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erlernen und das optimale Zusammen-
spiel der teaminternen Fähigkeiten auf-
zubauen.
Doch gibt es hier keine Absolutis-
men, welche das Team zur Anwesenheit
zwingt. Denn die Firmen wissen, dass
sie damit Talente vergraulen, wie Sen-
ta Jakobsen, COO der Spielefirma NG-
Moco, bestätigt: „Die besten Talente der
Spieleindustrie sitzen in der Welt ver-
streut und haben keine Lust, mit ihren
Familien nach Schweden umzuziehen.
Nur junge Weltentdecker und mittelmä-
ßige Talente haben noch Spaß am No-
madentum, um Projekt für Projekt den
Standort zu wechseln. Die Kinder gehen
zur Schule, die Partner haben Karrieren.
Das Unternehmen, welches am schnells-
ten lernt, am besten in allen Konstella-
tionen zusammenzuarbeiten, gewinnt
die besten Talente. Die Entwicklung ist
deren Währung. Gemeinsam mit den
Besten in interdisziplinären Teams vol-
ler anderer Diven an erfolgreichen und
höchst anspruchsvollen Produkten zu
arbeiten und dafür nicht um die halbe
Welt umziehen zu müssen – dies ist das
Versprechen, welches wir als Führungs-
team lernen zu halten.“
Die eigentliche Debatte dreht sich um
Vertrauen versus Kontrolle
Im Endeffekt ist die Herausforderung
weniger der Ort der Arbeitserbringung,
sondern die Diskussion um Vertrauen
versus Kontrolle. Eine effektive Wert-
schöpfungskultur kann unabhangig
vom Arbeitsort und starren Arbeitszei-
ten wachsen. Das beweisen mittlerwei-
le viele Unternehmen. Doch die unver-
rückbare Ansage von oben, das Gesetz
der Anwesenheit, nimmt Yahoo die stra-
tegische Flexibilität oder alternativ die
Glaubwürdigkeit, wieder von diesem
Kurs abzuweichen.
Auf der Karrierewebseite von Yahoo
heißt es: „Wenn Sie nachweisen können,
dass Sie intelligent und verantwortlich
sind, werden Sie an etwas Großem ar-
beiten.“ Die eigene Mündigkeit, das Le-
ben über die Arbeit hinaus zu gestalten,
© picture alliance / AP Photo
CEO Marissa Mayer führt
die Anwesenheitspflicht
bei Yahoo wieder ein.
Managementproblem. Möglicherweise hat
das Management nicht die richtigen Dinge
gemessen, die Kontrolle und vor allem die
Nähe zu seinen Mitarbeitern verloren. Die
Mitarbeiter wiederum haben den Sinn und
die Richtung in ihrer Arbeit verloren – für
wen sie was leisten sollten und warum.
Der Fisch stinkt vom Kopf her. Als Unter-
nehmer bin ich mir daher ziemlich sicher,
dass Yahoo eher geholfen wäre, den Fokus
auf Verhaltensmerkmale, Fähigkeiten und
Werte innerhalb der Führungsmannschaft
zu richten, statt die Rechte der Mitarbeiter
kollateral zu beschneiden, die das Vertrau-
en und die Möglichkeit des Homeoffice in
keinster Weise missbraucht haben oder viel-
leicht sogar darauf angewiesen sind. Diese
kommen nun widerwillig und demotiviert
ins Büro und kehren möglicherweise diesem
Arbeitgeber den Rücken.
Jan Haines
ist
Geschäftsführer der
HR Factory GmbH in
Ismaning.
Produkte zur sozialen Produktivität
anbieten? Wie funktioniert dann Work-
Life-Balance und Vereinbarkeit von Be-
ruf und Familie?
Richard Branson, Gründer der Virgin
Group, ließ postwendend seine Meinung
zu Mayers Politik mit den Worten ver-
lauten, „ein großer Teil erfolgreicher
Arbeit mit anderen Menschen ist davon
abhängig, Menschen zu vertrauen, ihre
Arbeit zu erledigen, wo auch immer sie
sind, und zwar ohne Aufsicht, aber mit
Aufmerksamkeit.“ Arbeit sei kein Platz
mehr, sondern etwas, das erledigt wer-
den will.
Es ist zu vermuten, dass Toptalente
die Unternehmenskultur von Yahoo und
Best Buy als wenig fortschrittlich wahr-
nehmen werden. Schließlich spricht die
Vorschrift den Mitarbeitern die Fähig-
keit ab, mündig und selbstbestimmt zu
entscheiden, wann sie im Büro miteinan-
der arbeiten müssen und wann man von
zuhause oder per Videokonferenz glei-
chermaßen oder gar noch produktiver
tätig sein kann.
In der komplexen Welt der Videospiel-
herstellung zum Beispiel entscheiden
sich Teams oft bewusst für Anwesenheit,
um die agilen Prozesse gemeinsam zu