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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an kathar ina.schmit t@personalmagazin.de
Das Interview führte
Katharina Schmitt.
personalmagazin:
Ohne Probleme und
Frustration auszulösen, wird eine so weit-
greifende Gehaltssenkung nicht durchge-
setzt werden können – wie konnten Sie
die Mitarbeiter trotzdem motivieren?
Dahms:
Variable Vergütung ist sicherlich
ein Motivationsfaktor, aber bei Weitem
nicht der einzige. So ist beispielsweise
unser Zusatzleistungspaket am Markt
äußerst konkurrenzfähig. Noch wich-
tiger ist unseres Erachtens die beson-
dere Kultur in der Commerzbank. Die
Bank ist Vorreiter in vielen Themen,
die Mitarbeitern wichtig sind: So ist das
Thema „Diversity“ bei uns nicht nur ein
Modethema: Wir setzen konkrete Maß-
nahmen für unsere Mitarbeiter um, von
denen sowohl die Mitarbeiter als auch
der Arbeitgeber profitieren.
Es geht uns darum, dass alle Mit-
arbeiter in einem Umfeld arbeiten, in
dem jeder seine Stärken entfalten kann.
Das heißt, dass wir die Vereinbarkeit
von Privatleben und Beruf fördern – so
sind beispielsweise unsere betriebs-
nahen Kindertagesstätten ausgezeich-
net worden. Darüber hinaus ist uns die
Gleichbehandlung homosexueller Kol-
legen äußerst wichtig – auch hier sind
unsere Netzwerkaktivitäten mehrfach
ausgezeichnet worden. Und auch im Ge-
sundheitsmanagement bieten wir ein
mannigfaltiges Angebot für unsere Mit-
arbeiter an. Als erstes Dax-Unternehmen
wurde unser betriebliches Gesundheits-
management 2013 vom TÜV Süd zertifi-
ziert. Neben den Diversity-Themen liegt
uns die Aus- und Weiterbildung sehr am
Herzen. Deshalb investiert die Commerz-
bank stark in die Entwicklung ihrer Mit-
arbeiter. Aktuelles Beispiel: Gerade erst
haben wir die „Commerzbank Akademie“
auf den Weg gebracht, die den Mitarbei-
tern Entwicklungswege aufzeigt und sie
in ihrer persönlichen Entwicklung beglei-
tet. Kurz: Diese Themen stehen für Mitar-
beiter heute im Fokus, das Gehalt spielt
nicht immer die zentrale Rolle.
personalmagazin:
Reagierte das Topma-
nagement nach Ihren Erfahrungen auf
Bonuskürzungen anders als die tariflich
bezahlten Mitarbeiter, als variable Vergü-
tungsbestandteile gekürzt wurden?
Tress:
Das kann man nicht pauschali-
sieren, denn die Reaktionen sind über
alle Hierarchieebenen hinweg sehr un-
terschiedlich. In unseren Augen ist die
Hierarchieebene dabei weit weniger ent-
scheidend als individuelle Erfahrungen,
die die Mitarbeiter mit der Commerz-
bank gemacht haben. Dabei spielen
Fragen eine Rolle, wie beispielsweise
die Betriebszugehörigkeit eines Mitar-
beiters oder auch, ob er sich in seiner
individuellen Laufbahn von der Com-
merzbank fair behandelt fühlt.
Grundsätzlich kann man sagen, dass
das Topmanagement, vor dem Hinter-
grund der herausfordernden Situation,
in der sich die Commerzbank befindet,
großes Verständnis für die Kürzung
aufbringt. Und auch bei den Mitarbei-
tern stimmt es uns immer wieder po-
sitiv, dass sie – unabhängig von der
aktuell schwierigen Vergütungssituati-
on – weiterhin motiviert sind und ihr
Bestes geben.
personalmagazin:
2012 wurde bei der Com-
merzbank die variable Vergütung der
Mitarbeiter teilweise auch durch Aktien
ersetzt – ist das ein empfehlenswertes
Modell?
Tress:
Die Auszahlung variabler Vergü-
tung in Aktien war eine Maßnahme, die
in der damaligen Situation 2012 genau
die richtige Entscheidung war. Es ging
darum, im Rahmen der erhöhten EBA-
Kapitalanforderungen Eigenkapital zu
generieren. Der Commerzbank war es
dabei wichtig, dass alle einen Beitrag
leisten. Die hohe Zustimmung von 90
Prozent aller betroffenen Mitarbeiter
war ein positives Signal der Belegschaft,
dass sie an die Commerzbank glauben
und bereit sind, hier auch persönlich ins
Risiko zu gehen. Als dauerhaftes Modell
ist dies aus unserer Sicht nicht zwin-
gend zielführend, da der Umsetzungs-
aufwand sehr hoch war.
personalmagazin:
Wo sehen Sie die künfti-
gen Herausforderungen für den Banken-
sektor bei der Vergütungspolitik?
Dahms:
Die Herausforderung für Banken
besteht darin, ihren Mitarbeitern die
neuen Vergütungsstrukturen, die un-
ter Hochdruck eingeführt wurden, noch
besser zu erklären, um insbesondere die
motivatorischen Aspekte wieder mehr in
den Fokus zu rücken. Natürlich ist es für
die Finanzdienstleistungsbranche auch
wichtig, die Märkte genau zu beobach-
ten: Führen die neuen regulatorischen
Vorgaben dazu, dass sich die Fluktua-
tion im Topmanagement aus dem Ban-
kensektor hinaus erhöht und müssen
deshalb gegebenenfalls Maßnahmen zur
Stabilisierung eingeleitet werden? Es ist
und bleibt essenziell, die Probleme, die
im Rahmen der Finanzkrise entstanden
sind, in Erinnerung zu behalten und
daraus zu lernen. Dabei ist es wichtig,
regelmäßig zu hinterfragen, ob wir mit
den eingeleiteten Maßnahmen auf dem
richtigen Weg sind. Das gilt für uns un-
abhängig von geltenden Vorschriften.
Stefan Tress
ist Head of Compensation
& Benefits bei der Commerzbank AG in
Frankfurt.