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Organisation
_Vergütung
personalmagazin 11 / 13
F
ünf Jahre nach der Hochphase
der flächendeckenden Einfüh-
rung des Leistungsentgelts in
der Metall- und Elektroindustrie
stoßen die damals getroffenen Regelun-
gen teilweise an Grenzen. Reklamationen
und Unruhe in den Betrieben wegen des
Entgelt-Rahmenabkommens (Era) neh-
men zu. Mit der flächendeckenden Ein-
führung des Entgelttarifsystems sollten
Unternehmen die Möglichkeit erhalten,
Entgeltstrukturen zu schaffen, die die
spezifischen Unternehmensziele bein-
halten und abbilden können. Erreicht
werden soll deren Umsetzung durch ein
anforderungsgerechtes Grundentgelt
und leistungsorientierte Bestandteile.
Hohe Anforderungen bestehen dabei
an Struktur und Findung der zielorien-
tierten Komponenten. Tatsächlich jedoch
zeigt der Leistungsentgeltverlauf in den
im Geltungsbereich von Era liegenden
Betrieben kaum Ausschläge. Viele Füh-
rungskräfte verstecken sich hinter dem
System und vermeiden eine echte Leis-
tungsbewertung. Die Herausforderun-
gen im Zusammenhang mit Era haben
Von
Armin von Rohrscheidt
sich in den vergangenen fünf Jahren
nicht geändert: Welche Werkzeuge zur
Leistungsermittlung passen am besten
zum Unternehmen und dessen Wert-
schöpfungsprozess? Sind Führungskräf-
te, Mitarbeiter und das Unternehmen
insgesamt überhaupt bereit, eine echte
leistungsorientierte Vergütung zu leben?
Seinerzeit hatte man wegen der kri-
tischen Grundentgeltbestimmung vieler-
orts versucht, einen schnellen Abschluss
beim Leistungsentgelt zu erreichen. Dies
schien auch deutlich einfacher als das
komplexe Grundentgelt: Gleiche oder
ähnliche Werkzeuge, eine neue Leis­
tungsentgeltrelation – da konnte man
anscheinend schnell überleiten. Dies
erwies sich aber schnell als Irrtum. Mit
fatalen Folgen, wenn man weiß, wie viel
Potenzial in dem Thema steckt. Ein rein
auf Leistung basierender Vergütungsbe-
standteil kann individuell ein bis zu 30
Prozent höheres Gesamtentgelt bedeu-
ten – das sollte Anreiz genug sein, das
Tarifwerk engagiert anzuwenden. Bei
Tarifverhandlungen wird um halbe Pro-
zentpunkte deutlich härter gekämpft.
Praxisprobleme zu leicht genommen
Leider hat das schnelle Überleiten fast
alle Leistungsentgeltsysteme faktisch
zum Stehen gebracht. Woran liegt das?
Ein Kernproblem ist das Kriterium des
Betriebsdurchschnitts. Im Prinzip sehen
die Arbeitgeber darin ein festes Budget,
auch wenn die Auslegung des Tarifver-
trags hier Spielraum in jede Richtung
lässt. Diese Position ist verständlich,
wollen die Unternehmen doch Sicherheit
und Planbarkeit bei den Personalkosten.
Gleichzeitig stört die tatsächliche Be-
grenzung nach unten. Sie war ursprüng-
lich als Missbrauchsschutz gedacht, um
die grundsätzliche Auszahlung von Leis-
tungsentgelt sicherzustellen. Jetzt dient
sie den Arbeitnehmervertretern als ar-
gumentativer Steigbügel: Es handle sich
quasi um die Durchschnittsleistung im
Unternehmen. So hat man faktisch ei-
nen Leistungssockelbetrag geschaffen,
der ungleich verteilt wird. Von echtem
Leistungsbezug bleibt da nicht viel.
Schwachpunkt Leistungsermittlung
Ein weiterer Grund für die Krise beim
Leistungsentgelt liegt in der innerbe-
trieblichen Auswahl der Werkzeuge
zur Ermittlung des Leitungsergebnis-
ses. Hierbei steht die Leistungsbeurtei-
lung als vermeintliche Allzweckwaffe
im Mittelpunkt. Sie ist als Methode
schon seit Jahrzehnten etabliert, ver-
ursacht wenig Controllingaufwand
– und die gesamte Durchführungsver-
antwortung liegt bei den Führungs-
kräften. Die Beurteilung ist sicherlich
die flexibelste und pragmatischste Lö-
sung, aber sie birgt zugleich auch das
größte Frustrationspotenzial. Denn als
komplexester Prozess der Leistungs-
ermittlung kann die Beurteilung nur
gelingen, wenn die begleitende Kom-
munikation stimmt. Dazu gehören die
klare Darstellung der Erwartungshal-
tung, die Erläuterung der Merkmale
und Kriterien, das regelmäßige Feed-
back, wo ein Mitarbeiter steht, bis hin
zu einer nachvollziehbaren Erklärung
dazu, wie und warum die Leistung des
Mitarbeiters in einer bestimmten Wei-
Zeit zum Nachbessern
ANALYSE.
Das Entgeltsystem ERA sollte Vergütung und Leistung mit den Unterneh-
menszielen dynamisch verknüpfen. Doch faktisch stagniert das Leistungsentgelt.
Checkliste
Ablauf eines Zielvereinbarungs-
gesprächs (HI 547897)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE