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Ausschlussfrist
Zusammenfassung
Eine vereinbarte Ausschlussfrist ist regelmäßig
dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungs-
bedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für
die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind,
ist dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt.
relevanz
Wenn um Schadensersatzforderungen aus einer vor-
sätzlichen Handlung gestritten wird – beim zugrundeliegenden
Fall wurde der Arbeitgeber wegen Mobbing verklagt –, kann dem
Arbeitnehmer keine allgemeine Ausschlussklausel entgegengehal-
ten werden, was sich aus den §§ 202 Absatz 1 und 276 Absatz 3
BGB ergibt. Allerdings stellt das Bundesarbeitsgericht auch klar, dass
diese Einschränkung nur für individualrechtlich vereinbarte, nicht
aber für tarifvertragliche Ausschlussklauseln gilt.
AGG und Weltanschauung
Zusammenfassung
Wird ein Arbeitnehmer wegen seiner Weltan-
schauung oder einer bei ihm vermuteten Weltanschauung benach-
teiligt, kann dies Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche
nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auslösen.
Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind dabei
jedoch nicht als „Weltanschauung“ im Sinne des AGG anzusehen.
relevanz
Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit dieser Entschei-
dung zum ersten Mal mit dem Begriff der Weltanschauung im
Zusammenhang mit einer AGG-Klage befassen müssen. Heraus-
gekommen ist keine allgemein gültige Definition, sondern eine
Einzelfallentscheidung. Diese besagt, dass bloße Sympathien oder
Haltungen nicht als Indizien für eine Diskriminierung aufgrund einer
Weltanschauung herhalten können. Im zugrunde liegenden Fall
hatte eine Arbeitnehmerin vorgetragen, ihr Arbeitgeber habe sie
wegen ihrer offen bekannten Sympathie für die Volksrepublik China
benachteiligt.
Quelle
BAG, Urteil vom 20.6.2013, 8 AZR 482/12
Quelle
BAG, Urteil vom 20.6.2013, 8 AZR 280/12
ERA-Verpflichtung
Zusammenfassung
Auch ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber
kann aufgrund von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln zur
Zahlung von in Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie ver-
einbarten „ERA-Strukturkomponenten“ verpflichtet sein.
relevanz
Das Urteil ist für alle nicht tarifgebundenen Metallbe-
triebe von hoher Bedeutung. Diese müssen das von den Tarifpar-
teien der Metallindustrie eingeführte ERA-Entgeltsystem, welches
auch die Verpflichtung von bestimmten Einmalzahlungen (Struk-
turkomponenten) vorsieht, einzelvertraglich umsetzen, wenn eine
allgemeine individualrechtliche Bezugnahme an den Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrag der Metallindustrie besteht.
Gestellungsvertrag
Zusammenfassung
Gestellt ein öffentlicher Arbeitgeber seine
bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer an einen Dritten zur dortigen
dauerhaften Leistungserbringung, so betreibt er eine unzulässige
dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung.
relevanz
Das Urteil ist für Arbeitgeber mit TVöD-Bindung von gro-
ßer Bedeutung, da die dauerhafte Personalgestellung zur gängigen
Praxis im öffentlichen Dienst gehört. Rechtsgrundlage ist dabei § 4
Absatz 3 TVöD, in dem es heißt: „Beschäftigten kann im dienst-
lichen/betrieblichen oder öffentlichen Interesse mit ihrer Zustim-
mung vorübergehend eine mindestens gleich vergütete Tätigkeit
bei einem Dritten zugewiesen werden. Die Zustimmung kann nur
aus wichtigem Grund verweigert werden.“ Diese tarifliche Erlaubnis,
so das Landesarbeitsgericht, stehe nicht mehr im Einklang mit dem
aktuellen Worlaut des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG),
da nach § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG eine Arbeitnehmerüberlassung nur
vorübergehend sein könne. Aus diesem Grunde bestehe auch keine
Möglichkeit, die dauerhafte Gestellung nach § 4 Absatz 3 TVöD über
den Weg einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu erreichen, da
eine solche nur auf vorübergehende Überlassungsverträge bezogen
werden könne.
Allerdings ist das letzte Wort im Zusammenhang mit dem Thema
Gestellung noch nicht gesprochen, denn das LAG hat die Rechts-
beschwerde zum Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher
Bedeutung zugelassen.
Quelle
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.4.2013, 4 TaBV 7/12
Quelle
BAG, Urteil vom 12.6.2013, 4 AZR 969/11
Kündigungsgründe
Zusammenfassung
Ergeben fortschreitende Ermittlungen neue
Tatvorwürfe, können auch schon länger als zwei Wochen bekannte
Vorfälle in die Kündigungsüberlegungen einbezogen werden.
relevanz
Das Urteil beschäftigt sich mit der häufigen Frage, ob der
Arbeitgeber bei einer aufdeckten Pflichtverletzung auch Sachver-
halte berücksichtigen darf, die zeitlich vor dem für die außerordent-
liche Kündigung relevanten Zeitraum von zwei Wochen liegen. Das
LAG hält dies dann für möglich, soweit die früheren Sachverhalte
lediglich dazu dienen, ein „Gesamtbild“ mit den innerhalb der
„Zwei-Wochenfrist“ festgestellten Umständen, die den eigentlichen
Kündigungsgrund darstellen, zu liefern.
Quelle
LAG Köln, Urteil vom 4.3.2013, 2 Sa 489/12