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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
nen darunter und somit im gesamten
Unternehmen nach sich zieht. Jedoch ist
zu hinterfragen, ob ein solcher Wandel
mit dem vorhandenen Frauenanteil in
den Unternehmen überhaupt umsetzbar
ist, ob also genügend qualifizierter weib-
licher Führungsnachwuchs auf den un-
teren Hierarchieebenen vorhanden ist.
Wie viele Frauen gibt es auf den
Führungsebenen unter dem Vorstand
und was folgt daraus? Die globale Ma-
nagementberatung Hay Group hat ihre
Datenbanken auf diese Frage hin durch-
forstet und über 85.000 Datensätze von
außertariflichenMitarbeitern analysiert.
Betrachtet wurde der Frauenanteil in
verschiedenen Branchen, Unterneh-
mensgrößen und Tätigkeitsfeldern. Die
Ergebnisse sind ernüchternd.
• Über die gesamte Stichprobe hinweg
liegt der Frauenanteil im außertariflichen
Bereich und im unteren Management bei
rund 20 Prozent, im mittleren Manage-
ment und bei den Top-Managern bei un-
ter zehn Prozent.
• Die Unterschiede nach Branchen sind
erheblich: Während in den Dienstleis-
tungsunternehmen und in der Konsum-
güterindustrie der Frauenanteil im Ma-
nagement bei über 20 Prozent liegt, fällt
er in ingenieursgetriebenen Unterneh-
men auf bis zu 13 Prozent.
• Nur in kleinen Unternehmen ist der
Frauenanteil im Management sehr nied-
rig (zehn Prozent), in mittleren und gro-
ßen Unternehmen liegt er bei rund 20
Prozent.
• Betrachtet man die einzelnen Tätig-
keitsfelder, so finden sich in den Berei-
chen Personal (47 Prozent) undMarketing
(27 Prozent) sehr viele Managerinnen, in
den Ingenieursfunktionen hingegen ext-
rem wenige (sieben Prozent).
Zu wenig qualifizierte Frauen
Neben dem Frauenanteil wird auch die
Frage nach der Qualifikation intensiv dis-
kutiert: Stehen auf Nachwuchsführungs-
ebenen genügend qualifizierte Frauen
zur Verfügung, mit denen eine Frauen-
quote in der üblicherweise geforderten
Größenordnung von 30 bis 40 Prozent er-
füllt werden kann, ohne auf nicht hinrei-
chend qualifizierte Frauen zurückgreifen
zu müssen? Die Antwort lautet: Nein.
Wie bereits dargelegt, ist eine Frauen-
quote im hohen zweistelligen Prozentbe-
reich schon ohne die Berücksichtigung
der Qualifikation in manchen Branchen
und Tätigkeitsfeldern sehr schwer umzu-
setzen. Geht man hierzu noch von der An-
nahme aus, dass höchstens zehn Prozent
aller Frauen und Männer auf einer be-
stimmten Ebene qualifiziert genug sind,
um die nächste Karrierestufe zu erklim-
men, so reduziert sich die Anzahl der für
Top-Positionen zur Verfügung stehenden
Frauen noch weiter.
Was folgt daraus? Mittelfristig, also in
fünf bis zehn Jahren, sind Frauenquoten
vonmehr als zehn Prozent für Vorstands-
und Geschäftsführungsfunktionen nicht
realistisch – es sei denn, man beförderte
überproportional viele Frauen mit nicht
hinreichender Qualifikation aus den
nachgelagerten Hierarchieebenen in
diese Top-Positionen.
In einigen Branchen und Jobfamilien
sind Frauenquoten mit deutlich über
zehn Prozent und teilweise sogar über
20 Prozent aber mittelfristig auch oh-
ne überproportionale Beförderungen
durchaus realisierbar. Ein einheitlicher
Prozentsatz für alle Unternehmen und
Branchen ist also kontraproduktiv und
würde den Unternehmen höchstwahr-
scheinlich eher schaden als nutzen.
Fokus verändern
Statt sich auf Aufsichtsrats- und Vor-
standspositionen zu fokussieren, sollten
sich die Anstrengungen vor allem darauf
richten, mehr junge Frauen für das Stu-
dium der MINT-Fächer zu begeistern und
die unteren Führungsebenen mit hinrei-
chend vielen Frauen auszustatten – dann
löst sich das Problem zu weniger Frauen
in Top-Positionen (und so gut wie gar kei-
ner Frau an der Spitze der technischen
Ressorts) in den nächsten Jahren ganz
von allein.
Top-Positionen mit Frauen zu besetzen ist schwer, wenn der weibliche Nachwuchs fehlt.
© Jakub Jirsák / Fotolia.com
Dr. Thomas Haussmann
ist Senior Vice President
Rewards bei der Hay Group.
Nora Gruhle
ist Consul-
tant Executive Rewards bei
der Hay Group.
Niyazi Akin
ist Consultant
Executive Rewards bei der
Hay Group.