Seite 22 - personalmagazin_2013_04

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personalmagazin 04 / 13
Titel
_Frauenförderung
Dagegen setzt das Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend (BMFSFJ) von Kristina Schröder
für den Frauen-Karriere-Index (FKi)
gnadenlos auf Öffentlichkeit.
„Frauen-Karriere-Index”
Das Ministerium lädt auf seiner Website
zur Flexi-Quote Unternehmen ein, sich
einem „fairen Beurteilungsmaßstab“ zu
unterziehen. Der FKi werde von einem
Team von Wissenschaftlern entwickelt
und sei unabhängig und objektiv. Die
Unternehmensergebnisse sollen – so die
Planung – in einem Ranking samt Frau-
enpreis münden. Das Projekt befindet
sich in der Pretest-Phase, konkrete Fra-
gen und Quotes werden noch nicht ge-
nannt. Einen zeitlichen Horizont für die
tatsächliche Studie und den Preis gibt
es ebenfalls noch nicht. Auch die Mit-
glieder des wissenschaftlichen Beirats
werden „auf deren eigenen Wunsch“,
so der Pressestab gegenüber dem Per-
sonalmagazin, noch nicht veröffentlicht.
Lediglich Projektkoordinatorin Barbara
Lutz und die TNS-Infratest-Tochter TNS-
Live stehen als Mitspieler fest. Ob und
inwieweit der FKi also ein nützliches
Instrument wird, lässt sich zum jetzigen
Zeitpunkt nicht beurteilen.
Möglicherweise ist die neue Vorsicht
aufseiten des BMFSFJ eine Reaktion auf
die ablehnende Debatte im November
2012, als das Ministerium den Vorläufer
des Frauen-Karriere-Index, das Frauen-
Karriere-initial der DAX-30-Unterneh-
men, freischaltete. Ausgewertet wurden
öffentlich zugängliche Daten aus dem
Statusbericht „Frauen in Führungspo-
sitionen“. Über das Ranking konnten
sich die Spitzenreiter Henkel, Bayer und
BMW freuen, während Commerzbank
und Lufthansa abgeschlagen wurden
– Firmen also, die frühzeitig und auf
diversen Führungsebenen die Gender-
frage gestellt haben.
Kritische Debatte
Sehr direkt äußerte sich die Deutsche
Gesellschaft für Personalführung (DGFP)
in Düsseldorf. Sie hält den FKi, so ein
Positionspapier (siehe auch Kasten Seite
21), „weder für aussagekräftig noch für
anwendbar“. Sascha Armutat, DGFP-
Leiter Forschung und Themen: „Wir kri-
tisieren nicht das Ansinnen des Minis-
teriums, mehr Transparenz zu schaffen,
sondern sehen Konstruktionsfehler.“ Ar-
mutat begrüßt es, dass differenziert und
nachjustiert wird: „Kennzahlen können
Dinge transparent machen, wenn die
Vergleichbarkeit gewährleistet ist.“ Er
warnt: „Mathematische Modelle dürfen
nicht in die Irre führen, Planungswerte
eignen sich nicht, weil sie ein Ranking
verzerren können.“
Besonders bissig reagierte Michael
Stuber von Ungleich Besser in Köln. Der
Inhaber der Diversity-Beratung lehnt
ein Politikprojekt rundweg ab und ver-
weist darauf, „dass sich Ministerien um
störende Rahmenbedingungen wie un-
gleiche Elternzeit für beide Elternteile
und unflexible Arbeitszeiten kümmern
sollten“. Interne Kennzahlen haben Un-
ternehmen jedenfalls für den FKi bisher
nicht zur Verfügung gestellt – und damit
offensichtlich das Schrödersche Bedürf-
nis nach Transparenz und Wettbewerb
verletzt. Das Druckmittel FKinitial hat
allerdings die Stimmung verhagelt. Ob
und wann das Ministerium die Wogen
glätten kann, ist derzeit offen.
Unterhalb dieser politisch-ministe-
rialen Ebene finden Unternehmen, die
sich ernsthaft mit ihrer Firmenkultur
und dem Gender-Thema beschäftigen
wollen, ganz praktikable Instrumente
für den Einstieg. So hat die DGFP die Er-
kenntnisse aus dem Arbeitskreis „Hilft
Frauenförderung Frauen im (ins) Ma-
nagement?“ in einem Praxispapier ver-
öffentlicht, das Handlungsfelder für den
Kulturwandel definiert.
„Logib-D” und „Total E-Quality”
Ein Analyseinstrument zur „Lohngleich-
heit im Betrieb – Deutschland“, etwas
sperrig abgekürzt Logib-D, geht seit
2010 den Ursachen von Entlohnungsun-
terschieden zwischen Frauen und Män-
nern nach. Ausbildungsjahre, Erwerbs-
jahre, Teamgröße und Teilzeitfaktor
sind einige erfasste Messgrößen. 2012
konnten sich 200 Unternehmen, geför-
dert vom BMFSFJ, nach der anonymen
Computeranalyse beraten lassen. Was
jetzt bleibt, ist die Selbstanalyse mit
dem Logib-D-Tool.
Eine weitaus längere Tradition hat
der Verein Total E-Quality Deutschland
in Bad Bocklet mit seinem Prädikat für
die Unternehmen und Institutionen,
die Chancengleichheit zwischen den
Geschlechtern zum Ziel erklären und
nachweislich Fortschritte erzielen: 1994
wurde Total E-Quality von Eva Maria Roer
gegründet, Inhaberin des internationa-
len Versandhandels für Dentallaborbe-
darf DT&Shop GmbH in Bad Bocklet. Sie
wollte nicht nur in der eigenen Firma, wo
sie zum Start fünf Jahre lang konsequent
ausschließlich Mitarbeiterinnen rekru-
tierte, Frauen in Führungspositionen
befördern und die Lebensumstände aller
Mitarbeiter in der Arbeitsorganisation
berücksichtigen. Sie wollte vielmehr ei-
nen Paradigmenwechsel einläuten – und
gönnt sich einen langen Atem. Selbstver-
pflichtung und Transparenz, also die Ver-
öffentlichung der Daten und Ziele, sind
für das Total-E-Quality-Prädikat wichtige
Instrumente. Eine kurze Checkliste als
Selbstbewertungsinstrument ist bereits
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
„Ministerien
sollten sich um
störende Rah-
menbedingun-
gen wie ungleiche Eltern-
zeit für beide Elternteile
und unflexible Arbeitszei-
ten kümmern.“
Michael Stuber, Ungleich Besser Diversity
Consulting