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Management
_Personalrisiken
personalmagazin 07 / 13
Julia Ebert
ist wissenschaftliche Mitar-
beiterin am Lehrstuhl für Personalwirtschaft
der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
München.
Uljana Miller
ist wissenschaftliche Hilfs-
kraft am Lehrstuhl für Personalwirtschaft
der LMU.
Prof. Dr. Ingo Weller
hat den Lehrstuhl
für Personalwirtschaft an der LMU inne.
Situation zwischenzeitlich verändert?
Musste man vor einem halben Jahr noch
von anderen Trends ausgehen? Liegen
Prognose und Ist-Zustand deswegen
auseinander? Oder sind Prognosen –
zumindest, wenn sie methodisch wie
hier eingesetzt werden – ganz generell
zweifelhaft?
Beide Punkte haben sicherlich einen
gewissen Wahrheitsanspruch: Zum
einen sind Personalrisiken ein theore-
tisch und praktisch noch recht uner-
forschtes Gebiet. In der akademischen
Literatur spielen sie quasi keine Rolle,
sodass theoretische Modelle und empi-
rische Vergleichsergebnisse Mangelwa-
re sind. Genauso entwickelt sich auch in
der Praxis das Gespür für die Notwen-
digkeit, Personal und Personalmanage-
ment als erfolgskritische Komponenten
zu betrachten, nur langsam. Und selbst
dort, wo man von der Bedeutsamkeit der
Human Resources überzeugt ist, fehlen
oftmals reliable und valide Kennzahlen
und darauf aufbauend Datenbestände,
mit denen man die Qualität von Personal
und Personalmanagement nachhalten
und evaluieren könnte. Unter solchen
Bedingungen sind Prognosen immer
schwierig.
Eine weniger inhaltlich, sondern mehr
methodisch fundierte Begründung setzt
am Messverfahren an. Es deutet sich an,
dass die Befragten dazu tendieren, die
aktuelle Situation konsistent schönzu-
reden und der Zukunft zuverlässig ein
eher düsteres Bild zuzuschreiben. In der
aktuellen PRI-Befragung deutet vieles
auf ein solches Szenario hin: Wieder wer-
den alle Risiken perspektivisch kritisch
gesehen, wieder liegen die erwarteten
Steigerungsraten in einem Korridor von
einem bis neun Prozent.
HR sollte Zahlenbasis ausbauen
„Strategic Workforce Planning“ sollte,
egal, ob im großen, formalisierten oder
kleineren, weniger strukturierten Rah-
men eingesetzt, eine stärkere Veranke-
rung in der Praxis erfahren. Insbesonde-
re kleine und mittelgroße Unternehmen
scheinen hier noch Nachholbedarf zu
haben. Eine schlechte Zahlenbasis ei-
nerseits und Schätzfehler andererseits
– und vor allem beide Einschränkungen
in Kombination – sind keine guten Rat-
geber für ein zukunftsorientiertes Per-
sonalmanagement.
Drängende Probleme wie ein funkti-
onierendes Gesundheitsmanagement
werden nach wie vor von allen unseren
Umfrageteilnehmern als wichtig und
prekär angesehen. Ohne die Floskel
„You can’t manage what you can’t or
don‘t measure” zu stark zu strapazie-
ren, lässt sich aus den bisherigen PRI-
Befragungen durchaus folgern, dass den
meisten Entscheidern, die wir befragt
haben, die Gefahren und einschränken-
den Risiken der Personalarbeit durchaus
bekannt sind. Lösungen und Erwar-
tungen bezüglich interner und externer
Entwicklungen scheinen demgegenüber
weniger klar zu sein.
Vom Problem zum Potenzial
Eine weitere Frage, die wir mit der Be-
fragung bewusst nicht adressieren, ist
die Frage der Potenziale. Personal und
Personalmanagement müssen stärker
noch als bisher als Wertschöpfungsfak-
toren begriffen werden und nicht allein
als Risiko- und damit Störpotenzial.
Während einige Risiken positiv gewen-
det als Potenziale gedeutet werden kön-
nen (Gesundheit ist negativ ausgeprägt
ein Problem und positiv ausgeprägt ein
Potenzial), ist diese Logik für andere
Risikoarten weniger eindeutig bestimm-
bar. Ist zum Beispiel ein starkes Human
Resource Management (und damit ein
geringes HRM-Risiko) auch gleich ein
Erfolgspotenzial?
Es liegt bei den Personalern, ihre Ar-
beit in Richtung dieser Interpretation
auszubauen und glaubhaft zu kommu-
nizieren.
Austritts-
risiko
Die Umfrageteilnehmer sehen sich insgesamt weniger starken
Personalrisiken ausgesetzt als in der Umfrage 2/2012. Am meisten
fürchten sie weiterhin das Engpassrisiko. Für die kommenden sechs
Monate gehen sie durchweg von steigenden Risiken aus.
Quelle: PRi 1/2013
personalrisiken im zeitverlauf
aktueller Zeitpunkt (PRI 2/2012)
in sechs Monaten (PRI 2/2012)
Anpassungs-
risiko
Loyalitäts-
risiko
Motivations-
risiko
Gesundheits-
risiko
Führungs-
risiko
HRM-
Risiko
Personal-
Risiko-Index
6
5
4
3
2
1
0
aktueller Zeitpunkt (PRI 1/2013)
Engpass-
risiko
in sechs Monaten (PRI 1/2013)