personalmagazin 01 / 12
Vom Lebenslauf zum Eignungstest
STIMMEN. Experten erklären, welche Instrumente sie bei der Personalauswahl
nutzen – als Antwort auf online-affine und bestens vorbereitete Bewerber.
nur an Personaler appellieren, aussage-
kräftige Zeugnisse zu schreiben. Durch
die Globalisierung müssen wir aber öfter
ohne Arbeitszeugnis auskommen, da es
in vielen Ländern unüblich ist.“
Überzeugt ist Müller von Eig-
nungstests. „Eine Kombination aus Intel-
ligenz- und Persönlichkeitstest hat eine
erstaunlich hohe Treffsicherheit, wenn
man den Berufserfolg der Mitarbeiter
in den nächsten Jahren betrachtet. In
Kombination mit einer Analyse der Be-
werbungsunterlagen und einem struktu-
rierten Interview ist die Vorhersagekraft
unschlagbar.“ Natürlich sieht sie auch
die Schwierigkeiten: „Der Zeit und Kos-
tenfaktor schreckt ab, aber nichts ist
kostspieliger als einen Mitarbeiter neu
einzustellen, der nicht zur Stelle passt.
Und: Die Tests müssen mit einem struk-
turierten Interview verbunden werden,
weil sie sonst die Komplexität des Bewer-
bers nicht erfassen. Die Bewerber selbst
stehen diesen validierten Testergebnis-
sen aber meist positiver gegenüber als
einer Personalentscheidung nach ‚Na-
senfaktor‘.“ Bei Referenzen ist ihr Urteil
durchwachsen. „Manchmal bekommt
man bei einem Anruf wunderbare, ehr-
liche, differenzierte Beschreibungen zu
den Fähigkeiten und der Persönlichkeit
des Bewerbers, und manchmal hat man
einen gehetzten Manager am Apparat,
der entsprechend kurz angebunden ist.“
Zu großer Einfluss der Fachliteratur
Auch Sehnaz Özden von der Continental
AG nutzt Referenzen in der Personalaus-
wahl. „Die Automobilzuliefererbranche
ist recht eng, Personaler sowie Bereichs-
leiter kennen sich und können so Refe-
renzen nutzen und schnell prüfen.“ Ein
Netzwerk, auf das man beim Rekrutie-
ren von Hochschulabsolventen nicht so
einfach zurückgreifen könne. „Gerade
bei Bewerbungen von Hochschulabsol-
venten ist aber auffällig, dass diese,
beeinflusst durch einschlägige Fachlite-
ratur, übersteigerten Wert auf eine schö-
ne Bewerbungsmappe legen. Dabei ist
die wichtigste Bedingung, dass die Vo-
raussetzungen des Bewerbers mit dem
Profil der offenen Position übereinstim-
men.“ Hier helfe oft ein Praktikum oder
eine Abschlussarbeit der Absolventen.
Zur Rekrutierung nutzt das Unterneh-
men nahezu ausschließlich das eigene
Karriereportal. „Background Checks“
Von
Michael Miller
(Red.)
E
s ist nur verständlich, dass sich
Bewerber bei der Personalaus-
wahl von ihrer Schokoladenseite
zeigen. Das geschieht zuneh-
mend virtuos. Sie bereiten sich immer
besser auf Auswahlprozesse vor und ver-
fügen über die richtigen Antworten auf
die Instrumente der Personalabteilung.
Wir haben Personaler gefragt, welche
Quellen verlässlich sind und welche In-
strumente künftig helfen, um die rich-
tigen Mitarbeiter an Bord zu holen.
Arbeitszeugnisse genau analysieren
Nadine Müller von der Namics AG sieht
die Analyse der klassischen Bewer-
bungsunterlagen zurzeit als wichtigstes
Instrument im Auswahlprozess. „Die
geübten Bewerber werden immer ver-
sierter darin, sich entsprechend darzu-
stellen. Dieses Selbstbild gleichen wir
ab, indemwir etwa die Arbeits- oder Abi-
turzeugnisse analysieren. Sogenannte
‚Background Checks‘ bestätigen meist
nur das Bild aus der Bewerbung, da sich
‚Digital Natives‘ ihr gewünschtes Image
gezielt im Internet aufbauen.“ Die Ana-
lyse der Arbeitszeugnisse werde auch in
einigen Jahren noch ein wichtiges Instru-
ment sein, meint Müller. „Ich kann daher
„Ein Karriereportal ist günstig für den
Bewerber und das Unternehmen.“
Sehnaz Özden, Head of Employer Branding & Recruiting, Continental AG
„Intelligenz- und Persönlichkeitstests
haben eine hohe Treffsicherheit.“
Nadine Müller, Recruitment Manager, Namics AG
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PERSONALAUSWAHL
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