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Recht
_Leiharbeit
personalmagazin 08 / 13
D
ie Entscheidung des Bundes-
arbeitsgerichts zur Tarifunfä-
higkeit der Tarifgemeinschaft
Christlicher Gewerkschaften
für Zeitarbeit und Personal-Service-
Agenturen (CGZP) vom 14. Dezember
2010 führte zu erheblichen Nachforde-
rungen der betroffenen Leiharbeitneh-
mer und der Sozialversicherungsträger.
Im Vorfeld der Entscheidung hatte die
CGZP „vorsorglich“ am 15. März 2010 ei-
nen neuen sogenannten mehrgliedrigen
Tarifvertrag abgeschlossen, um Zeitar-
beitsunternehmen auch weiterhin durch
die Bezugnahme auf diesen Tarifvertrag
eine Abweichung vom Equal-Treatment-
Grundsatz zu ermöglichen. Das BAG
hat nun am 13. März 2013 (Az. 5 AZR
954/11) entschieden, dass die insoweit
in einem Arbeitsvertrag verwendete Be-
zugnahmeklausel auf diesen mehrglied-
rigen Tarifvertrag unwirksam sei. Die
unmittelbare Folge daraus ist zunächst,
dass mit weiteren Lohnnachforderungen
von Leiharbeitnehmern zu rechnen ist,
deren Arbeitsverträge auf diesen mehr-
gliedrigen Tarifvertrag Bezug nahmen.
Gleiches gilt für Nachforderungen der
Sozialversicherungsträger.
Die Entscheidung des BAG
Nach der Veröffentlichung der Entschei-
dungsgründe des Urteils vom 13. März
2013 stellt sich aber jetzt die brisan-
te Frage, ob auch die Bezugnahme auf
DGB-Tarifwerke in vielen Arbeitsverträ-
gen unwirksam sein könnte, da auch die
DGB-Tarifwerke bisher überwiegend als
Von
Kilian Friemel
und
Lukas Müller
mehrgliedrig angesehen werden. Die
Möglichkeit solcher über die CGZP-Ta-
rifverträge hinausgehenden Auswirkun-
gen ergibt sich aus folgenden Erwägun-
gen: Nachdem das Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg am 9. Dezember
2009 entschieden hatte, dass die CGZP
nicht tariffähig sei, schlossen der Ar-
beitgeberverband AMP sowie die CGZP,
aber auch die Einzelgewerkschaften
CGM, DHV, BIGD, ALEB sowie Medsonet
(ausdrücklich jeweils als selbstständige
Tarifparteien) am 15. März 2010 einen
neuen Tarifvertrag. Dieser wurde aus-
drücklich als sogenannter „mehrgliedri-
ger“ Tarifvertrag bezeichnet. Damit soll-
te einer zu erwartenden Entscheidung
des BAG über die fehlende Tarifunfähig-
keit der CGZP vorgebeugt werden. Die
Idee war: Ist die CGZP tarifunfähig, ha-
ben jedenfalls die Einzelgewerkschaften
CGM, DHV, BIGD, ALEB sowie medsonet
den Tarifvertrag wirksam abgeschlos-
sen. Auch als dann das BAG am 14.
Dezember 2010 die CGZP für tarifun-
zuständig erklärte, wendeten Verleiher
vielfach weiterhin diesen Zeitarbeitsta-
rifvertrag an, bis die Tarifvertragspart-
ner diesen erst mit Wirkung zum 31.
März 2013 beendeten.
In der nun vom BAG am 13. März
2013 zu entscheidenden Klage einer
Leiharbeitnehmerin hatte deren Ar-
beitsvertrag auf diesen mehrgliedrigen
Tarifvertrag zwischen CGZP und AMP
vom 15.3.2010 Bezug genommen, um
vom Equal-Treatment-Grundsatz abwei-
chen zu können. Das BAG stellte in den
nun Mitte Juni 2013 veröffentlichten
Entscheidungsgründen klar, dass es für
Brisante Rechtslage
URTEIL.
Setzt eine aktuelle Entscheidung zu CGZP-Zeitarbeitstarifen auch für mehr-
gliedrige DGB-Tarifverträge neue und teure Maßstäbe? Die Rechtslage im Überblick.
Wenn Nachforderungen der Sozialversicherung beim Verleiher nicht realisiert werden
können, muss der Entleiher im Wege der Subsidiärhaftung dafür einstehen.
Der Wortlaut des § 28e Absatz 2 SGB IV lautet: „Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des
Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldne-
rischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen
worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber
nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das ver-
einbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl
der Vertrag nach § 9 Nr. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat
er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle
zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem
Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.“
Den Entleiher kann es am Ende treffen
Praxisbeispiel
subsidiärhaftung