Seite 28 - personalmagazin_2013_04

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personalmagazin 04 / 13
Titel
_Frauenförderung
D
ie jüngste Filialleiterin wurde
mit 21 Jahren zur Chefin. Nun
leitet sie seit vier Jahren erfolg-
reich ein vierköpfiges Team.
Das Handschuhunternehmen Roeckl in
München mit rund 150 Mitarbeitern,
23 Geschäften und zehn Shop-in-Shop-
Flächen in Warenhäusern fördert kon-
sequent den eigenen Nachwuchs. „Wir
sind wachsam unterwegs“, beschreibt
Unternehmerin Annette Roeckl. „Wenn
jemand überdurchschnittlich gut ist, fin-
den wir bei uns einen Posten.“
Roeckl: Auszubildende fördern
Die Ausbildungsquote der Accessoire-
Firma liegt bei rund zehn Prozent: vom
Handschuhmacher über verschiedene
kaufmännische Berufe bis zu IT- und
Logistikberufen. Die interne Ausbilderin
begleitet ihre Schützlinge nicht nur fach-
lich, sondern achtet auch auf die Persön-
lichkeitsentwicklung. So macht sie sich
ein Bild von Talenten und Stärken. Dazu
Von
Ruth Lemmer
und
Pia Weber
zählen Fleiß ebenso wie Modebewusst-
sein, Genauigkeit wie Kreativität, Durch-
setzungsvermögen wie Kollegialität.
Fällt eine junge Frau durch Engagement
und Leistung auf, wirkt die Ausbilderin
verstärkt als Mentorin. Bei einer vakan-
ten Leiterinnenstelle muss ein kleiner
Mittelständler wie Roeckl die Kandida-
tinnen kennen, die eine Filiale rasch
und mit geringen Reibungsverlusten
übernehmen können. Erhält eine junge
Frau eine solche Position, bleibt die Aus-
bilderin als Coach in enger Verbindung.
Sie organisiert außerdem Schulungen
für Verkauf und Führung mit externen
Trainern. „Der gute Draht und die Schu-
lungen schaffen das Rüstzeug für junge
Führungskräfte“, sagt Roeckl. Auch für
Einsteigerinnen nach dem Studium gilt
die persönliche Nähe als Erfolgsgarant.
Pauschallösungen lehnt Annette Roeckl,
die das Familienunternehmen als erste
Frau in sechs Generationen 2003 über-
nahm, ab. „Kein System kann ein Ge-
spräch ersetzen“, so Roeckl, die davon
überzeugt ist, „dass Frauen und Männer,
die ihrer Situation gemäß arbeiten kön-
nen, ihre Leistung steigern.“
Börlind: Jobs anders zuschneiden
Beim Kosmetikunternehmen Börlind
hat sich die Quotenfrage nie gestellt,
aber die Frage, ob Frauen führen kön-
nen, auch nicht. Denn schon der Start
bei Börlind war weiblich: Kosmetikerin
Annemarie Lindner, die ab 1946 Natur-
produkte für die Haut herstellte und
verkaufte, gründete 1959 mit einem
Geschäftspartner in Calw die Börlind
GmbH. Die Unternehmerin war für den
Vertrieb mit dem Auto auf Achse und
schaffte den Spagat Geschäftsfrau –
Mutter in einer Zeit, als an Work-Life-
Balance noch niemand dachte.
Heute bringt sich bereits die dritte
Generation des Familienunternehmens
ins operative Geschäft ein. Frauen in
Führungspositionen gibt es bei der Fir-
ma mit 190 Mitarbeitern in Deutschland
weiterhin. Für Daniela Lindner, Mit-
glied der Geschäftsleitung und Ehefrau
des geschäftsführenden Inhabers, eine
Frage der Nachhaltigkeit: „Wir forcie-
ren Veränderung, obwohl wir bereits
einen hohen Standard erreicht haben.“
80 Prozent der Mitarbeiter sind Frauen,
in der Führungsebene 50 Prozent. For-
schungsleiterin, Versandleiterin und
Exportleiterin beweisen, dass Führung
mit unterschiedlichen Arbeitszeitmo-
dellen möglich ist. „Im Export bewegen
sich seltener Mütter, weil sie dort viel
reisen müssten“, so Lindner, die mit vier
Kindern einen erheblichen Erfahrungs-
schatz hat, was möglich ist. So hat die
Laborchefin ihren Platz in der Zentrale,
Individuelle Lösungen gefragt
Praxis.
Jenseits von theoretischer Forschung und politischen Initiativen haben viele
Unternehmen ihre eigenen Wege gefunden, wie sie Frauen in der Praxis fördern.
„Frauen und
Männer, die
ihrer Situation
gemäß arbei-
ten können, steigern ihre
Leistung.“
Annette Roeckl, Geschäftsführerin, Roeckl
Handschuhe und Accessoires GmbH & Co. KG
„Wenn man
großzügig
ist und den
Frauen entge-
genkommt, bringen sie
Höchstleistung.“
Daniela Lindner, Mitglied der Geschäftslei-
tung der Börlind GmbH