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Management
_Virtuelle Führung
personalmagazin 03 / 13
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
G
lobale Kooperationen sind
längst nicht mehr Alleinstel-
lungsmerkmal großer, mul-
tinationaler Unternehmen.
lobalisierung und Individualisierung
ermöglichen auch mittelständischen
Unternehmen und Einzelfirmen eine
Vernetzung mit fernen Wirtschaftspart-
nern. Zwei Drittel aller virtuell arbei-
tenden Teams und Netzwerke erbringen
jedoch zum Teil weitaus weniger Leis-
tung als lokale Teams. Das andere Drittel
aber ist 30 bis 40 Prozent produktiver als
lokale Teams und erreicht damit Spitzen-
leistungen, wie Ann Majchrzak, Arvind
Malhotra, Jeffrey Stamps und Jessica
Lipnack in ihrem Artikel „Can Absence
Make a Team Grow Stronger?“ zeigen.
Vielen Führungskräften virtueller
Teams und Netzwerke fehlt jedoch das
notwendige Know-how, um die richtigen
Bedingungen für virtuelle Höchstleis­
tungen zu schaffen. Manager empfin-
den die für internationale Projektarbeit
typische Vielfältigkeit und Komplexität
oft als Nachteil. Interkulturelle Kommu-
nikation, unterschiedliche Arbeitsstile,
Zeitzonenunterschiede, Sprachbarrieren
und moderne Kommunikationstechnolo-
gie bereiten regelmäßig Probleme. Das
Geheimnis von Höchstleistungen virtu-
eller Teams liegt jedoch in der positiven
Nutzung dieser Herausforderungen.
Gemeinschaftsgefühl ist entscheidend
Ein zentraler Faktor für den Erfolg vir-
tueller Teams ist dabei die sogenannte
„virtuelle Nähe“. Dies ist die gefühlte
Von
Line Jehle
Virtuell und doch ganz nah
TOOLS.
Verschiedene Standorte, ein Team: Das ist keine Ausnahme mehr. Aber nicht
immer existiert dabei ein Gemeinschaftsgefühl. Wie schon kleine Maßnahmen helfen.
Nähe in der Zusammenarbeit und Kom-
munikation zwischen mindestens zwei
Menschen mit wenig oder keinem „Face
To Face“-Kontakt. Viele von uns kennen
das Gefühl, einer Person oder einer Or-
ganisation in der Ferne nahe zu sein,
obwohl mit beiden wenig oder kein Kon-
takt von Angesicht zu Angesicht mög-
lich ist. Der Schreibstil einer E-Mail, die
proaktive Übernahme von Prozessen
oder die Wahl eines individuell passen-
den Mediums wie Video oder Chat sind
Beispiele, die ein Gefühl virtueller Nähe
vermitteln können.
Diese gefühlte Nähe stellt sicher, dass
die Zusammenarbeit erfolgreicher und
effektiver abläuft. Ohne sie sind die
Erfolgsaussichten eines internationa-
len Projekts oder einer internationalen
Ko­operation deutlich geringer. Tradi-
tionelle Führungs- und Management-
praktiken entfalten dabei kaum die
gewünschte Wirkung. Der Erwerb der
notwendigen Fähigkeiten für Führung
und Management erfolgreicher virtu-
eller Netzwerke setzt ein umfassendes
Umdenken voraus.
Virtuelle Nähe gezielt erzeugen
In unserer Arbeit mit virtuellen Teams
haben meine Berliner Partner, Dr. Mar-
cus Hildebrandt und Stefan Meister, und
ich insgesamt 20 Dimensionen in fünf
Kategorien definiert. Mit diesem System
können Führungskräfte die Herstellung
virtueller Nähe durch konkrete, prag-
matische Maßnahmen gezielt unterstüt-
zen und selbst differenziert ihre eigene
Aufgabe als Führungskraft evaluieren.
Diesen Prozess der Leistungsverbesse-
rung haben wir als ganzheitlichen,
systemischen Ansatz entwickelt und
durch das sogenannte „Virtual Perfor-
mance Assessment“ ergänzt. Durch
die Evaluierung der 20 Dimensionen
ist eine Diagnose des Status quo eines
virtuellen Teams möglich. Konkrete
Schwachstellen werden erkannt.
Maßnahmen in fünf Kategorien
Eine der fünf Kategorien virtueller
Nähe ist „Organisation und Prozess“.
Darunter sind der Zugang zu Infor-
mationen und Entscheidungen, die
Integration von Arbeitsabläufen, die
organisatorische Relevanz der Arbeit
eines Teams sowie die Fähigkeiten der
Teammitglieder zur Selbstorganisati-
on zu verstehen.
Eine weitere Kategorie lautet „Ort
und Zeit“. Hier geht es um den geo-
grafischen Vorteil der Verteilung eines
globalen Teams, um Arbeitszeitüber-
schneidungen, um in gemeinsamem
Dialog verbrachte Zeit sowie um den
Zeitaufwand, den Teammitglieder in
die gemeinsame Arbeit investieren.
Bei der Kategorie „E-Kultur“ geht
es um die globale „Netiquette“ einer
Organisation sowie um Medienkom-
petenz, Online-Identität und virtuelle
Erfahrungen in einem Team.
Die Kategorie „Team, Aufgaben
und Ziele“ umfasst die Arbeit an der
Sprachkompetenz, an der Qualität der
Beziehungen innerhalb des Teams, an
dessen Bereitschaft zur Informations-
weitergabe sowie an der Identifikation
der Teammitglieder mit ihrem Team
und dessen Zielen.