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Auf Urlaub verzichten
Zusammenfassung
Ist das Arbeitsverhältnis beendet und ein An-
spruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung entstanden, kann
der Arbeitnehmer auf diesen Anspruch grundsätzlich verzichten.
relevanz
Das BAG stellt klar: Zwar kann von der Regelung des §
7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) – wonach Urlaub abzugel-
ten ist – grundsätzlich nicht abgewichen werden. Es ist jedoch zu
differenzieren: Verboten sind damit Regelungen, die im Voraus das
Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen gänzlich ausschlie-
ßen. Hatte der Arbeitnehmer aber die Möglichkeit, so das BAG, den
Urlaub abgelten zu lassen, und sieht er nachträglich davon ab, steht
weder das BUrlG noch das Unionsrecht einem Verzicht des Arbeit-
nehmers auf Urlaubsabgeltung entgegen.
Quelle
BAG, Urteil vom 14.5.2013, 9 AZR 844/11
Besonderer Kündigungsschutz
Zusammenfassung
Ist es im Rahmen einer vereinfachten Betriebs-
ratswahl nicht möglich, die gemäß § 17 Absatz 2 BetrVG unverzicht-
bare Anzahl der anwesenden Arbeitnehmer zu ermitteln, ist eine
vorgenommene Wahl zum Wahlvorstand nicht wirksam. Somit kann
auch kein besonderer Kündigungsschutz wegen des Status eines
Wahlbewerbers folgen kann.
relevanz
Das Landesarbeitsgericht vertritt die Auffassung, dass
ein besonderer Kündigungsschutz für Wahlvorstände erst mit deren
wirksamer Wahl in einer Betriebsversammlung oder mit einer
Bestellung nach den §§ 16 ff. BetrVG eintritt. Allerdings ist zu be-
achten, dass die Meinung des LAG nicht unumstritten ist und daher
die Revision zugelassen wurde.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.3.2013, 17 SA 602/12
Recht auf Arbeitszuweisung
Zusammenfassung
Solange der Arbeitgeber sein Direktionsrecht
nicht erneut ausübt und dem Arbeitnehmer andere Aufgaben
zuweist, bestimmt sich der konkrete Inhalt der Beschäftigungspflicht
nach der zuletzt vorgenommenen Festlegung. Auf dieser Grundlage
hat der Arbeitnehmer auch einen Beschäftigungsanspruch.
relevanz
In diesem Fall hatte ein wissenschaftlicher Mitarbei-
ter zwar Gehalt, aber aus unerfindlichen Gründen auch keinerlei
Arbeitszuweisungen bekommen. Der Mitarbeiter bestand darauf,
man möge ihm doch endlich Arbeit zuweisen, was vom Gericht als
berechtigt angesehen wurde. Dazu das LAG wörtlich: „Das Arbeits-
verhältnis ist ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis, das
nicht nur wie beim Dienstvertrag der selbstständig Tätigen oder bei
sonstigen Schuldverhältnissen lediglich einzelne bestimmte Leistun-
gen betrifft, sondern für seinen Geltungsbereich die ganze Person
des Arbeitnehmers erfasst, deshalb wesentlich sein Leben gestaltet
und seine Persönlichkeit bestimmt.“ Weiter heißt es dazu in den
Urteilsgründen: „Deshalb muss der Arbeitgeber nicht bloß auf Grund
seiner Treupflicht, sondern vor allem auch aufgrund der jedermann
aus Artikel 1 und 2 GG obliegenden Verpflichtung, alles unterlassen,
was die Würde des Arbeitnehmers und die freie Entfaltung der Per-
sönlichkeit beeinträchtigen kann.“ Ob dem Kläger das Urteil jedoch
hilft, muss offenbleiben, denn das LAG hat gleichzeitig betont, dass
der Wissenschaftler keinen Anspruch darauf habe, für immer und
ewig gemäß der Tätigkeitsbeschreibung aus seinem Arbeitsvertrag
beschäftigt zu werden. Vielmehr bleibe es der Beklagten unbenom-
men, ihr Direktionsrecht erneut auszuüben. Aber es müsse ausgeübt
werden.
Differenzierungsklauseln
Zusammenfassung
Bestimmungen in einem Sozialtarifver-
trag, die eine Differenzierung von Gewerkschaftsmitgliedern und
Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern vornehmen, können von Nicht-
Gewerkschaftsmitgliedern nicht auf der Grundlage des allgemei-
nen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes angegriffen
werden.
relevanz
Von den Gewerkschaften werden immer öfter (Teil-)Leis-
tungen erstritten, die nur tarifgebundenen Mitarbeitern zustehen
sollen. Da die Rechtslage hier strittig ist, darf man gespannt sein, ob
das Urteil einer erneuten Überprüfung standhalten wird.
Quelle
Arbeitsgericht München, Urteil vom 22.1.2013, 25 Ca 8656/12
Quelle
LAG Hamm, Urteil vom 15.3.2013, 13 SA 6/13
beweisregeln bei Mobbing
Zusammenfassung
Bei der gerichtlichen Überprüfung eines
Mobbingvorwurfs müssen Feststellungen darüber getroffen werden,
ob die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte zu einer Verletzung
des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers
geführt haben. Dabei trägt die Arbeitnehmerseite die Darlegungs-
und Beweislast.
relevanz
Das Urteil stellt klar, dass Mobbingprozesse weiterhin den
herkömmlichen Beweisregeln unterliegen. Das ist nur dann anders
zu beurteilen, wenn das Mobbing gleichzeitig einen AGG-Verstoß
beinhaltet, der gemobbte Mitarbeiter also gleichzeitig „Merkmals-
träger“ im Sinne des § 1 AGG ist.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.3.2013, 17 SA 602/12