Seite 26 - personalmagazin_2013_04

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Titel
_frauenförderung
personalmagazin 04 / 13
stehung von geschlechterspezifischen
Teilgruppen begünstigt.
Empirische Ergebnisse: Gender
Diversity ist kein Garant für Erfolg
Ähnlich kontrovers wie die theoreti-
schen Annahmen zeigen sich auch die
empirischen Ergebnisse, die in einschlä-
gigen internationalen Fachzeitschriften
bis dato veröffentlicht wurden. Von 25
Studien, in denen der Zusammenhang
zwischen Gender Diversity in der Füh-
rungsebene und Unternehmenserfolg
empirisch untersucht wurde, konnten
zwar elf positive Zusammenhänge fest-
stellen. In neun Studien trat aber kein
Zusammenhang auf und in weiteren fünf
Studien hing die Beteiligung von Frauen
in Führungsteams sogar negativ mit dem
ökonomischen Erfolg der untersuchten
Organisationen zusammen.
Diese Ergebnisse zeigen: Gender Di-
versity in Führungsgremien ist kein
Garant für wirtschaftlichen Erfolg. Ver-
allgemeinerbare Schlussfolgerungen sind
auf Basis der bisherigen Untersuchungen
allerdings schwierig, weil die Ergebnisse
nur eingeschränkt miteinander vergleich-
bar sind. Das liegt zum einen daran, dass
die Autoren unterschiedliche Methoden
verwenden. So werden zum Beispiel Gen­
der Diversity und Unternehmensperfor-
manz mit unterschiedlichen Kennzahlen
gemessen. Zum anderen wurden ver-
schiedene Arten von Führungsteams in
verschiedenen Branchen und Ländern
untersucht. Interessant ist in diesem
Zusammenhang übrigens, dass bisher
ausschließlich Führungsteams in Groß-
unternehmen im Fokus der Analyse stan-
den und nur eine Studie in Deutschland
durchgeführt wurde. Schlussfolgerungen
für deutsche Unternehmen sind daher
kaum möglich, insbesondere wenn sie
dem Mittelstand angehören.
Randbedingungen: Unternehmens-
kultur und Geschlechterverhältnis
Angesichts dieser empirischen Ergeb-
nisse fällt es also schwer, von eindeutig
positiven oder negativen Auswirkungen
von Mixed Leadership zu sprechen. Las-
sen sich aus der bisherigen Forschung
dennoch Rückschlüsse für die Praxis
ziehen? Diese Frage kann zumindest
eingeschränkt bejaht werden. Denn in
einzelnen Studien wurde nicht nur der
direkte Zusammenhang zwischen Gen-
der Diversity und Unternehmensper-
formanz untersucht. Manche Autoren
suchten gezielt nach Randbedingungen,
bei deren Vorliegen Gender Diversity in
Führungsteams positiv mit Unterneh-
mensperformanz zusammenhängt.
Als eine kritische Randbedingung
konnte etwa die Unternehmenskultur
identifiziert werden. So zeigte sich, dass
Mixed Leadership in solchen Unterneh-
men positiv mit Performanz zusam-
menhängt, die durch eine persönliche,
familiäre und unterstützende Kultur
gekennzeichnet sind („clan culture“).
In Unternehmen mit einer stärker risi-
ko- und flexibilitätsorientierten Kultur
(„adhocracy culture“) ist dies hingegen
nicht der Fall.
Zudem scheint es auch relevant zu
sein, wie das Geschlechterverhältnis in
der untersuchten Branche ist: Bei einer
hohen Repräsentation von Frauen hängt
Mixed Leadership positiv mit dem Un-
ternehmenserfolg zusammen. Es liegt
der Schluss nahe, dass bei einem ausge-
glichenen Geschlechterverhältnis in der
Branche negative Stereotypisierungen
(im Sinne sozialer Kategorisierung) weni-
ger wahrscheinlich sind und folglich das
mit Gender Diversity einhergehende Po-
tenzial im Sinne einer besseren Entschei-
dungsqualität eher genutzt werden kann.
Auch wenn damit erste Hinweise auf
mögliche erfolgskritische Randbedin-
gungen vorliegen, sind die Ergebnisse
zum Zusammenhang zwischen Gender
Diversity und Unternehmensperfor-
manz insgesamt noch ausgesprochen
vage. Daher ist weitere Forschung zu
den Effekten von Mixed Leadership
unabdingbar. Beispielsweise wäre eine
systematische Zusammenfassung der
bereits vorliegenden Ergebnisse im Rah-
men einer Metaanalyse wünschenswert.
Zudem sind weitere Studien in Deutsch-
land notwendig sowie die Betrachtung
von mittelständischen Unternehmen
und die Ausweitung des Blickwinkels
auf verschiedene Führungsebenen.
Fazit für die Praxis: Ökonomische
Betrachtungsweise greift zu kurz
Die Förderung von Gender Diversity in
der Führungsetage rein ökonomisch zu
legitimieren ist auf Basis wissenschaft-
licher Erkenntnisse insgesamt also pro-
blematisch – dafür sind die Ergebnisse
bislang zu inkonsistent. Für die Praxis
soll das aber keinesfalls bedeuten, dass
die Beteiligung von Frauen in Führungs-
gremien für den Unternehmenserfolg
wirkungslos ist und sich das Thema
Mixed Leadership somit von selbst er-
ledigt. Vielmehr macht die Forschungs-
lage darauf aufmerksam, dass der
Zusammenhang zwischen weiblicher
Repräsentanz in der Führungsetage
und Unternehmenserfolg offensichtlich
komplexer ist, als die scheinbar eindeu-
tigen Ergebnisse von Unternehmensbe-
ratungen vermuten lassen.
Insgesamt lässt sich festhalten: Es ist
nicht allein entscheidend, ob Frauen
in der Führungsetage vertreten sind.
Vielmehr ist relevant, ob es gelingt, das
positive Potenzial von Gender Diver-
sity auch zu nutzen. Dies dürfte unter
anderem davon abhängen, wie die ge-
mischtgeschlechtlichen Führungsteams
ihrerseits organisiert sind und geführt
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Der Zusammenhang von
„Gender Diversity“ und
Erfolg ist komplexer, als
die scheinbar eindeuti-
gen Ergebnisse von Un-
ternehmensberatungen
vermuten lassen.