Seite 16 - personalmagazin_2013_11

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personalmagazin 11 / 13
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Titel
_
projektmanagement
E
rinnern Sie sich noch an „Elena“
– den elektronischen Entgelt-
nachweis, der so vieles im Mel-
deverfahren erleichtern sollte?
Das Projekt scheiterte erst in der prak-
tischen Anwendung, als bereits Verluste
in Millionenhöhe zu verzeichnen waren,
wie die Bundesvereinigung der deut-
schen Arbeitgeberverbände angibt.
Noch öffentlichkeitswirksamer ist im
Sommer Thomas de Maizière mit seinem
Drohnenprojekt gescheitert. Die Haupt-
kritik dabei: Warum hat er das Projekt
nicht früher gestoppt? Aber immerhin
hat der Verteidigungsminister das Pro-
jekt abgebrochen. Denn andere Projekte
ziehen sich Geld verschlingend lange
hin, wie zum Beispiel bei der Ausliefe-
rung der ICE-Züge von Siemens an die
Von
Kristina Enderle da Silva
(Red.)
Deutsche Bahn zu beobachten ist oder
bei der Hamburger Elbphilharmonie. Ein
Projektabbruch kann Millionen sparen
– wenn der Projektleiter rechtzeitig den
Mut zum Absprung findet.
Aber nicht nur die Leiter von solchen
Großprojekten, in denen öffentliche Trä-
ger beteiligt sind, sollten sich die Frage
stellen, wann ein Projektabbruch besser
ist als das Verschleppen sämtlicher Pro-
jektziele. Auch in kleineren unterneh-
mensinternen Projekten sollte das eine
Rolle spielen. Doch wie die Ergebnisse
der Studie „Projekte als Erfolgsfaktor“
von der Pentamino GmbH zeigen, funk-
tioniert dies in den Unternehmen nicht;
sie brechen ihre Projekte zu spät ab. Nur
etwa jeder fünfte Befragte gibt in der
Umfrage aus dem Jahr 2011 an, dass in
seinem Unternehmen unnötige Projekte
konsequent abgebrochen werden. Auf
fast jedes dritte Unternehmen trifft dies
hingegen nicht zu.
Die Angst vor dem Scheitern
Was angefangen wurde, wird also meist
bis zum – bitteren – Ende durchgezo-
gen. Warum ist das so? „Bei Projektlei-
tern gibt es eine große Hemmschwelle,
den Projektstopp zu empfehlen“, erklärt
Projekt-Coach Angela Hemmrich. „Häu-
fig befürchten sie, dass sie als Versager
gelten oder dass sich ein derartiger
Abbruch negativ auf ihre Karriere aus-
wirken könnte.“ Auch die Autoren der
PWC-Studie „Lohnen sich Ihre Projekte
wirklich?“ aus dem Jahr 2011 ziehen
aus ihren Gesprächen mit Praktikern
die Erkenntnis, dass ein Projektabbruch
als Scheitern angesehen werde. Sie
sprechen sogar von einer „ausgeprägten
Scheu“ vor dem Projektabbruch. Und
das, obwohl die Ziele der Projekte meist
nicht erreicht werden: „Vor dem Hinter-
grund der wirtschaftlichen Dynamik
und der damit verbundenen ständigen
Anpassungsprozesse in den Unterneh-
men ist zu vermuten, dass der prognos-
tizierte Nutzen sich häufig nicht reali-
sieren lässt“, warnen die PWC-Berater
in ihrer Studie. Würden Unternehmen
den Nutzen eines Projekts fortwährend
überprüfen, müsste sich dies in einer
wesentlich höheren Projektanpassungs-
und Abbruchquote ablesen lassen, so
das Resümee von PWC.
Aus Warnsignalen Taten ableiten
Wie erkennt man also, wann der Zeit-
punkt gekommen ist, die Reißleine zu
ziehen? Wie setzt man ohne Gesichts-
Mut zum Absprung
überblick.
Bevor sich Projekte zu lange hinziehen und Ressourcen verschlingen,
sollten die Verantwortlichen sie rechtzeitig stoppen. Doch das scheint schwerzufallen.
Ein Projektstopp ist für die meisten Beteiligten sehr negativ geprägt. Doch es lässt
sich auch Positives daraus ziehen – wenn man bereit ist zu lernen.
Diesem Credo hat sich Paul Iske, Gründer des Institute for Brilliant Failures, verschrie-
ben. Er vergibt jährlich sogar Awards für brillant gescheiterte Projekte im Bereich des
Gesundheitwesens und der Entwicklungshilfe. Ein Award für gescheitertes Projektma-
nagement ist in Planung. Die Idee dahinter: Ein Fehlschlag soll nicht negativ betrachtet,
sondern als Chance für Neues gefeiert werden. Denn aus dem Scheitern eines Projekts
könne eine ungeplante Innovation entstehen, erklärt Iske. Das ginge aber nur, wenn die
Menschen einerseits bereit seien, Risiken einzugehen, und andererseits aus dem Schei-
tern eines Projekts auch wirklich etwas lernten. Dafür brauche es eine entsprechende
Kultur in den Unternehmen, die dies unterstützt (siehe Seite 31).
(end)
Aus dem Projektabbruch lernen
Praxisbeispiel
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