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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
den Arbeitnehmer bei einer Verweisung
auf ein mehrgliedriges Tarifvertrags-
werk, welches mehrere eigenständige
tarifliche Regelwerke beinhaltet, nach-
vollziehbar sein müsse, welcher dieser
in Bezug genommenen Tarifverträge
jeweils Anwendung finde. Der Arbeit-
nehmer muss also wissen, ob für einen
konkreten Einsatz zum Beispiel die zwi-
schen AMP und CGM oder die zwischen
AMP und DHV geschlossenen Tarifver-
träge gelten. Hierzu bedürfe es, so das
BAG, bei Verweisung auf sogenannte
mehrgliedrige Tarifverträge daher einer
„Kollisionsregelung“, anhand welcher
der Arbeitnehmer stets ersehen könne,
welcher Tarifvertrag jeweils Anwendung
findet. Eine Verweisungsklausel ohne ei-
ne solche Kollisionsregel sei daher im
rechtlichen Sinne intransparent für den
Arbeitnehmer und somit unwirksam.
Die Beklagte hatte eingewandt, dass
der mehrgliedrige Tarifvertrag ja ledig-
lich identische Tarifwerke enthalte und
es daher auf eine Differenzierung nicht
ankomme. Dazu erklärte das BAG, dass
es unerheblich sei, dass bei der Verein-
barung der Klausel die tariflichen Re-
gelwerke noch inhaltsgleich waren. Der
Arbeitnehmer müsse bereits bei Ver-
tragsschluss für die gesamte Dauer des
Arbeitsverhältnisses erkennen können,
was gegebenenfalls auf ihn zukommt. Es
könne demArbeitnehmer keine ständige
Beobachtung der Tariflandschaft im Be-
reich der Zeitarbeit zugemutet werden.
Zudem könne er auch nicht zu einer Spe-
kulation darüber verpflichtet werden,
welches von mehreren tariflichen Regel-
werken zu einem bestimmten Zeitpunkt
auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung
findet. Damit war die Bezugnahmeklau-
sel unwirksam und die Klägerin hatte
Anspruch auf dieselben Arbeitsbedin-
gungen, die die jeweiligen Entleiher ih-
ren Stammmitarbeitern gewährt hatten.
Mehrgliedrigkeit auch beim DGB
Da auch die Tarifverträge zwischen den
Arbeitgeberverbänden IGZ und BAP
(vormals BZA) einerseits und der Tarif-
gemeinschaft Zeitarbeit des Deutschen
Gewerkschaftsbunds (DGB), derzeit na-
mentlich der Einzelgewerkschaften IG
BCE, NGG, IG Metall, GEW, Verdi, IG
Bau sowie GDP andererseits in breiter
Mehrheit als mehrgliedrige Tarifver-
träge qualifiziert werden, wird vielfach
erwartet, dass die Entscheidung des
BAG vom 13.3.2013 auch erhebliche
Auswirkungen auf Leiharbeitsverhält-
nisse hat, die in ihren Arbeitsverträgen
auf Zeitarbeitstarifverträge der DGB-
Gewerkschaften Bezug nehmen. Da
sich die Entscheidung des BAG nicht
mit der Tarifunfähigkeit oder der Ta-
rifzuständigkeit der CGZP beschäftigt,
sondern allein mit der Wirksamkeit von
Bezugnahmeklauseln auf sogenannte
mehrgliedrige Tarifverträge, sind die
Ausführungen des BAG nicht auf die
Tarifverträge der CGZP beschränkt,
sondern gelten grundsätzlich für alle
mehrgliedrigen Tarifwerke. Stuft man
daher die zwischen IGZ und BAP (vor-
mals BZA) einerseits und den DGB-
Gewerkschaften andererseits geschlos-
senen Tarifverträge als mehrgliedrige
Tarifwerke ein, wären viele der verwen-
deten Bezugnahmeklauseln in Arbeits-
verträgen der Zeitarbeit mangels der
vom BAG geforderten Kollisionsnorm
intransparent und daher unwirksam.
Damit würden Nachforderungen von
Leiharbeitnehmern gegen die Verleiher
gemäß „Equal Treatment“ und der Sozi-
alversicherungsträger auf Nachzahlung
der Sozialversicherungsbeiträge auch
für Zeitarbeitsunternehmen drohen, die
auf die sogenannten DGB-Tarifverträge
Bezug genommen haben.
Einheitstarifvertrag als Lösung
Sogenannte mehrgliedrige Tarifverträ-
ge zeichnen sich dadurch aus, dass sie
jeweils mit mehreren Arbeitnehmer-
vertretungen als Einzelgewerkschaften
gleichzeitig verhandelt und abgeschlos-
sen werden und daher regelmäßig auch
in einer gemeinsamen Urkunde zusam-
mengefasst werden. Trotz dieser äußer-
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Eventuell haben nun viele weitere Leiharbeiter rückwirkend Anspruch auf „Equal Pay“.
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