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CGZP-Tarifvertrag
Zusammenfassung
Der Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers
gegen den Entleiher über die wesentlichen Arbeitsbedingungen
vergleichbarer Arbeitnehmer war bereits dann gegeben, als be­
gründete Zweifel an der Wirksamkeit der von der Tarifgemeinschaft
Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagen­
turen (CGZP) abgeschlossenen Tarifverträgen bestanden.
relevanz
Das Urteil macht deutlich, welche individualrechtlichen
Folgewirkungen aus der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge fol­
gen. Der Entleiher muss danach die Auskunft nicht nur für Zeiträume
erteilen, in denen die Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge durch
Gerichtsurteil feststand, sondern auch für Zeiträume, die vor einer
gerichtlichen Unwirksamsfeststellung lagen.
Quelle
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 23.1.2013, 11 CA 654/11
Schmiergeld für Betriebsfeier
Zusammenfassung
Nimmt ein Mitarbeiter des öffentlichen Diens­
tes ein Geldgeschenk an, so berechtigt dies auch dann zur außeror­
dentlichen Kündigung, wenn die Geldspende zur Finanzierung einer
Weihnachtsfeier vorgesehen war.
relevanz
Das LAG hat zunächst klargestellt: Auch bei einem schwe­
ren Verstoß ist für die Kündigung eine Abwägung der Interessen bei­
der Vertragsteile durchzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass
nicht das Sanktions-, sondern das Prognoseprinzip gilt. Die negative
Prognose für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit wurde
auch darauf gestützt, dass der Kläger erst wenige Monate vor dem
Vorfall an einem Seminar für „Beschäftigte in besonders korrupti­
onsgefährdeten Arbeitsgebieten“ teilgenommen habe.
Quelle
LAG Köln, Urteil vom 22.11.2012, 13 SA 614/12
AGG und Schwerbehinderung
Zusammenfassung
Ein Beschäftigter, der eine Entschädigung
nach §15 Abs. 2 AGG beansprucht, weil er sich wegen eines im
AGG geschützten Merkmals benachteiligt sieht, muss Indizien dafür
vortragen. Diese müssen aufzeigen, dass seine weniger günstige
Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grunds erfolgt oder
dies zumindest zu vermuten ist.
relevanz
Das Urteil ist für die Praxis deswegen wichtig, weil es die
Pflichten des Arbeitgebers aus den Vorschriften des allgemeinen
Schwerbehindertenrechts (§ 71 ff. SGB IX) im Verhältnis zum AGG-
Recht auslegt. So hatte die schwerbehinderte Klägerin den Vorwurf
erhoben, dass der Arbeitgeber nicht seiner Pflicht aus § 81 Abs. 1
Satz 9 SGB IX nachgekommen sei. Danach muss ein Arbeitgeber den
schwerbehinderten Arbeitnehmer – anders als bei der Bewerbung
eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers – unverzüglich und
ohne besondere Aufforderung über eine ablehnende Entscheidung
unterrichten und die Gründe dafür darlegen. Diese Unterrichtungs­
pflicht greift nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts aber nur dann,
wenn feststeht, dass der Arbeitgeber grundsätzlich seiner Pflicht ­
zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nach
§ 71 SGB IX nicht nachgekommen ist. Ist dies dem Arbeitgeber
aber nicht vorzuwerfen und hat er seine grundsätzliche Beschäfti­
gungspflicht, insbesondere die in § 71 geregelte Arbeitsplatzquote
für schwerbehinderte Menschen, erfüllt, besteht ein AGG-Anspruch
auch bei einem Schwerbehinderten nur dann, wenn – wie bei son­
stigen Arbeitnehmern auch – einschlägige Indizien, die nach dem
AGG für eine Benachteiligung sprechen, vorgetragen und bewiesen
werden.
Zeugnis ist Holschuld
Zusammenfassung
Ein Arbeitnehmer muss sein Arbeitszeugnis
im Unternehmen abholen, sofern nicht ausnahmsweise besondere
Umstände dieses unzumutbar machen.
relevanz
Das Urteil greift einen historischen Streit auf, der daraus
resultiert, dass der Gesetzgeber zwar den Zeugnisanspruch im BGB
formuliert, jedoch kein Wort über den Erfüllungsort verloren hat.
Das Landesarbeitsgericht stellt daher auf die allgemeine Rechtslage
des BGB ab, nach der bei Leistungen im Zusammenhang mit Gewer­
bebetrieben Leistungsort der Sitz der Niederlassung des Betriebs ist
(§ 269 Abs. 2 BGB).
Quelle
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.2.2013, 10 TA 31/132
Quelle
BAG, Urteil vom 21.2.2013, 8 AZR 180/12
Eigenkündigung
Zusammenfassung
Auch die Wirksamkeit einer fristlosen
Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund wegen
Vertragsverletzung des Arbeitgebers setzt in aller Regel dessen
vorherige vergebliche Abmahnung voraus.
relevanz
Das Urteil macht deutlich, dass auch bei Eigenkündi­
gungen die Grundsätze über die vorherige Abmahnung anzuwenden
sind. Der Arbeitnehmer hatte die Kündigung damit begründet, dass
er mit soviel Arbeit eingedeckt worden war, dass seine gesundheit­
lichen und privaten Lebensumstände empfindlich gelitten hätten.
Für das Arbeitsgericht reicht dieser Vortrag nicht aus, eine außeror­
dentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu begründen.
Quelle
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 4.1.2013, 28 CA 16836/1228