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SOZIALVERSICHERUNG
personalmagazin 03 / 12
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Eine Schätzung als Erfolg verkauft
HINTERGRUND. Was Bürokratieabbau an Einsparungen bringt, wird im Gesetz-
gebungsverfahren geschätzt. Wie es in der Realität aussieht, prüft keiner nach.
haben soll, passen. Auch bei der Frage,
wie die Ersparnis denn ermittelt wird,
kam Überraschendes heraus. Nicht et-
wa die nach Umsetzung des Gesetzes
tatsächlich ermittelte Einsparung war
die Basis für die 800-Millionen-Erfolgs-
meldung. Vielmehr seien die Daten den
jeweiligen Gesetzesbegründungen ent-
nommen, denen ihrerseits Schätzungen
nach dem sogenannten Standardkosten-
modell zugrunde lägen. Ob sich hier in
der Nachschau Veränderungen ergeben
hätten, das könne aber nur das jeweilige
Fachministerium beantworten.
Eine Schätzung aus 2006 war gemeint
Per Anfrage beim Bundesarbeitsmini-
sterium (BMAS) erfuhren wir dann erst-
mals, durch welche konkrete Änderung
diese Entlastung ausgelöst worden sei.
Das BMAS teilte mit: „Bei den vom NKR
genannten Einsparungen im Meldever-
fahren handelt es sich umdie Einsparung
im Zusammenhang mit der Umstellung
des Meldeverfahrens zum 1. Januar 2006
vom teilweisen Papierverfahren auf das
vollautomatisierte Melde- und Beitrags-
verfahren per Datenfernübertragung.“
Aber auch hier musste eingeräumt wer-
den: Die genannte Einsparungszahl ist
seit ihrer Schätzung durch das Standard-
kostenmodell im Jahr 2006 nicht noch
einmal nachgeprüft, geschweige denn
angepasst worden.
Keine Bestätigung vom Spitzenverband
Völlig im Tal der Ahnungslosen scheint
sich der GKV-Spitzenverband zu bewe-
gen, dem die Erfolgsmeldung über die
eingesparte Summe offensichtlich selbst
nicht ganz geheuer war. Er teilte uns
kurz und knapp mit: „Da die von Ihnen
zitierte Zahl zur Einsparung durch die
Neustrukturierung des Meldeverfah-
rens in der Sozialversicherung nicht
von uns stammt, können wir dazu kei-
ne Stellung beziehen. Vermutlich sind
diese Berechnungen über das BMAS
angestellt worden. Insofern würden wir
Ihnen empfehlen, sich mit Ihrer Anfra-
ge dorthin zu wenden oder auch an den
Normenkontrollrat selbst“.
Elena wird zur Persona non grata
Geklärt war damit aber zumindest, dass
es sich bei der Erfolgsmeldung nicht
um eine wie von manchen Lesern der
NKR-Broschüre vermutete Zeitungsente
handelt. Denn Elena, so beteuerten al-
le Befragten, sei damit natürlich nicht
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
K
ennen Sie eigentlich den Nor-
menkontrollrat, kurz NKR
genannt? Diese Institution
hat die offizielle Aufgabe, die
Bundesregierung beim Bürokratieabbau
zu unterstützen und jedes Gesetz darauf
abzuklopfen, ob und welche Belastungen
für Bürger und Unternehmen damit vo-
raussichtlich verbunden sind. Geradezu
euphorisch berichtete der NKR in einer
bundesweit vertriebenen Zeitungsbei-
lage (siehe Abbildung) dann auch von
satten „800 Millionen Euro Einsparung“
in der Sozialversicherung. Auf unsere
Frage, auf welcher Grundlage diese Er-
folgsmeldung basiert, musste der NKR
nicht nur bezüglich des genauen Ge-
setzes, was die Einsparungen ausgelöst
Erfolgsbroschüre des NKR: Vorab-Schätzungen werden als Erfolgsmeldung verbreitet.
© NATIONALER NORMENKONTROLLRAT