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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Bestandsaufnahme durch: Noch bevor
er die ersten Terminkonzepte und Bud
getpläne erstellt, untersucht der Pro
jektmanager kritisch das Umfeld seines
Vorhabens. Dafür nimmt er unterschied
liche Perspektiven ein; er setzt sich qua
si verschiedene Brillen auf, um so alle
Interessen in den Blick zu bekommen.
Die erste Brille: die Organisation,
in die das Projekt eingebettet ist. Wer
trifft Entscheidungen, welche Gremien
begleiten das Projekt, beispielsweise
Lenkungsausschüsse? Wichtig ist die
Ermittlung der „Stakeholder“, also der
Interessengruppen mit Einfluss auf
das Projekt. Wie können die jeweiligen
Stakeholder-Gruppen Einfluss nehmen,
wie groß sind ihre Kraft und ihre Macht?
Welche fördern und welche hemmen das
Projekt?
Die zweite Brille: die Unterneh
mensziele. Viele Projektmanager klären
zwar ihren Auftrag, informieren sich
aber nicht darüber, wie ihr Vorhaben zu
den Zielen und der Strategie ihres Un
ternehmens passt. Was will das Unter
nehmen mit diesem Projekt erreichen?
Damit verbunden ist auch die Frage,
welchen Stellenwert das Projekt über
haupt in der Organisation hat. Projekte
mit geringer Priorität müssen häufig
um Budget und Mitarbeiter kämpfen,
Vorhaben mit hoher Priorität haben den
Erwartungsdruck ihrer Umgebung zu
bewältigen.
Die dritte Brille: die Zahl der Schnitt
stellen, also die Menge von Berührungs
punkten in der Organisation und zu
ihrer Umgebung, etwa zu Lieferanten
und Kooperationspartnern. Auch sie ha
ben wesentlichen Einfluss auf den Pro
jektverlauf, denn solche Schnittstellen
erhöhen die Komplexität enorm. Miss
lungene Abstimmung zwischen den
Partnern ist bereits vielen Projekten
zum Verhängnis geworden. Der Projekt
manager sollte sorgfältig die Schnitt
stellen analysieren und Strategien zur
Führung der Beteiligten entwerfen.
Diese Bestandsaufnahme sollte der
Projektmanager nicht nur vom Schreib
tisch aus machen. Projektprofis pflegen
dafür die „Walking Around“-Strategie.
Sie nutzen ihr Netzwerk und besuchen
gezielt Mitarbeiter, die Auskunft ge
ben können. Nur so sind neben Infor
mationen auch Einschätzungen und
vertrauliche Hinweise zu bekommen.
Die Gespräche bleiben unkompliziert,
Profis wollen auch die Intuition von
Spezialisten ansprechen. Nützlich ist es,
Spezialisten zu bitten, aus dem Bauch
heraus drei oder vier Projektrisiken aus
ihrem Blickwinkel zu nennen. Zudem
haben sich Mentorenprogramme be
währt; versierte Projektmanager lassen
aufstrebende Kollegen an ihren Erfah
rungen teilhaben. Daneben kann sich
die Verbindung zu Fachverbänden wie
dem GPM Deutsche Gesellschaft für Pro
jektmanagement e.V. lohnen.
Szenarien zur Prävention bilden
Nach der Bestandsaufnahme bildet der
Projektmanager auf Basis der Informa
tionen, Einschätzungen und Meinungen
verschiedene
Was-wäre-wenn-Szena
rien. Er betrachtet jedes Element des
Systems und prüft den angenommenen
Einfluss auf das Projekt. Er schätzt die
Folgen seines Handelns und das ande
rer Leute ab. Was geschieht, wenn ge
wisse Förderer das Interesse an dem
Vorhaben verlieren – oder sich mäch
tige Gegner formieren? Wie wirkt sich
eine Machtverschiebung auf das Pro
jekt aus? Was, wenn wichtige Mitarbei
ter und Lieferanten ausfallen? Wenn
die Kommunikation mit Partnern in
Übersee nicht richtig funktioniert? Der
Projektmanager variiert die Grundan
nahmen, spielt verschiedene Modelle
seines Projekts durch und ermittelt so
die Risiken: Wie wirkt es sich aus, wenn
dem Projekt Spezialisten fehlen? Ergibt
sich daraus ein Risiko? Wie kann man
Vorsorge treffen – und die Vorsorge
im Projekt und seiner Umgebung auch
durchsetzen? Der Akzent liegt auf der
Wer durch verschiedene
Brillen das Projektumfeld
betrachtet, erkennt Risiken.
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