Seite 64 - personalmagazin_2013_08

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Recht
_Leiharbeit
personalmagazin 08 / 13
Dr. kilian friemel
ist
Fach­anwalt für Arbeitsrecht
bei Taylor Wessing in Mün-
chen.
lukas müller
ist Rechts-
anwalt bei Taylor Wessing in
München.
lichen Einheit handelt es sich jedoch
rein rechtlich um verschiedene und
voneinander getrennt zu betrachtende
Tarifwerke, weshalb – wie auch das BAG
richtigerweise festgestellt hat – ein spä-
teres Auseinanderfallen der ursprüng-
lich als einheitlich erscheinenden Tarif-
werke möglich ist. Das Gegenstück zu
mehrgliedrigen Tarifverträgen bilden
die sogenannten Einheitstarifverträge.
Diese werden zwar auch von mehreren
Einzelgewerkschaften geschlossen. Je-
doch handelt hier die Tarifgemeinschaft
einheitlich und im Namen aller ihr zu-
geordneten Einzelgewerkschaften. Eine
Änderung eines Einheitstarifvertrags
ist daher auch – wie der Name bereits
indiziert – lediglich einheitlich durch
die Tarifgemeinschaft möglich. Zur
Qualifizierung eines Tarifvertrags als
einheitlich bedarf es einer Betrachtung
des Inhalts des Tarifvertrags sowie
sämtlicher die Vertragsverhandlung be-
gleitender Umstände, welche auf einen
einheitlichen Abschluss des Tarifwerks
durch die gemeinsam auftretenden Ein-
zelgewerkschaften schließen lassen.
Ein Lichtblick für Anwender der DGB-
Tarifverträge ist in dieser Hinsicht die
am 4. Juni 2013 ergangene Entscheidung
des LAG Baden-Württemberg (Az. 22 Sa
73/12). In dem zugrundeliegenden Ver-
fahren gelang es dem Zeitarbeitsunter-
nehmen unter Verweis auf die „Richtlinie
über die Organisationszuständigkeit
der DGB-Mitgliedsgewerkschaften für
Arbeitnehmer/innen aus Betrieben der
Zeit- und Leiharbeit“ vom 5. März 2003,
das Gericht davon zu überzeugen, dass
es sich bei den Tarifverträgen zwischen
BAP und DGB tatsächlich um einen Ein-
heitstarifvertrag handelt. Die von einer
ehemaligen Zeitarbeitnehmerin in die-
ser Klage verfolgten Lohnzahlungsan-
sprüche auf der Basis von „Equal Pay“
wurden demgemäß abgelehnt. Das LAG
hielt die Bezugnahmeklausel in Kennt-
nis der neuen Entscheidung des BAG
vom 13. März 2013 für wirksam, da der
Tarifvertrag ein Einheitstarifvertrag sei
und daher nur ein einziger Tarifvertrag
existiere. Es könne daher nicht von einer
Intransparenz der Bezugnahmeklausel
ausgegangen werden. Selbst wenn in-
sofern auch zunächst die Revision vor
dem BAG abzuwarten bleiben wird,
so stellt sich im Rahmen dieser Argu-
mentation eine weitere Frage: Nimmt
das BAG einen Einheitstarifvertrag an,
müssten grundsätzlich alle handelnden
DGB-Gewerkschaften satzungsmäßig für
die Zeitarbeit zuständig sein. Auflösen
lässt sich dieses Thema, wenn man nicht
auf die Zeitarbeit als Branche abstellt,
sondern vielmehr den Einsatz des Leih-
arbeitnehmers im jeweiligen Kundenbe-
trieb als ausschlaggebend ansieht.
Kollisionsregelungen dringend prüfen
Um jedenfalls für zukünftige Zeiträume
wirksam auf die Tarifwerke des BAP
oder IGZ und DGB Bezug nehmen zu
können, ist es anzuraten, vorsorglich
die bestehenden Bezugnahmeklauseln
auf die vom BAG geforderten Kollisions-
regelung zu überprüfen. Da bisher sehr
wahrscheinlich nur wenige Arbeitsver-
träge diesen neuen Anforderungen an
eine wirksame Bezugnahme gerecht
werden, besteht insofern dringender
Handlungsbedarf. Verleiher sollten ihre
Musterarbeitsverträge
entsprechend
überarbeiten und mit bereits beschäftig-
ten Arbeitnehmern Änderungsvereinba-
rungen abschließen. Zudem ist anzura-
ten, in Einsatzvereinbarungen für jeden
einzelnen Kundeneinsatz festzuhalten,
welcher Tarifvertrag Anwendung findet.
Für einen Einsatz bei einem Kunden im
Bereich Metall sollte etwa in der Ein-
satzvereinbarung festgehalten werden,
dass die Tarifwerke zwischen IGZ oder
BAP und der IG-Metall auf diesen Kun-
deneinsatz Anwendung finden.
Zusätzlich sollten gesonderte Aus-
schlussfristen in die Arbeitsverträge
aller Leiharbeitnehmer aufgenommen
oder bereits bestehende Ausschluss-
klauseln auf ihre Aktualität überprüft
werden. Während mögliche Nachforde-
rungsansprüche von Leiharbeitnehmern
erst aus der Zeit bis zum 31. Dezember
2009 verjährt sind, können Ausschluss-
fristen hier sehr viel weitergehend An-
sprüche der Arbeitnehmer ausschließen.
Bereits nach der Entscheidung des BAG
bezüglich der Tarifunfähigkeit der CGZP
vom 14. Dezember 2010 waren viele
Unternehmen gut damit beraten, in
ihre Arbeitsverträge zusätzlich zu den
tariflichen Ausschlussklauseln auch
konstitutive arbeitsvertragliche Aus-
schlussklauseln aufzunehmen. Denn
im Falle der Unwirksamkeit der Be-
zugnahme auf den Tarifvertrag waren
Zeitarbeitsunternehmen hierdurch weit-
gehend vor Arbeitnehmeransprüchen
auf gleichen Lohn geschützt worden.
Zwar bewahren Ausschlussklauseln
auch weiterhin nicht vor drohenden
Nachforderungen der Sozialversiche-
rungsträger (diese sollten bis einschließ-
lich Dezember 2008 verjährt sein),
schränken den möglichen finanziellen
Schaden zumindest hinsichtlich even-
tueller Nachforderungen von Leiharbeit-
nehmer auf gleichen Lohn erheblich ein.
Wirksam können solche Klauseln aber
nur sein, wenn sie explizit unabhängig
von den tariflichen Ausschlussfristen
vereinbart sind und diese nicht nur wie-
derholen. Zudem dürfen Arbeitnehmer
durch diese Ausschlussfristen nicht ge-
genüber den tariflichen Fristen benach-
teiligt werden.
Fachbeitrag
Einzelvertragliche Bezugnahme
auf Tarifverträge (HI3446513)
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