Seite 20 - personalmagazin_2012_01

Basic HTML-Version

personalmagazin 01 / 12
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
20
PERSONALAUSWAHL
TITEL
male zu erfassen, stehen verschiedene
Testverfahren zur Verfügung. Persön-
lichkeitstests beziehen sich auf die
Erfassung schwer veränderbarer Merk-
male. Diese sind Lebenswerte, Einstel-
lungen, Motive, Leistungsmotivation,
Belastbarkeit und Dynamik. Passen sie
von der Grundkonstellation nicht zu den
Anforderungen der Stelle, wird die er-
folgreiche Wahrnehmung einer Position
kaum gelingen. Wissen kann erworben
werden, Verhaltensweisen können teil-
weise antrainiert werden, tief in der
Persönlichkeit verankerte Motive sind
jedoch kaum veränderbar.
Bei Testverfahren zur Messung der
intellektuellen Leistungsfähigkeit sind
typische Kategorien, die erfasst werden,
die sprachliche und praktisch-rechne-
rische sowie die Kombinations-, Abstrak-
tions- und Vorstellungsfähigkeit.
Nutzen von Testverfahren:
Mit Tests
lassen sich Merkmale erfassen, die an-
dere Auswahlinstrumente nur unzu-
reichend abbilden können. Es können
differenzierte Aussagen über die Persön-
lichkeit und Antreiber eines Kandidaten
erhoben werden: Was motiviert ihn, wel-
che Präferenzen beeinflussen sein Ver-
halten und welche Schlüsse können wir
aus seinemArbeitsverhalten ziehen? Mit
den Antworten auf diese Fragen, wird
der Abgleich mit dem Anforderungs-
profil fundierter. Oft sind auch Online-
Verfahren verfügbar, die sich flexibel
einsetzen lassen.
Risiken und Fehlerquellen
: Er-
schwert wird der Einsatz von Testverfah-
ren oft dadurch, dass Lizenzen nötig sind
oder ausschließlich geschulte Personen
oder Psychologen den Test durchführen
dürfen. Zum Teil sind intensive Auswer-
tungsgespräche erforderlich.
Um aussagekräftige Ergebnisse zu be-
kommen, müssen Sie im Vorfeld prüfen,
ob das Testverfahren wirklich die ar-
beitsplatzbezogenen Anforderungen er-
hebt. Erfasst werden muss auch, ob das
Verfahren für die Zielgruppe geeignet
ist. Persönlichkeitsverfahren sollten für
den beruflichen, nicht für den klinischen
Kontext entwickelt sein, Intelligenztests
explizit für Erwachsene. Prüfen Sie auch,
ob das Verfahren wirklich wissenschaft-
lichen Qualitätskriterien entspricht (Va-
liditäts- und Reliabilitäts-Kennzahlen
von einer Stichprobe über 1.000 Per-
sonen).
Zwei weitere Aspekte sollten Sie be-
achten. Erstens: Der Betriebsrat hat bei
Auswahlverfahren für tarifliche Mitar-
beiter ein Mitbestimmungsrecht. Zwei-
tens: Für internationale Bewerberpools
muss der Intelligenztest sprachfrei sein
oder in den relevanten Muttersprachen
vorliegen.
Der Simulationsansatz: Assessment-
Center und Probearbeit
Mit Simulationsverfahren erhält
man komplexe verhaltensbezogene
Informationen unter realitätsnahen
Bedingungen. Dazu gehören unter an-
derem das Assessment-Center und die
Probearbeit.
Das Assessment-Center
Im Assessment-Center werden in einem
simulierten Arbeitskontext typische An-
forderungen der Stelle erfasst. Das ge-
zeigte Verhalten wird beobachtet undmit
dem Anforderungsprofil abgeglichen.
Nutzen und Erfolgsfaktoren:
Mit
dem Assessment-Center erhalten Per-
sonaler differenzierte, verhaltensbezo-
gene Informationen, wenn die Aufgaben
einen klaren Bezug zu den Aufgaben
der vakanten Position haben und eine
große Situationsvielfalt hergestellt wird:
Präsentationen, Analyse- oder Problem-
lösungsaufgaben, zwischenmenschliche
Situationen, wie Gruppenaufgaben und
-diskussionen und Gesprächssimula-
tionen (Verkaufs-, Verhandlungs- und
Mitarbeitergespräch).
Wichtig ist, dass die Beurteilung auf
einem positionsbezogenen Anforde-
rungsprofil basiert und bedeutende
Anforderungsdimensionen durch Ver-
haltensbeschreibungen konkretisiert
sind. Diese dienen den Beobachtern als
Grundlage für ihre Beurteilung. Gute
Ergebnisse erhalten Sie, wenn die Be-
obachter hinsichtlich des Verfahrens,
ihres Beobachterverhaltens, der An-
forderungen an Beobachten und Be-
urteilen sowie hinsichtlich möglicher
Beurteilungsfehler geschult sind. Setzen
Sie mehrere Beobachter ein, die hierar-
chisch eine Position über der zu beset-
zenden Zielposition stehen.
Risiken
: Das Assessment-Center ist
relativ zeit- und kostenintensiv. Vermei-
den sollte man, dass Bewerber im An-
schluss kein oder ein unzureichendes
Feedback erhalten. Wenn die Verfahren
ohne entsprechende Erfahrungen entwi-
ckelt und durchgeführt werden, lassen
sich die positionsbezogenen Anforde-
rungen nur unzureichend erfassen.
Die Probearbeit
Die Probearbeit findet im realen Arbeits-
kontext statt, das heißt, der Bewerber
kommt für einen oder mehrere Tage an
den Arbeitsplatz und arbeitet mit.
Nutzen:
Eine gute Einschätzung der
relevanten Fertigkeiten, der persön-
lichen Passung des Bewerbers zum
Team und seiner Lernfähigkeit ist hier
möglich und das ganze Team wird in die
Auswahlentscheidung integriert.
Fehlerquellen:
Der Zeitraum der
Probearbeit darf nicht zu kurz sein, um
einen realistischen Eindruck zu gewin-
nen. Ein weiterer möglicher Fehler: Der
Bewerber hat kein realistisches Umfeld,
in dem er mit seinen zukünftigen Kolle-
gen und Vorgesetzten zusammenarbei-
ten kann oder er schaut nur zu, anstatt
mitzuarbeiten.
Geschäftsführerin der
Grow Up Management-
beratung GmbH
Uta Rohrschneider
Beraterin und Trainerin
der Grow Up Manage-
mentberatung GmbH
Marie-Christine Lohmer