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Persönlich
_Überzeugungsstrategien
personalmagazin 04 / 13
V
ermutlich haben Sie das auch
schon erlebt: Engagiert und
begeistert hatten Sie eine zu-
kunftsweisende Maßnahme
konzipiert, aber in der Präsentation
vor der Geschäftsführung wurden die
sorgfältig zurechtgelegten Argumente
schnell vom Tisch gefegt: Dafür stehe
jetzt kein Geld zur Verfügung. Solche
frustrierenden Erlebnisse tragen dazu
bei, dass mehr als die Hälfte der Persona-
ler mit ihrer Arbeit unzufrieden ist. Das
geht aus den regelmäßigen Befragungen
von Kienbaum zur HR-Strategie und -Or-
ganisation in deutschen Unternehmen
hervor. Demnach werden tatsächlich in
sehr vielen Unternehmen die HR-Abtei-
lungen nach wie vor als „ausschließlich
kostenproduzierende Geschäftseinhei-
ten“ angesehen.
Mit dem demografischem Wandel und
dem Fach- und Führungskräftemangel
wächst jedoch die Dringlichkeit, Mitar-
beiter strategisch und professionell zu
akquirieren, nachhaltig zu entwickeln
und an das Unternehmen zu binden –
alles businessrelevante Aufgaben der
HR-Abteilungen. 2012 sind der deut-
schen Wirtschaft laut Boston Consul-
ting Group schon 30 Milliarden Euro
entgangen, weil Aufträge aufgrund feh-
lender Fachkräfte nicht angenommen
werden konnten. Was muss passieren,
dass angesichts solch alarmierender
Entwicklungen die Überzeugungsarbeit
gegenüber der Geschäftsführung kein
aussichtsloser Kraftakt, sondern ein
Austausch auf Augenhöhe wird?
Von
Sibylle Nagler
Muss die Personalerpersönlichkeit
vom „emphatisch-dienstleistungsori-
entierten Menschenfreund“ der im
vergangenen Jahrhundert dominierte,
zum „eiskalten businessgetriebenen
Durchsetzer“ des 21. Jahrhundert mu-
tieren? Diese provokante Gegenüberstel-
lung impliziert, dass ein persönliches
Durchsetzungsdefizit des Pudels Kern
ist. Eine aktuelle Untersuchung der
CNT-Gesellschaften für Personal- und
Organisationsentwicklung zum Kompe-
tenzprofil von Personalverantwortlichen
zeigt jedoch: Personaler sind meist so-
zial kompetent, vertreten ihre Position
und können andere einbinden und über-
zeugen. Das sind gute Voraussetzungen,
um die eigene Position durchzubringen.
Es wurden jedoch drei andere Aspekte
deutlich, die dies oft behindern und die
dringend einer Optimierung bedürfen.
Erstens: Strategische Ausrichtung
Personaler sind laut CNT-Untersuchung
zu oft rein operativ tätig und reagieren
flexibel und pragmatisch auf aktuelle
Anforderungen. Zu selten entwickeln
und verfolgen sie strategisch ausgerich-
tete Konzepte, die sich an den Unterneh-
menszielen orientieren. Laut Kienbaum-
Studie 2012 nutzen Personalbereiche
weniger als die Hälfte ihrer Ressourcen
für die Kernprozesse, mit denen die we-
sentliche Wertschöpfung erbracht wird.
Bei der Arbeit dominieren oft die Bereit-
stellung administrativer Services und
die kurzfristige Realisierung angefrag-
ter Maßnahmen. Der Personalbereich
beschränkt sich zu häufig darauf, bei
der Umsetzung zu beraten und für rei-
bungslose Abläufe zu sorgen.
In Zukunft wird das Management
von der HR-Abteilung immer stärker
erwarten, dass sie nachweisbar zum
Unternehmenserfolg beiträgt und die
Führungskräfte bei ihrer Zielerreichung
unterstützt. Dazu muss HR die Ziele und
Strategie des Managements kennen und
eigene Ziele und Strategien daraus ab-
leiten. Die HR-Strategie sollte schriftlich
fixiert und durch die Geschäftsführung
verabschiedet werden. Das tun heute
laut Kienbaum-Studie noch weniger als
Hälfte der Unternehmen. Kein Wunder
also, dass sich diese Personaler mit ih-
ren Ideen nicht durchsetzen, wenn sich
ihre Aktivitäten und Argumentation
nicht explizit an den mittel- und langfris­
tigen „business needs“ orientieren. Zu
einer strategiegeleiteten Personalarbeit
gehört auch eine längerfristig angelegte
Vorgehensweise, als Personaler sie heu-
te oft an den Tag legen.
Zwar denken Personaler meist be-
reichsübergreifend und haben damit
einen Blick für größere Zusammenhän-
ge, aber für einen strategischen Ansatz
Überzeugen mit Strategie
Praxis.
Wenn Sie Mühe haben, das Management von Ihren Ideen zu überzeugen,
sollten Sie die Aufstellung Ihrer Abteilung und die Ausrichtung Ihrer Arbeit überprüfen.
Personaler sind meist
sozial kompetent, vertre-
ten ihre Position, kön-
nen andere einbinden
und überzeugen. Nach-
holbedarf besteht bei
Analyse und Planung.