ob der Abschluss
mit dem herrschenden Unternehmen
genügt oder ob die jeweiligen Tochterge-
sellschaften und damit deren Gesamtbe-
triebsräte einbezogen werden müssen.
Wichtig: Eine Betriebsvereinbarung
gemäß § 3 BetrVG kann nur freiwillig
abgeschlossen werden (lesen Sie mehr
dazu auf Seite 61).
Alte Betriebsvereinbarung erneuern
Grundsätzlich treten die Regelungen
des Tarifvertrags und der Betriebsver-
einbarung erstmals bei der nächsten
regelmäßigen Betriebsratswahl in Kraft.
Allerdings kann durch Tarifvertrag oder
Betriebsvereinbarung werden, dass die
Betriebsratswahlen zu einem anderen
Zeitpunkt vorgenommen werden und
damit die Amtszeit der bestehenden Be-
triebsräte vorzeitig endet. Die insoweit
neu gebildeten Organisationseinheiten
sind dann „Betriebe“ im Sinne des Be-
trVG. Bestehende Betriebsvereinbarun-
gen gelten, trotz der Neuorganisation,
grundsätzlich normativ mit dem gegen-
ständlich beschränkten Geltungsbereich
fort. Das bedeutet, dass neben der Neu-
organisation der Arbeitnehmervertre-
tungen gegebenenfalls auch Betriebsver-
einbarungen neu verhandelt oder neu
abgeschlossen werden müssen.
Mehr Dynamik, weniger Kosten
Zum Teil wird davon ausgegangen, dass
einem mitbestimmten Unternehmen
für die Umsetzung des BetrVG je Mitar-
beiter Kosten in Höhe von 650 Euro im
Jahr entstehen. Insoweit kann eine Re-
duzierung der Mandatsträger neben den
Verbesserungen in der Zusammenarbeit
auch zu Kosteneinsparungen führen.
Unter dem Gesichtspunkt der Dy-
namik und der Effizienz bringt eine
unternehmenseinheitliche Betriebsrats-
struktur erhebliche Vorteile mit sich.
Denn in dieser Struktur nimmt nur ein
Gremium pro Unternehmen die Mitar-
beitervertretung für alle Standorte wahr.
Damit haben Unternehmensleitung so-
wie Mitarbeitervertretung in sämtlichen
betriebsverfassungsrechtlichen Frage-
stellungen stets denselben Ansprech-
partner. Auf diese Weise werden nicht
nur betriebsübergreifende Themen zen-
tral geregelt, sondern auch lokale Ange-
legenheiten effektiver und einheitlicher
bewältigt.
Geringeres Konfliktpotenzial
Bei betriebsübergreifenden Struktur-
maßnahmen werden die Mitbestim-
mungsrechte nur einmal zentral auf Un-
ternehmensebene ausgelöst. Dies führt
zu einem deutlich verringerten Kon-
fliktpotenzial und reduziert die aus den
Mitbestimmungsrechten entstehenden
Kosten auf einen Bruchteil. In einer de-
zentralen Struktur fallen Kosten für Ver-
handlungen, Einigungsstellen, Gerichts-
verfahren et cetera pro Standort und
pro Betriebsrat an, während in einer
unternehmenseinheitlichen Betriebs-
ratstruktur beispielsweise nicht sieben
Einigungsstellen mit sieben Betriebsrä-
ten, sondern nur eine Einigungsstelle
stattfindet. Vielmehr ist immer ein Be-
triebsratsgremium für alle Fragen des
Unternehmens zuständig, was auch ho-
rizontale Kompetenzkonflikte zwischen
den lokalen Betriebsräten ausschließt.
Betriebsratsmitglieder überzeugen
Aufseiten der Arbeitnehmervertretun-
gen stößt der Vorschlag der Bildung
von alternativen Betriebsratsstruktu-
ren nicht immer auf Gegenliebe. Das
Unternehmen benötigt ein gewisses
Überzeugungspotenzial. Dieses kann
in der Möglichkeit liegen, einseitig die
Betriebsratsstrukturen zu verändern,
sei es zum Beispiel durch die Einglie-
derung eines Betriebs oder mehrerer
Betriebe in einen anderen Betrieb oder
aber durch die Zusammenfassung von
Betrieben.
Im Gegensatz zur Eingliederung ver-
lieren bei der Zusammenfassung alle
beteiligten Betriebe ihre Identität. Aus
den zusammengefassten Betrieben ent-
steht dann ein neuer Betrieb. Sowohl die
Eingliederung als auch die Zusammen-
fassung von Betrieben führt dazu, dass
die bisherigen Betriebsratsstrukturen
verändert werden können. Die sich
dadurch ergebenden Rest- oder Über-
gangsmandate und die gegebenenfalls
damit einhergehenden Pflichten zur
Neuwahl aufgrund der veränderten Ar-
beitnehmerzahlen können dazu führen,
dass die amtierenden Betriebsräte ein
Interesse daran haben, eine Neuorgani-
sation mitzugestalten.
Fachbeitrag
Tarifvertragliche Gestaltungs-
möglichkeiten (HI664519)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
www.haufe.de/hi664519
ARBEITSHILFE