Seite 68 - personalmagazin_2013_03

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recht
_Arbeitszeit
D
as Recht der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ist be-
kanntlich seit dem Jahr 2002
auch im Arbeitsrecht zu be-
achten und hat schon vielen Personalver-
antwortlichen Kopfschmerzen bereitet.
Der Grund: Da im Regelfall auch Arbeits-
verträge als allgemeine Geschäftsbedin-
gungen (AGB) einzuordnen sind, kann
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
praktisch jede arbeitsvertragliche Klau-
sel mit der Begründung gekippt werden,
dass sie nicht klar und verständlich sei.
Zunehmend beschäftigen sich Ver-
tragsjuristen und Gerichte daher mit der
Frage, inwieweit Vereinbarungen über
die Vergütung von Überstunden einer
derartigen AGB-Kontrolle standhalten
können. So auch das Bundesarbeitsge-
richt (BAG) in einer Entscheidung vom
27.6.2012, Az. 5 AZR 530/11. In dem Fall
hatte ein Arbeitnehmer, der ein monat-
liches Festgehalt von 2.200 Euro brutto
bezog, folgende Klausel unterschrieben:
„Etwaige Überstunden gelten mit dem
Gehalt als abgegolten.“ Es kam, wie
viele Experten vorausgesagt hatten: Im
Ergebnis haben die Bundesrichter diese
Vertragsklausel für unwirksam erklärt,
da sie nicht klar und verständlich sei.
Angelegt wurde dabei von den Bun-
desrichtern folgende Faustregel: Der
Arbeitnehmer müsse bereits bei Ver-
tragsabschluss erkennen können, „was
gegebenenfalls auf ihn zukommt und
welche Leistungen er für die vereinbarte
Vergütung maximal erbringen muss“.
Das aber sei mit einer solchen Klausel
nicht erfüllt.
Es kam häufig zu Fehlinterpretationen
Das Überstundenurteil des Bundes-
arbeitsgerichts hat vielerorts zu Irri-
tationen und folgenreichen Fehlinter-
pretationen geführt. So wurde daraus
mitunter der Schluss gezogen, dass
nach der gerichtlichen Feststellung der
Unwirksamkeit einer solchen Klausel
automatisch feststünde, dass damit Mit-
arbeiter für jedeÜberstundeVergütungs-
ansprüche geltend machen können.
Eine solche weitreichende Bedeutung
hat die zitierte BAG-Rechtsprechung
jedoch gerade nicht. Im Gegenteil: Das
Bundesarbeitsgericht hat in seinem
Urteil sogar festgestellt, dass es keinen
„allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt,
dass jede Mehrarbeitszeit über die ver-
einbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten
ist“. Wie diese Aussage näher zu inter-
pretieren ist und warum die Entschei-
Missverständnis bei Überstunden
Urteilsauswertungen.
Richterrecht ist Einzelfallrecht. Und weil dies so ist,
sollten „Grundsatzurteile“ nicht überinterpetiert werden.
Bis spät abends im Büro: Nicht im-
mer werden Überstunden bezahlt.
personalmagazin 03 / 13